"Ich habe inhaliert"

"Ich habe inhaliert"

FORMAT: Herr Prock, nach Ihrer Rücktrittsankündigung sprachen alle Zeitungen unisono vom Abgang des „Flinserls“ – ein Schmuckstück als Fazit einer achtjährigen Politikerkarriere, ist das nicht ein bißchen wenig?
PROCK: Das ist sehr wenig. Das Flinserl ist ein Symbol dafür, daß ich eine Person in der Politik gewesen bin, die nicht so ganz stromlinienförmig war, sondern überraschend und ungewohnt. Das Flinserl war das Überraschende beim Einstieg, und beim Ausstieg kommt es jetzt halt wieder daher.

FORMAT: Sie sprechen von sich bereits in der Vergangenheit. Haben Sie mit der Politik schon abgeschlossen?
PROCK: Eine Ära, die des Tiroler Parteichefs Prock, ist jetzt definitiv zu Ende. Das ist kein Abschied mit Bitterkeit, sondern ich bin froh, daß das Ganze jetzt vorbei ist. Ich würde aber auch nie sagen: Nie wieder Politik. Bei allen Schwierigkeiten war es ein faszinierender Beruf. Wenn mich jemand brauchen und ich wo hineinpassen kann, würde ich es noch einmal versuchen.

FORMAT: Vor zwei Jahren galten Sie noch als größte Nachwuchshoffnung der Bundespartei, heute stehen Sie vor dem Ende einer Provinzpolitikerkarriere. Eine beachtliche Fallhöhe.
PROCK: Ja, das war mit Sicherheit ein Bruch. Es stimmt, daß Viktor Klima und ich schon seinerzeit darüber gesprochen haben, ob ich als Kulturstaatssekretär nach Wien gehen soll. Ich habe damals abgesagt, weil wir hier in Tirol vor Landtagswahlen gestanden sind. Nach der Nationalratswahl 1999 waren wir uns auch schon handelseins. Ich wäre als Bundesgeschäftsführer nach Wien gegangen. Ich hatte sogar schon eine Wohnung in Wien gefunden, eine recht schöne übrigens. Das ist dann alles zerplatzt, und alles hat sich anders entwickelt. Geblieben ist eine sehr starke Beziehung zu Viktor Klima.

FORMAT: Eine Lebensfreundschaft?
PROCK: Ja, er ist mein Trauzeuge, wir telefonieren ständig und hauen uns ab, daß alle Seitenblickezeitungen hinter ihm herjagen.

FORMAT: Ihre Berufung nach Wien soll auch deshalb gescheitert sein, weil bei Innenminister Karl Schlögl ein Akt gelegen sein soll, der Sie in Zusammenhang mit Drogenkonsum gebracht hat.
PROCK: Das höre ich zum erstenmal. Ich war bei Hausbesetzungen und Demonstrationen dabei, darüber gibt es Aufzeichnungen. Aber an kriminelle Delikte bin ich nicht einmal angestreift.

FORMAT: Sie sind 1998 für die Freigabe von weichen Drogen eingetreten.
PROCK: Ich bin nach wie vor hundertprozentig überzeugt, daß das richtig ist.

FORMAT: Sprechen Sie aus eigener Erfahrung?
PROCK: In jungen Jahren verkehrte ich in solchen Kreisen. Anders als bei Bill Clinton gehörte beim Rauchen das Inhalieren immer dazu.

FORMAT: Sie sind der letzte Vertreter der Ära Klima, der nun abgeht. Der Ex-Kanzler ist in Argentinien, Ex-Innenminister Schlögl zurück in Purkersdorf, Spin doctor Andreas Rudas bei Frank Stronach. Woran ist diese Generation gescheitert?
PROCK: Die politische Halbwertszeit ist allgemein im Sinken begriffen. Wir waren in der Ära Vranitzky in der Darstellung und im Stil moderner als manche europäischen Schwesternparteien, der Turnaround zum Blair-Schröder-Kurs ist uns aber mißglückt. Das Image der modernen, jungen, aufgeschlossenen Partei haben wir nicht erreicht.

FORMAT: Dabei gab es hochbezahlte Werbeprofis, die sich nur um die Imagepflege gekümmert haben.
PROCK: Es war absolut wichtig, auf Marketing Wert zu legen. Es ist in der heutigen Mediengesellschaft schlicht und einfach unmöglich, sich gegen diesen Trend zu stellen. Aber viele Sachen sind dabei auf der Strecke geblieben. Statt inhaltlicher Positionierungen war die schnelle Schlagzeile, statt differenzierter Auseinandersetzung die Homestory wichtig.