Klimagipfel: Was Sie
darüber wissen sollten

150 Staats- und Regierungschefs in Paris: Das sind die unterschiedlichen Positionen

von Klimawandel © Bild: istockphoto.com

Ungeachtet eines Demonstrationsverbots sind indes tausende Klimaschützer vor Beginn des UNO-Klima-Gipfels in Paris auf die Straße gegangen. Die ursprünglich friedliche Protestaktion der Bürgerbewegung Avaaz wurde von einer Auseinandersetzung zwischen gewaltbereiten Vermummten und Polizisten überschattet. 317 Menschen sind vorläufig in Polizeigewahrsam genommen worden.

+++ Inhaltsverzeichnis +++

Hier finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Fakten zum UN-Klimagipfel:

1. Die unterschiedlichen Positionen

Die weltgrößten Klimasünder gehen mit unterschiedlichen Positionen in den Verhandlungspoker. Das sind die Positionen der Klimakonferenz-Teilnehmer:

CHINA
Der weltweit größte CO2-Emittent hat in seiner Klimapolitik eine Kehrtwende vollzogen. Galt die Volksrepublik bei der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen noch als großer Verweigerer, erwarten Beobachter nun, dass sich das Land in Paris für einen erfolgreichen Klimagipfel einsetzen wird. Staatspräsident Xi Jinping (ebenfalls bei der Konferenz anwesend) und Frankreichs Präsident Francois Hollande sagten Anfang November in einer Erklärung zu, sich für regelmäßige Kontrollen der in Paris vereinbarten Ziele stark zu machen. Demnach soll alle fünf Jahre eine komplette Überprüfung der erreichten Fortschritte erfolgen.

Peking hatte im Juni angekündigt, seine bisherigen Klimaziele für den Gipfel zu erhöhen. Der Ausstoß von Kohlendioxid soll demnach möglichst vor 2030 den Höhepunkt im Land erreichen. 20 Prozent des Energiebedarfs sollen bis dahin aus nicht fossilen Quellen gedeckt werden. Zudem sollen die Emissionen gemessen an der Wirtschaftsleistung bis 2030 um 60 bis 65 Prozent gegenüber 2005 reduziert werden. Durch drastisches Einsparen von Kohle hofft China, auch die Smogprobleme in den Großstädten zu lösen. Ende November erreichte die Feinstaubbelastung in China erneut gefährliche Spitzenwerte. In der Hauptstadt Peking kletterten die Werte für den besonders gesundheitsgefährdenden PM2,5-Feinstaub nach Angaben der US-Botschaft auf 560 Mikrogramm pro Kubikmeter.

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    China versinkt im Smog

    Ein Mann fährt mit seinem Rad durch die Stadt Fuyang.

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    China versinkt im Smog

    Ein Baby ist in einem liegengebliebenen Wagen zu sehen, nachdem der Highway zwischen Peking und Hebei aufgrund des Smogs gesperrt werden musste.

USA
An der Klimakonferenz nimmt auch US-Präsident Barack Obama teil. Er hat sich früh zum Klimagipfel in Paris bekannt und zeigt sich zuversichtlich. Die größte Volkswirtschaft der Welt hat angekündigt, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 17 Prozent im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Bis 2025 sollen sie um 26 bis 28 Prozent sinken und bis 2050 um 80 Prozent. Gegen teils erbitterten Widerstand der konservativen Republikaner hat Obama zuletzt Zeichen gesetzt. So verbot er den Weiterbau der umstrittenen Keystone-Pipeline, die Ölsand-Abbaugebiete in Kanada mit dem Golf von Mexiko verbinden sollte.

EUROPÄISCHE UNION
Die EU hat sich selbst im internationalen Vergleich ehrgeizige Ziele gesetzt. So soll sich etwa der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 vermindern. Zudem macht sich der Staatenverbund dafür stark, dass der CO2-Ausstoß bis zum Ende des Jahrhunderts auf Null sinkt. In Paris, so die Forderung, muss ein verbindliches Klimaschutzabkommen vereinbart werden. Zudem soll ein Mechanismus vereinbart werden, bei dem die Weltgemeinschaft ihre Klimaschutz-Anstrengungen alle fünf Jahre auf den Prüfstand stellt und falls nötig nachjustiert. Denn langfristig soll die Erderwärmung auf maximal zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden.

ENTWICKLUNGSLÄNDER
Diese heterogene Gruppe reicht von Bangladesch und anderen stark durch den Klimawandel gefährdeten Staaten bis Saudi Arabien. Viele der Länder haben zwar auch nationale Klimaschutzpläne vorgelegt, die Erfüllung der Ziele jedoch oftmals von finanzieller oder technischer Unterstützung durch die Industrienationen abhängig gemacht. Diese hatten unter bestimmten Bedingungen Klimahilfen zugesagt, die bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar erreichen sollen. Nun pochen die Entwicklungsländer auf konkrete Vereinbarungen dazu.

Die afrikanischen Länder wollen ein Ziel von maximal 1,5 Grad Erderwärmung im geplanten Weltklimaabkommen verankern. Dies sagte Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi am Montag beim Auftakt der Pariser UN-Klimakonferenz. Al-Sisi spricht bei der Konferenz für die afrikanischen Staaten. Er forderte zudem deutlich umfassendere Finanzzusagen der entwickelten Länder als bisher in Aussicht gestellt. "Es ist unabdingbar, dass die Vereinbarung eine Verpflichtung widerspiegelt, bis 2020 den Entwicklungsländern 100 Milliarden Dollar jährlich zur Verfügung zu stellen, was nach 2020 zu verdoppeln wäre", sagte al-Sisi. Bisher wurden lediglich 100 Milliarden US-Dollar jährlich ab 2020 für den Süden versprochen. Wie die Summe zusammenkommt, ist jedoch umstritten.

INDIEN
Das aufstrebende Schwellenland will bis 2030 etwa ein Drittel weniger Treibhausgase im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt ausstoßen als 2005. Das soll vor allem durch den massiven Ausbau der Solarenergie sowie eine Reduktion der Subventionen für fossile Brennstoffe und eine Kohle-Steuer gelingen. Indiens Formel lautet: 175 Gigawatt aus erneuerbaren Energien schon bis 2022, das ist viermal so viel wie heute. Doch Neu Delhi macht auch klar: Dafür braucht es richtig viel Geld und Technologietransfer. Weil die Industrieländer historisch gesehen den Klimawandel fast allein verantworten, sollten sie nun auch zahlen.

2. Wie realistisch sind die Klimaziele?

Eine Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) zur Klimakonferenz zeigt ein zwiespältiges Bild. "Grundsätzlich bekennen sich alle Vertragsstaaten zu einer aktiven Klimaschutzpolitik, die neue Architektur basiert aber auf dem Prinzip von freiwilligen Klimaschutzzusagen der Länder und ist völkerrechtlich nicht verbindlich", hieß es in einer Aussendung.

So werde auf der Klimakonferenz zwar jene Weichenstellung vollzogen werden, die sich anlässlich der gescheiterten Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 erstmals abzeichnete, schrieb das Wifo. Es sei jedoch ein eher zweifelhaftes Bekenntnis der Vertragsstaaten, die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf zwei Grad zu reduzieren: "Allerdings ist offen, welche Substanz und Verbindlichkeit ein solcher Vertrag enthalten wird", hieß es in der Analyse.

In Summe erscheint dem Wifo zumindest die Verabschiedung einer Klimavereinbarung in Paris als sehr wahrscheinlich. "In einem Worst-Case-Szenario könnte jedoch eine Minderheit von Entwicklungsländern ihre Veto-Macht ausspielen und einen Beschluss verhindern, etwa wenn in Schlüsselfragen keine Übereinstimmung erzielt wird, insbesondere in Hinblick auf die Bereitstellung von Finanzmitteln sowie zu Fragen des Technologietransfers", lauten jedoch auch dahin gehende Bedenken.

3. Umfrage: Das denken die Österreicher

Eine Mehrheit der Österreicher beurteilt die Erfolgschancen des UN-Klima-Gipfels skeptisch: 62 Prozent gingen in einer Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) nicht davon aus, dass die Ergebnisse der Konferenz dazu geeignet sind, den globalen Temperaturanstieg einzudämmen.

"Der Klimawandel stellt für den Großteil der Befragten eine akute Gefahr dar", analysierte ÖGfE-Generalsekretär Paul Schmidt die Ergebnisse der Umfrage mit etwas mehr als 500 Befragten: Rund zwei Drittel der Österreicher (64 Prozent) würden den Klimawandel "eher als akute Gefahr" betrachten, 27 Prozent "eher nicht", acht Prozent äußern sich zu dieser Frage nicht.

4. Welche Folgen der Klimawandel hat

Experten und Mediziner sind sich einig: Die Erderwärmung macht krank. Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte sie von 2030 bis 2050 fast einer Viertelmillion Menschen den Tod bringen: 38.000 älteren Menschen, die Hitze ausgesetzt sind; 48.000 Menschen durch Diarrhö-Epidemien; 60.000 durch Malaria und 95.000 Kindern durch Unterernährung.

Dabei sind die Gründe nicht immer direkt: Die Klimaerwärmung führt nicht unmittelbar zu einer Cholera-Epidemie, aber sie schafft Bedingungen, die zur Ausbreitung tödlicher Seuchen führen können. "Es ist schwierig, den exakten Anteil zu messen, der auf höhere Temperaturen zurückzuführen ist", sagt Robert Barouki vom französischen Institut Inserm.

Die Klimaforscher Österreichs fordern: "Es muss jetzt dringend gehandelt werden, die Zeit läuft uns davon", unterstrich Wolfgang Schöner, Obmann des Klimaforschungsnetzwerks Österreichs (CCCA). Der "Österreichischen Sachstandsbericht Klimawandel 2014" und die Studie "Die Kosten des Nichthandelns" zeigen den Forschern zufolge, dass Österreich längst vom Klimawandel betroffen ist. "Österreich hat sich in den letzten 100 Jahren mit rund zwei Grad doppelt so stark erwärmt wie der globale Durchschnitt; und die Folgen dieser Veränderungen sind heute schon in unserer Lebensrealität sichtbar und spürbar", schrieben die Klimaforscher in ihrem Appell. Symbolhaft dafür seien etwa die Gletscher Österreichs, die seit 1980 deutlich an Fläche und Volumen verloren haben.

Zum Start des UN-Klimagipfels in Paris hat die Europäische Umweltagentur (EEA) vor der hohen Luftverschmutzung in Europa gewarnt. Trotz politischer Anstrengungen sind die meisten Stadtbewohner demnach einer Luftverschmutzung ausgesetzt, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als unsicher einstuft, wie die EEA am Montag in Kopenhagen berichtete. "Luftverschmutzung ist das größte einzelne Gesundheitsrisiko in Europa", hieß es in dem Bericht. "Es verkürzt Menschenleben und trägt zu schweren Krankheiten wie Herzkrankheiten, Atemproblemen und Krebs bei." Luftverschmutzung sei 2012 für über 430.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich gewesen.

Auch der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber hat vor den katastrophalen Folgen der Erderwärmung gewarnt. "Der Klimawandel ist wie ein Asteroideneinschlag in Super-Zeitlupe. Und deshalb ist er eine riesige psychologische Herausforderung: Wir verdrängen ihn wegen seiner Langsamkeit."

Schellnhuber warnte gegenüber der Zeitung "Bild" unter anderem vor steigenden Flüchtlingszahlen: "Wenn wir weiter ungehemmt Kohle, Öl, Gas verfeuern und damit Treibhausgase ausstoßen, droht etwa die Entstehung unbewohnbarer Regionen mit 60 Grad und mehr. Wenn der Klimawandel ungebremst fortschreitet, und wir am Ende des Jahrhunderts eine Weltbevölkerung von elf Milliarden Menschen haben, dann wird es massive Fluchtbewegungen Richtung Europa geben."

5. Was sich ändern würde

Der UN-Klimarat hat mehrere Szenarien ausgearbeitet. Wenn es keine zusätzlichen Maßnahmen zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes gibt, wird die Durchschnittstemperatur um 3,7 bis 4,8 Grad steigen. Wenn der Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt bleiben soll, muss der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 zwischen 40 und 70 Prozent, verglichen mit dem Wert des Jahres 2010, reduziert und bis zum Jahr 2100 auf Null zurückgefahren werden. Um diese Vorgabe zu erreichen, müssten in den kommenden Jahren hunderte Milliarden Euro jährlich in den Umbau der Wirtschaft gesteckt werden. Dafür sollen die Teilnehmer der Pariser Klimakonferenz nun die Weichen stellen.

Ausgehend von Klimakonferenz-Plänen zur Reduktion von Treibhausgasen berechneten Forscher Zukunftsszenarien zur Klimaerwärmung. Selbst wenn sich die Länder über 2030 hinaus an ihre Pläne halten, bleibt demnach die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich die Temperatur bis 2100 um über zwei Grad erhöht.

In den Denkmodellen der Forscher namens "Paris-Continued" und "Paris-Increased" erfüllen die Länder ihre selbst gesetzten Ziele bis 2030 und verfolgen diesen Weg entweder in ähnlichem Ausmaß weiter oder bauen die Reduktionsmaßnahmen noch stärker aus. Immerhin eine Acht-Prozent-Chance, dass sich die Erwärmung auf ein Plus von unter zwei Grad beschränkt, errechneten die Wissenschafter für den "Paris-Continued"-Weg. Auch unter der optimistischsten Annahme ("Paris-Increased") bliebe die Erwärmung nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent unter dieser wichtigen Marke.

6. Die größten Klimasünder

Die Länder und ihr Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß:
1. China: 24 Prozent
2. USA: 15 Prozent
3. EU: 10 Prozent
4. Indien: 6 Prozent
5. Russland: 4,9 Prozent
6. Japan: 2,9 Prozent
7. Brasilien: 2 Prozent
8. Iran: 1,6 Prozent
9. Indonesien: 1,6 Prozent
10. Kanada: 1,5 Prozent

Kommentare

christian95 melden

Bei diesen Umweltproblemen bekommt eine Grün-Partei zwischen 10% und 12%? Da stimmt doch etwas nicht. Mit dieser Führung können sie weiterhin ihre 10% verwalten, sonst aber nichts.

christian95 melden

Was haben wir nicht schon alles überlebt?
Sauren Regen, Ozon, CO2, Feinstaub und nun der Klimawandel....

neusiedlersee melden

Die Zeit läuft uns davon." Das liest man da oben. Die läuft seit mehr als 40 Jahren davon. Konferenzen werden abgehalten. Dort wird warme Luft produziert wird. Die erhöhen die Erderwärmung weiter.
Es wird beschlossen, prognostiziert, doch es werden keine konkreten Entscheidungen getroffen, Und die Ziele, die man vorgibt erreichen zu wollen, werden nicht erreicht.
Da kann man halt nix machen.


christian95 melden

Klimaschutz heißt immer: Höhere Abzocke der Menschen!
Niemand hinterfragt welche Auswirkungen auf die Meeresströme die immer größeren Schiffe auf das Klima haben. Dabei ist das Meer der wichtigste Klimafaktor. (Die Verwirbelung hinter den Schiffen soll keine Auswirkung haben?)

christian95 melden

Deutschland ist kein Klimasünder!
Gut funktionierende Kohlekraftwerke werden geschliffen und im Norden im Meer Windkraftanlagen errichtet. Die Mehrkosten zahlt der Stromkunde. Braunkohle wird nun von Steuerzahler subventioniert und exportiert. Die Bank für Wiederaufbau fördert mit Mrd. Braunkohlekraftwerke in Griechenland, Polen Brasilien usw.

christian95 melden

Griechenland hat viel Sonne und Wind an den Küsten. Dafür gibt es aber keine (hohen) Förderungen....

christian95 melden

Auch bei den Autos zählt Klimaschutz. Damit auch weiterhin die Luxusautos verkauft werden können gibt es nun einen "Mix". Ein asiatischer Konzern hat 1.000e Elektroautos in Deutschland zugelassen. Alle von einem Händler mit Tageszulassung. Als Gebrauchtwagen wandern sie in den Export. Aber die Klimabilanz für den Konzern ist nun Vorbildlich......

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