"Hotspot" Westbahnhof:
Integrationsmängel als Ursache

Exekutive sieht sich als Symptombekämpfer

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Die Exekutive habe es bei dieser sozialen Symptombekämpfung vor allem mit aus Afghanistan stammenden Jugendlichen zu tun. Geantwortet wurde mit einem verstärkten Kontrolldruck, der Wirkung zeige. "Natürlich gibt es Konflikte, aber die gibt es zumeist innerhalb dieser Gruppen. Wir haben nicht beobachtet, dass Passanten oder Geschäftsleute involviert sind", erläuterte Sandra Diwoky, Leiterin der Einrichtung "SAM flexibel" der Suchthilfe Wien. Zu ihren Klienten zählen auch Menschen ohne Wohnung, die nicht die ganze Zeit in Tagesaufenthaltsstätten verbringen wollen. Grundsätzlich habe die Inbetriebnahme des Hauptbahnhofs im Ende 2014 die Situation hier entspannt.

Der Wien-Chef der Bewährungshilfe Neustart, Nikolaus Tsekas, sieht beim Westbahnhof folgende Problemstellung: "Wir müssen überlegen, welchen öffentlichen Raum wir diesen jungen Leuten zur Verfügung stellen können." Dieser müsse frei von Konsumpflicht sein, denn viel Geld hätten diese Menschen nicht, dafür viel Zeit. Ein freier Zugang zu Kultureinrichtungen wäre eine Möglichkeit, diese sinnvoll zu nutzen. "Musik-Workshops oder Videoschnitt, in einem Jugendzentrum angeboten, würde eine relative große Gruppe ansprechen. So arbeite die offene Jugendarbeit schon längst."

Auch das bereits angesprochene Problem der Integration ist für Tsekas virulent. Es handle sich um eine Gruppe von Jugendlichen, die hier per se keine Perspektive haben, weil sie keinen Asylstatus bekommen, weil das Verfahren ewig dauert, weil sie letztendlich auch nicht rückgeführt werden können. "Sie leben in einem relativ luftleerem Raum, bekommen das Signal 'Du hast hier nichts verloren, aber ich habe auch keine andere Idee, außer, dass du bleiben kannst'", sagte der Experte. Diese Vorgabe sei unerfüllbar. Diese Gruppe hätte weder die Möglichkeit, die Zeit sinnvoll zu verbringen, noch die ausreichenden Mittel, um hier leben zu können. "Was ist die Erwartung? Dass sie sich still in die Ecke setzen und dahinsiechen?", lautete die rhetorische Frage des Neustart-Leiters.

Stattdessen war zuletzt für einige Menschen aus dieser Gruppe der Bahnhof der Ort Zusammentreffens. Der Polizeisprecher betonte, dass am Westbahnhof die Kriminalität dabei nie hervorgestochen sei. Objektive Zahlen belegen dies, denn von Mitte Dezember bis Dienstag dieser Woche gab es zwar 37 Festnahmen, doch diese wurden wegen Verwaltungsübertretungen durchgeführt. Hinzu kamen 135 Anzeigen sowie 62 Wegweisungen und 2.500 Identitätsfeststellungen.

Die besagten Festnahmen erfolgen wegen Lärmererregung, aggressiven Verhaltens und anderen Ordnungsstörungen. Laut Eidenberger handelte es sich dabei meist um Jugendliche afghanischer Herkunft. Auch nach Einschätzung der Polizei haben diese keine Perspektive, würden sich langweilen und das führe in Summe - oft in Kombination mit Alkohol - zu einem Dominoeffekt. Fahrgäste waren nie involviert, die Konflikte entstanden innerhalb der Gruppen. Doch alleine die Anwesenheit der Jugendlichen würde für Unsicherheit sorgen, meinte Eidenberger.

Dieser subjektiven Empfindung mit objektiven Fakten zu begegnen, ist unter anderem Aufgabe der Sozialarbeit am Westbahnhof. "Uns ist es wichtig, auch mit Menschen, die sich verunsichert fühlen, ins Gespräch zu kommen. Es ist ebenso unsere Aufgabe, Informationen weiterzugeben, dass hier kein Gefährdungspotenzial besteht, sondern diese menschliche Begegnung subjektiv unangenehm sein kann", sagte Andrea Jäger, Leiterin der Abteilung "Öffentlicher Raum und Sicherheit" bei der Sucht- und Drogenkoordination in Wien.

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