Horror-Szene in St. Moritz: Trotz Beinahe-Tragödie gibt es keine Sicherheitsdiskussion

OK entschuldigt sich schriftlich bei Michi Dorfmeister <b>BILDER:</b> Arbeiter quert Piste, als Dorfi vorbei rast

Trotz der Beinahe-Tragödie am Sonntag in St. Moritz bleibt eine tiefer gehende Sicherheitsdiskussion im alpinen Ski-Weltcup aus. Der knapp vermiedene Zusammenprall von Michaela Dorfmeister mit einem Pistenarbeiter beruhte auf einem missverstandenem Funkspruch. Das Organisationskomitee hat sich deshalb mehrmals entschuldigt und wird dies auch in schriftlicher Form gegenüber Dorfmeister tun.

Die mit Nummer 30 fahrende Niederösterreicherin war am Sonntag in der Kombi-Abfahrt mit fast 100 km/h über eine Kuppe gekommen, als ein Pistenarbeiter mit einer Ersatz-Torstange mitten auf der Ideallinie stand. Nur um Zentimeter konnte die Niederösterreicherin einen wahrscheinlich fatalen Hochgeschwindigkeits-Zusammenstoß verhindern. Über Funk war zuvor eine TV-Pause nach der Startnummer 30 angekündigt gewesen, den der 65-jährige Mann, es handelte sich um einen seit 30 Jahren tätigen Abschnittsleiter, missverstanden hatte. Er wurde deshalb suspendiert.

"Ein Missverständnis, das nie hundertprozentig auszuschießen ist", sagte ÖSV-Damenchef Herbert Mandl, der am Montag nochmals mit FIS-Rennleiter Jan Tischhauser telefoniert hatte. Schon diese Woche stehen in Cortina d'Ampezzo weitere Speed-Rennen auf dem Programm. In Cortina hatte es schon ähnliche Angst-Szenen gegeben, als einmal Renate Götschl in ein am Pistenrand abgestelltes Paar Trainer-Ski gerast war. Kein Vergleich natürlich zu den Unfällen von Tatjana Lebedewa 1996 bei der WM in der Sierra Nevada oder gar dem Todescrash der Französin Regine Cavagnoud 2001 beim Training im Pitztal.

"Das wird man nie ganz in den Griff bekommen"
"Auch wenn man versucht, die Sicherheit immer mehr zu perfektionieren - je mehr Leute, Funk und Routine im Spiel sind, desto größer ist die Gefahr, dass genau so etwas passiert. Das wird man nie ganz in den Griff bekommen", sagte Tischhauser und Mandl schlug in eine ähnliche Kerbe. "Ein individueller Kurzschluss. Dinge, die wie beim Autofahren nie ganz auszuschließen sein werden", meinte der ÖSV-Coach. "Man hat sich tausend Mal entschuldigt, zu verhindern wird so etwas nie ganz sein."

Mandl nahm auch den neuen FIS-Renndirektor Atle Skaardal (Nachfolger von Kurt Hoch) in Schutz. "Auch er und Jan müssen sich auf das Personal verlassen können. Sie können nicht jeden an die Leine nehmen." Bezüglich seiner derzeit höchst erfolgreichen Rennläuferin hofft der Niederösterreicher, "dass Michi das jetzt nicht psychisch nachhängt und sie nicht unbewusst in den kommenden Rennen darauf wartet, dass wieder wer in der Piste steht".

Aber selbst Dorfmeister zeigte Verständnis. "Wenn Menschen am Werk sind, passieren eben auch Fehler. Selbst als Betroffene darf ich das Ganze jetzt auch nicht zu dramatisch sehen, denn sonst brauche ich nie wieder an einem Rennen teilnehmen. Ich sage Danke, dass ich gesund bin, denn so etwas kann ganz blöd ausgehen."

Die Weltcup-Führende Janica Kostelic hatte ihre eigene Einstellung zum Geschehen in St. Moritz. Schon am Samstag hatte es in der Spezialabfahrt ähnlich kritische Szenen gegeben. "Natürlich darf das nicht passieren. Ich bin während des Trainings schon zwei Mal mit Leuten zusammengestoßen", sagte die Kroatin und fügte lächelnd hinzu: "Ich blieb unverletzt."

(apa)