"Kaffeetscherl, bitte"

Susanne Zobl über "Hotel Europa oder Der Antichrist" im Akademietheater

von
Akademietheater - "Kaffeetscherl, bitte"

Der Titel "Hotel Europa oder Der Antichrist" sollte wahrscheinlich Programm sein: "Hotel Europa" bezieht sich auf Joseph Roths Roman "Hotel Savoy" aus dem Jahr 1924. Zehn Jahre später verfasste Roth den philosophisch-politischen Essay "Der Antichrist". Die beiden Texte bilden die Grundlage für ein Theaterprojekt von Antù Romero Antunes und Florian Hirsch. Dazu vermengen sie ein paar andere Texte Roths und lassen von zwei Schauspielerinnen (Katharina Lorenz, Aenne Schwarz) und zwei Schauspielern (Michael Klammer, Fabian Krüger) Szenen aus Roths Erzählung "Stationschef Fallermayer" nachspielen.

Wie eine Probe

Das ist aber die einzige Handlung, die an diesem Abend gezeigt wird. Aber wahrscheinlich wollen Antunes und Hirsch auch keine Geschichten erzählen, eher Stimmungen erfassen und zwar jene aus Roths Roman, also jene nach dem Ersten Weltkrieg, und diese auf die gegenwärtige Stimmung in Europa umlegen, eine Intention die eher wie eine Maturaarbeit anmutet. Gut, dass es keine war.

Zwei Stunden geht um viel, tatsächlich aber um nichts. Vier Hotelpagen in lila glänzenden Kostümen mit aufgeklebten Backenbärten Marke "Kaiser Franz Joseph" erzählen irgendetwas von Heimat und von Kaffeetrinken. Dabei versucht man sich an die landesüblichen Sitten anzupassen, es heißt "Kaffeetscherl trinken". Und das wird zum Projekt erhoben. Zwischen den Szenen wird in unregelmäßigen Abständen "Kaffeetscherl" getrunken. Guglhupf gibt es auch einmal dazu. Man hat sich also angepasst.

In einer Art Wienerisch, das klingt als würde ein Schwabe versuchen Kärntnerisch zu sprechen, kauderwelscht das Ensemble neunzig Minuten lang irgendetwas. Worüber, kann man in langatmigen Passagen erahnen, denn man versteht die Schauspieler meistens nicht.

Nach gefühlten drei Stunden, dabei dauert die Inszenierung nur zwei, tritt ein Mann im Morgenmantel auf, bestellt ein Flip-Chart und erklärt, was passiert, wenn man soundso viele Millionen Flüchtlinge nach Europa lässt. Am Ende kommen auch noch zwei Clowns. Einer der beiden bekommt am Ende eine lange Sterbeszene.

All das wirkt wie Ausschnitte aus einem Probenprozess, dabei wird Joseph Roth zitiert und ausführlich Slapstick geübt.
Bei Roth brennt am Ende seines Romans das Hotel ab. Eine Revolution hat sich in der Stadt erhoben und eine Brandbombe das Hotel angezündet. Bei Nunes und Hirsch passiert nichts, wahrscheinlich weil es auch um nichts geht, außer um ein "Kaffeetscherl, bitte". Das aber bitte mit Inhalt.

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