Das Datum spielt in der Geschichte schon deshalb eine wichtige Rolle, weil es der 30. Geburtstag der Hauptfigur ist. Frank Lehmann läuft am Abend des 9. November etwas orientierungslos durch die Stadt und wundert sich, wo die vielen Trabis hin wollen und was er nun tun soll. "Ich gehe erst einmal los, dachte er. Der Rest wird sich schon irgendwie ergeben", lautet der geniale letzte Satz, der sich auf Herrn Lehmann genauso beziehen kann wie auf die beiden deutschen Staaten.
Anderer Stil, ähnliche Story
Tim Dinter, Comic-Künstler aus Berlin und fast genau zehn Jahre jünger als Regener, erzählt die Geschichte auf seine Art. Der Text lehnt sich eng an das Original an, von der legendären Anfangsszene, in der Herr Lehmann auf dem nächtlichen Nachhauseweg einem gewaltbereiten Hund begegnet, bis hin zum erwähnten Schlusssatz. Aber natürlich ist der Stil ein anderer, schon weil die Figuren in Sprechblasen kommunizieren.
Bilder-Vergleich nicht geraten
Hinzu kommt, dass viele, die Herrn Lehmann mögen, auch Leander Haußmanns Film mit Christian Ulmen in der Hauptrolle gesehen haben und sich nun davon freimachen müssen, Dinters Bilder mit denen aus dem Film zu vergleichen. Und diejenigen, die Haußmanns Film nicht kennen, haben das Problem mit dem Film im eigenen Kopf, der bei ihnen während des Lesens abgelaufen ist und in dem Karl, Erwin, Kristall-Rainer und die schöne Köchin vielleicht ganz anders aussehen als in der Graphic Novel.
Dabei legt Tim Dinter gar keinen Wert auf fotorealistische Details, sondern viel auf Reduktion und engt den Betrachter so möglichst wenig ein. Weil sich manches in der Comicversion kurz und knapp und manchmal auch nur mit "Knack!" und "Aaaaaah!" erzählen lässt, ist die Graphic-Novel-Variante sogar die temporeichere im Vergleich zum Roman. Man muss sie ja nicht gleich besser finden, aber man kann mit ihr genauso viel Spaß haben.
Info:
Sven Regener: "Herr Lehmann"
Gezeichnet von Tim Dinter, Eichborn
232 S., 20,40 Euro