"Wir sind nicht hergekommen, um jemandem etwas wegzunehmen"

Ein geflohener Journalist berichtet wie es ist, wenn Stimmung gegen Flüchtlinge kippt

Wie ist es, wenn die Stimmung gegen Flüchtlinge kippt und man selbst einer ist? Wenn man gelernt hat, Österreich zu lieben, und nun glaubt, dass die FPÖ wegen einem gewinnt? Ein aus dem Irak geflohener Journalist berichtet.

von Integration - "Wir sind nicht hergekommen, um jemandem etwas wegzunehmen" © Bild: Copyright 2016 Matt Observe - all rights reserved.

An dem Tag, als der Krieg im Irak begann, spielte ich mit meinen Freunden auf der Straße Fußball. Es war das Jahr 2003, ein Nachmittag, und plötzlich hörte ich die Bomber fliegen. Ein mir unbekanntes Gefühl ergriff mich: Angst. Um mich, meine Familie, meine Freunde. Damals war die Rechnung einfach. Öl und Nuklearwaffen ist gleich Irak. Geld und chemische Waffen ist gleich Irak. Und wenn man die chemischen und die Nuklearwaffen streicht, weil es ja, wie wir später erfuhren, beides nicht gab, bleibt eines übrig: Öl und Geld ist gleich Irak.

Mein Name ist Mustafa Albarudi, ich bin 28 Jahre alt und ein Flüchtling aus dem Irak. 2012 schloss ich in Bagdad die Mittelschule in Computertechnik ab. Dann begann ich, als Journalist zu arbeiten. In einem Land, in dem unentwegt Bomben hochgingen, Menschen ermordet wurden, Entführungen bald alltäglich waren. Wenn du in der Früh aufwachtest, wusstest du nie, ob du bis zum Abend vielleicht einer Autobombe zum Opfer fallen, von einer der Milizen entführt oder von einem Selbstmordattentäter getötet würdest.

Der 8. September 2015 wurde zu meinem letzten Tag in diesem Irak. Nachdem mein Vater ein Jahr zuvor gestorben war, lebte ich mit meiner Mutter und kümmerte mich um sie. Doch der Druck wurde zu groß. Es gab Drohungen. Es ist bis heute gefährlich, darüber zu sprechen. Nur so viel: Wäre ich im Irak geblieben, würde ich jetzt wohl nicht mehr leben. Ich floh. Über die Türkei per Boot nach Griechenland, von dort über den Balkan und Ungarn bis nach Österreich. Dieses Österreich ist ein wunderbares Land mit großartigen Menschen. Wie sie mich empfingen, war überwältigend. Ich fühlte mich das erste Mal seit Langem wieder wie ein menschliches Wesen und werde den Österreichern ein Leben lang dafür dankbar sein.

Was denkt ihr über uns?

Ich war neugierig, was die Menschen in diesem Land über uns Flüchtlinge denken. Also begann ich, sie auf der Straße zu fragen. Eine Frau, 63 Jahre alt, sagte mir, dass es wohl gute und schlechte gebe. Wir kämen aus Kriegsgebieten, bräuchten einen sicheren Platz zum Leben und hätten es sicher nicht leicht. Ein Mädchen, 23 Jahre alt, sagte, dass sie sich am Anfang wünschte, alle Flüchtlinge würden zurückgehen, da sie Angst vor ihnen hatte. Nun aber habe sie verstanden, dass das nicht geht, da dort, wo sie herkommen, Krieg herrscht. Eine gute Freundin von mir, sie ist 28, sagte, dass sie die Flüchtlinge hasse wegen all der Meldungen von Vergewaltigungen und Diebstählen. Ein Mann, 40 Jahre alt, entgegnete, dass er kein Problem mit Flüchtlingen habe, solange sie die Sprache lernen würden und sich für die Kultur hier interessierten. Eine andere junge Frau, sie ist 25, sagte, dass wir doch alle Menschen sind und zusammen in Frieden leben sollten. Flüchtlinge verdienten eine Chance, sich hier in Österreich zu beweisen.

Danke, George W. Bush?

Mein Leben hat sich komplett verändert, seit ich hier in Wien bin. Und das hängt mit einem kleinen, aber wichtigen Wort zusammen. Es lautet Sicherheit. Die Zahl, die dafür steht, ist eine Million. So viele Menschen wurden im Irak von Kriegsbeginn im Jahr 2003 bis 2011 getötet. Danach hörte man auf, die Toten zu zählen. Ist mit dieser Zahl im Kopf vorstellbar, dass es ein normales Leben im Irak gibt? Soll ich mich bei Ex-US-Präsident George W. Bush bedanken, dass er die Freiheit in mein Land brachte? Der Preis dafür war das Öl. Okay, nehmt das Öl, aber lasst uns dafür in Frieden leben. Stell dir vor, jemand kommt in deine Heimat, zerstört sie und sagt dann: "Entschuldige, wir wussten nicht, welche Folgen das alles haben könnte." Wie würdest du reagieren? Ist es meine Schuld, dass ich dort geboren wurde? Dass die Wirtschaft wegen ihrer Sanktionen schon darniederlag, als ich ein kleiner Bub war, und dass sie am Ende kamen, um mein Land vollkommen zu zerstören?

Ich will das alles vergessen. Ich lebe nun in Wien und lerne Deutsch. Ich möchte als neuer Mensch hier wiedergeboren werden. Österreich ist ein großartiges Land. Daher entschuldige ich mich dafür, was andere Flüchtlinge hier machen. Viele dachten, Europa sei das Paradies, in dem jeder ein Schloss und ein schnelles Auto bekommt. Nun fühlen sich manche von ihnen betrogen. Dabei kamen die wenigsten aus wirtschaftlichen Gründen. Ein Haus zu haben, ein Auto, selbst ein iPhone, all das ist auch im Irak normal. Nur eines gibt es nicht: Sicherheit. Du rechnest jeden Tag damit, zu sterben, und bist überrascht, wenn du am Abend lebendig heimkommst.

Wir als Wahlmotiv

Manche glauben, die Religion sei das Problem. Sie sagen, nicht alle Muslime wären Terroristen, aber alle Terroristen Muslime. Wenn man darüber nachdenkt, ist das eine dumme Aussage. Das wird klar, wenn man ein anderes Beispiel nimmt. Denken wir etwa an Ebola, das Virus, das vor einiger Zeit in Afrika ausbrach. Damals geriet jeder Afrikaner, der reiste, unter Verdacht, es in sich zu tragen. Afrikaner wurden an Grenzen aufgehalten und an Flughäfen gestoppt. Alle - auch wenn nur eine winzige Zahl von Menschen tatsächlich mit Ebola infiziert war. Ähnlich ist es heute mit den Muslimen: Jeder wird verdächtigt, ein Terrorist zu sein. Das ist verrückt, denn die allermeisten lehnen jede Form von Gewalt ab. Ich bin einer von ihnen.

Als ich in Wien ankam, waren die Menschen so freundlich und gut zu uns. Es erschien mir unvorstellbar, dass sich das jemals ändern könnte. Doch das geschah mit der Präsidentschaftswahl. Ich dachte nicht, dass die FPÖ gewinnen würde. Und dann sah ich das Ergebnis: 49,9 Prozent.

Ich war geschockt. Fast hätten sie die Wahl für sich entschieden. Ich glaube nicht, dass die meisten Menschen so wählten, weil sie die FPÖ lieben. Wir, die Flüchtlinge, sind der Grund, warum sie so abstimmten. Diese Menschen haben Angst, dass sie ihre Jobs verlieren. Doch statt uns Flüchtlinge zu unterstützen, stellen sie sich gegen uns. Aber wir sind nicht hergekommen, um jemandem etwas wegzunehmen. Wir sind doch alle Menschen, die auf diesem Planeten gemeinsam leben. Wir sollten eine Chance bekommen, uns hier zu beweisen, zu arbeiten, um etwas aufzubauen und auch zurückzugeben. Wir kommen aus Gebieten, in denen Krieg herrscht, so wie es auch hier in diesem Land in der Vergangenheit einen Krieg gab.

Die FPÖ gewinnt die Wahl

Die Menschen, die glauben, die FPÖ würde sie retten, irren. Trotzdem, davon bin ich überzeugt, wird die FPÖ am Ende die Wahl gewinnen. Die Stimmung im Land ändert sich. Was bleibt, ist mein Dank an die Menschen in Österreich, die uns halfen, als wir hierherkamen. Ich bedanke mich bei den Organisationen, die uns Flüchtlinge unterstützten und dies weiterhin tun, um unser Leben besser zu machen. Mein letzter Satz ist an die anderen Flüchtlinge gerichtet: Das Leben ist kurz, nützt es.

Kommentare

MarcelBruckmann

"Wir sind nicht hergekommen, um jemandem etwas wegzunehmen". Es sollte wohl heißen: "Ich bin nicht hergekommen, um jemandem etwas wegzunehmen". Ich glaube kaum, dass dieser Herr hier für alle sprechen kann. Denn es steht im krassen Gegensatz zu einem kürzlichen Einbruch in der Nachbarortschaft, der definitiv von "Flüchtlingen" ausgeführt wurde. Einbruch=wegnehmen.

Tavington melden

die iraker armee ist gerade dabei mossul von dem isis zu befreien. was sucht ein junge, gesunde iraker da, ausser unsere sozialsystem zu ausnützen, uns zu kritisieren und gegen fpö zu hetzen? und wenn er schon zu feig um zu kämpfen, dann warum ist er nicht nach einem moslemland geflüchtet? in saud-arabien, jemen oder iran muss er keine panik von der böse fpö haben!!!

Ivoir
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Besser du schreiben in ungarische Zeitung.

immerwieder melden

und im übrigen: die die so "freundlich und so gut" zu ihm waren, wurden bezahlt! und zwar von diversen firmen! die meisten standen nicht freiwillig und ohne bezahlung dort, ich kann mich noch an die inserate erinnern..... lug und trug. wohl gibt es GENUG ehrliche und nette... aber ....

strizzi1949
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und im Übrigen: ich finde, dass es absolut primitiv ist, gegen alles Positive zu ätzen! Wenn du Gutes erfährst, ist es völlig wurscht, ob von freiwilliger oder bezahlter Seite! Und ohne Migranten wäre Wien eine unbedeutende Kleinstadt (siehe Telefonbuch).

immerwieder melden

geh bitte.....

es hat mit sicherheit keiner ein problem mit den jenigen die wirklich hilfe brauchen und wirklich aus kriegsgebieten flüchten. das denen geholfen werden sollte (im masse des möglichen!) ist selbstverständlich. es geht um die grosse masse die nur zum ausbeuten nach europa "flüchtet"! und der unterschied ist leider schwer zu erkennen.

immerwieder melden

was ist denn das für ein schuldiger artikel?? das könnte ja glatt aus der feder von der frau bock sein. seid ihr euch für SOWAS nicht zu schade? fassungslos les ich die tränendrüsenstory. obs wahr ist will ich gar nicht wissen, interessiert mich nicht.er soll sich bei DENEN bedanken, die nicht wissen, wie sie sich hier zu benehmen haben.

strizzi1949
strizzi1949 melden

Sie sollten einmal vor der eigenen Türe kehren! Wenn man von Ihnen auf alle Wiener schliessen würde, müste man meinen, was sind denn die Wiener für ein primitiver haufen! Soviel ich weiss, gibt es schon lange keine Sippenhaftung mehr! Also warum sollte er sich bei welchen bedanken, die die Bezeichnung "Flüchtling" nicht versienen?

Menschen wie dieser waren der Grund warum soviele Ehrenamtliche Stunden (wie am Westbahnhof) abgeleistet wurden. Das 'Refugee welcome' Slogan entstand da als Gegenstueck zur inzenierten Vorverurteilung all dieser. Die Boesen hatte keiner eingeladen (auch Wirtschaftsmigranten wurden da nicht bedacht), doch gibt es bei uns keine Sittenhaftung und jeder verdient wie wir eine individuelle Beurteilung.

Rigi999 melden

Die Flüchtlinge beuten den Staat aus ohne zu arbeiten und bringen endlose Kriminalität ins Land!!! Österreicher haben teilweise 40 Jahre gearbeitet und geschuftet und bekommen auch nicht mehr Pension als diese Dahergelaufenen, ohne dem Staat etwas positives zu bringen!!! Kinder produzieren, die unsere kommende Generation erhalten kann, aber die Wahrheit darf in Österreich nicht gesagt oder geschri

immerwieder melden

wobei ich m ir NICHT so sicher bin,dass diese kinder uns alle erhalten werden.

strizzi1949
strizzi1949 melden

Die Flüchtlinge beuten gar niemanden aus! Sie können ja nix dafür, dass ihnen z.B. die Wiener Stadtregierung das Geld hinten hineinschiebt! Die Flüchtlinge sind da das schwächste Glied in der Kette! Also nicht immer auf die Schwächsten losgehen! Die Stadtregierung ist Schuld an der Geldverteilung an diese Menschen! Geht einmal auf die los!

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