Bela B über Socken, Facebook und Zeitverschwendung

Der Ärzte-Drummer gibt sich kritisch gegenüber Sozialen Medien und Handy-Konzert-Filmer

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NEWS.AT: Du wirst immer dargestellt oder hast dich auch selbst dargestellt, als der mystische, dunkle Bela, der Graf. Ist das noch immer so oder geht dir diese ganze Pose manchmal schon auf die Nerven?
Bela B: Das ist ein Teil von mir. Das spiele ich bei den Ärzten, wo durchaus weite Teile einer Bühnenshow mit sehr viel Quatsch verbunden sind. Ich habe mich relativ früh mit einer dunklen Seite in mir auseinander gesetzt und das optisch auch ein bisschen verherrlicht, was natürlich sehr gut zu dem Auftreten der Ärzten passt: Das blonde Grinsegesicht und ich, Schwarz-Weiß, Yin und Yang und so. Wobei viele Sachen, die von dem einen angenommen werden eher auf den anderen zutreffen. Die zwei Brüder sind sich da in manchen Punkten ähnlicher und in machen Punkten weiter auseinander als man denkt. Aber ich stehe dazu, ich hab da kein Problem. Ich liebe nach wie vor Horrorfilme aber ich lese jetzt auch nicht mehr Bücher über Magie oder so. Das ist doch eine Geschichte, die mich interessiert hat, als ich jünger war.

NEWS.AT: Apropos Selbstdarstellung: Du bist auch auf Facebook vertreten. Machst du das alles selbst?
Bela B: Zum Teil. Die Sockenbilder sind von mir.

NEWS.AT: Wann wird es eine erste Bela-Sockenkollektion geben?
Bela B: Das ist so schwierig. Wir versuchen, etwas zu machen, aber du musst, so wie ich mir das vom Motiv her vorstelle, zwei verschiedene Socken herstellen und du brauchst Monate Vorlaufzeit für Socken. Es wird etwas geben auf der Tour, aber wir sind lange noch nicht an einem Punkt, wo ich zufrieden bin. Vielleicht im Herbst mit einem richtig abgefahrenen Motiv.

NEWS.AT: Wie kam es zu diesen Socken-Postings?
Bela B: Das war Zufall. Ich habe Tour-Tagebuch geschrieben, um mit den Fans zu kommunizieren und ich habe wirklich eine Sammlung von exorbitant seltsamen Socken und finde das witzig, dass ich auf der Bühne stehe, so ganz der „Styler“ in Schwarz oder in Anzügen mit tollen Hemden und dann ziehe ich die Cowboystiefel aus und drunter habe ich blaue Leopardensocken an.
Aber prinzipiell stehe ich den sozialen Medien sehr skeptisch gegenüber. Man vertut viel zu viel Zeit im Internet, ich sehe das ja auch an den Reaktionen: Ich poste ein Bild von Socken und sofort teilen das 80.000, 90.000 Menschen, die nichts besseres zu tun haben, als sich über ein Foto von Socken zu unterhalten. Das ist ja auch ok, aber wenn das öfter passiert - und es sind immer 80.000 Leute - dann ist das schon hart an der Grenze zur, nein es ist, Zeitverschwendung. Auch Zeitverschwendung ist schon ok, man kann auch einfach mal Quatsch machen, aber…

Bela B - Bye
© Konstanze Habermann Bela B und seine Socken

NEWS.AT: Wie sehr bist du selbst gefährdet, auf Facebook und Co. deine Zeit zu verschwenden?
Bela B: Ich muss da schon aufpassen, jeder muss da aufpassen. Ich pass auf, dass ich mich nicht verliere, denn in nullkommanix sind zwei Stunden rum, die sinnlos verschwendet sind. Ich benutze das als Kommunikationsplattform für meine Fans, indem ich darüber berichte, was ich gerade mache und wenn mir nichts Besseres einfällt, dann poste ich eben ein Foto von den Socken. Denn die Socken, die ich anhabe in meinen Schuhen sind ja schon sehr privat und gleichzeitig verrate ich gar nichts Privates, das ist ein bisschen meine Idee dahinter.

NEWS.AT: Handys sind inzwischen dauerpräsent – auch bei Konzerten. Wie sehr nervt dich das als Künstler, wenn bei deinen Konzerten Fans ständig mit dem Handy filmen – und den Augenblick dadurch gar nicht mehr richtig genießen?
Bela B: Das ist eine schlimme Angewohnheit. Bei meinen letzten Touren solo hatte mir einen Traum erfüllt und eine Showtreppe und einen Kreis mit Papier, durch das ich durchgelaufen bin, arrangiert. Das haben die Leute alle filmen wollen. Da habe ich dann wirklich nur in Handys und Tablets geschaut. Das nervt mich, weil ich ins Publikum schaue und Leute mit diesem Viereck im Gesicht sehe, weil die Handys leuchten und dann sehe ich den Menschen, der auf sein Handy starrt, während ich meine Seele vor ihm ausbreite. Wovon er aber überhaupt nichts hat, denn diesen tollen Moment, den kann ich nur mit ihm teilen, wenn ich seine Aufmerksamkeit habe.
Es ist wirklich dumm. Du zahlst viel Geld für eine Eintrittskarte und die Leute proben lange und denken sich viel aus und du willst das eigentlich nur für die Ewigkeit konservieren in einem Telefon oder am nächsten Tag auf Youtube stellen, wo es sich dann 300 andere Leute ansehen, die nicht mal deine Freunde sind. Das macht keinen Sinn! Alle wichtigen Konzerte, alle wichtigen Begebenheiten in meinem Leben, die habe ich hier (deutet auf sein Herz) .

»Es ist mein Auftrag, die Menschen zur Selbstbestimmung aufzufordern.«

NEWS.AT: Hast du mal daran gedacht, es zu verbieten?
Bela B: Nein, wie gesagt, als Musiker ist mein Auftrag, die Menschen zur Selbstbestimmung aufzufordern. Ich versuche es zu unterbinden, indem ich Ansagen mache und sage, wenn du mich schon filmst, dann schaue wenigstens an deinem Handy vorbei. Für die Leute dahinter ist das furchtbar unangenehm. Und daher klappt das auch, weil die Leute sich ertappt fühlen.

NEWS.AT: Du hast seit 2006 drei Soloalben veröffentlicht, die Ärzte zwei Studioalben – ist Bela B solo noch das Nebenprojekt oder sind es schon die Ärzte?
Bela B: (lacht) … Ich sehe das gar nicht als Projekt. Ich habe dank den Ärzten eine Metamorphose zum selbstbestimmen Musiker gemacht. Ich habe mich sehr entwickelt, dank der Tatsache, dass ich mit jemandem wie Farin Urlaub Musik machen konnte, von ihm habe ich viel gelernt. Und wenn die Ärzte eine Platte machen, dann haben die danach mindestens drei Jahre damit zu tun. Es sieht so zwar nach wenig aus, aber heutzutage ist das bei jeder Band so, dass die Zeiträume zwischen den Alben immer länger werden.

NEWS.AT: Erst Punk, nun Country/Americana/Folk, welcher Musikstil kommt als nächstes?
Bela B: Ehrlich gesagt bleibe ich dabei jetzt erstmal, mir macht das gerade Spaß. Mit Peta Devlin habe ich ja einen Konterpart in der Band, von dem ich wahnsinnig viel lernen kann, was großen Spaß macht. Vielleicht mache ich mit ihr ja mal eine Akustik-Platte, denn ich habe total Lust drauf, gemeinsam Songs zu schreiben. Da ist jetzt gerade eine Tür aufgegangen, die mir sehr gut gefällt.

Zurück zum ersten Teil des Interviews: Bela B über seine neue Soloplatte "Bye", Country in Deutschland und Protest-Songs.

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