Im Alleinsein liegt die Kraft

Neueste Untersuchungen zeigen, dass Menschen zur Erholung die Einsamkeit suchen

Die weltweit größte Online-Umfrage zum Thema Erholung weist überraschende Ergebnisse auf. Insgesamt 18.000 Teilnehmer aus 134 Ländern haben detaillierte Angaben über ihre Gewohnheiten und Empfindungen gemacht. Der sogenannte "Rest Test" wurde von Hubbub, einer Gruppe von Wissenschaftlern aus verschiedenen Bereichen entwickelt und erste Ergebnisse sind auf bbc.com veröffentlicht worden.

von
Körper und Geist - Im Alleinsein liegt die Kraft

Jeder Mensch lädt seine Batterien auf seine eigene Art und Weise wieder auf. Dabei ist der Zusammenhang zwischen körperlicher und geistiger Erholung oft sehr unterschiedlich. Während die einen sich nur dann richtig entspannen, wenn der Körper ruht, ist für die anderen Aktivität sehr wichtig. Doch auch wenn die Empfindungen in dieser Hinsicht weit auseinander gehen - eines scheinen alle Befragten gemeinsam zu haben: Am besten entspannen sie sich offenbar fern von anderen Mitmenschen.

Abkapselung ist der Schlüssel zur Erholung

Diesen Schluss ziehen die Experten aus der Bewertung der erholsamsten Aktivitäten. Zu den Favoriten zählen lesen, in der Natur zu sein, Zeit alleine zu verbringen und Musik zu hören. Auffällig ist, dass unter den Top 10 hauptsächlich solche Aktivitäten gewählt wurden, die man eher alleine unternimmt. Sich mit Familie und Freunden zu treffen kommt erst an zwölfter Stelle. Etwas trinken zu gehen oder zu plaudern wurde deutlich seltener ausgewählt.

Selbst bei extrovertierten Personen überwiegen in der Umfrage die Alleingänger-Aktivitäten. Das bedeutet nicht, dass soziale Kontakte nicht wichtig für das Wohlbefinden sind. Unter Leute zu kommen scheint nur nicht besonders zur Erholung beizutragen. Auch ist zu betonen, dass es einen großen Unterschied zwischen zwangsläufiger Einsamkeit und der Wahl zum alleine sein gibt.

Mit sich selbst beschäftigen

Doch warum suchen die Menschen so gezielt nach Isolation? Um diese Frage zu beantworten, arbeiten die Wissenschaftler an der Interpretation der Angaben zu der Frage, was während der Ruhepause in den Köpfen der Teilnehmer vorgeht. "Die Leute gaben an, dass sie sich hauptsächlich auf ihre eigenen Gefühle, daher auf ihren Körper und ihre Emotionen konzentrieren, wenn sie alleine sind", sagt Ben Alderson-Day, Psychologe und Mitentwickler der Umfrage gegenüber bbc.com.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass das Gehirn gerade beim "nichts tun" auf Hochtouren läuft. Das Gehirn hat in Ruhephasen mehr zu verarbeiten, als wenn es auf eine bestimmte Aufgabe konzentriert ist.

Die richtige Dosis

Im Zuge der Umfrage gaben die Teilnehmer an, wie viel Stunden Ruhepause sie die letzten 24 Stunden hatten und bewerteten ihr Wohlbefinden. Anhand der Grafik kann man einen Zusammenhang zwischen Erholung und Wohlbefinden erkennen. Die höchsten Werte erzielte eine Erholungszeit von 5-6 Stunden am Tag. Bei zu viel Erholung gehen die Werte allerdings wieder leicht zurück. Daraus schließen die Experten, dass zwangsweise zu viel Zeit zu haben, wie beispielsweise durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit, sich sogar negativ auf das Wohlbefinden auswirkt.

Laut Umfrage entspannen sich jüngere Menschen seltener als ältere. Auch ist ein positiver Zusammenhang zwischen hohen Einkommen und weniger Erholungszeit zu erkennen. Mitunter am meisten Zeit zum entspannen haben Pensionisten, Menschen mit geringerem Einkommen und Arbeitslose.

Interessanterweise haben Männer angegeben, eher weniger Zeit für Erholung als der Durchschnitt zu haben. Die Daten zeigen allerdings, dass Männer im Schnitt zehn Minuten mehr als Frauen am Tag rasten. Mehr als zwei Drittel aller Teilnehmer wünschen sich mehr Erholung.

Fakten zum "Rest Test":

  • Der Rest Test ist eine Zusammenarbeit von BBC Radio 4 und Hubbub
  • Hubbub ist eine internationale Gemeinschaft von Wissenschaftlern, Künstlern und Psychologen. Geleitet wird diese von der Durham University.
  • Die 18.000 Teilnehmer aus 134 Ländern haben aus Eigeninitiative an der Online-Umfrage teilgenommen.
  • Bisher gab es noch keine Vergleichbaren Untersuchungen zu dem Thema. Die größte Umfrage davor belief sich lediglich auf etwa 1.000 Teilnehmer.

Kommentare