Heinrich Harrer ist tot: Bergsteiger-Legende
im Alter von 93 Jahren in Kärnten gestorben!

Durchkletterte als Erster berüchtigte Eiger-Nordwand<br>Messner: "Hatte Wertekatalog, den ich nicht teile" Mit Dalai Lama verband Harrer tiefe Freundschaft: Buch "Sieben Jahre in Tibet" wurde zu Kino-Schlager

Heinrich Harrer ist tot: Bergsteiger-Legende
im Alter von 93 Jahren in Kärnten gestorben!

Harrer war vor allem durch seine legendäre Erstbesteigung der Eiger Nordwand im Jahre 1938, seine abenteuerliche Flucht aus britischer Gefangenschaft nach Tibet im 2. Weltkrieg sowie durch seine darauf folgende und bis zuletzt andauernde Freundschaft mit dem Dalai Lama bekannt geworden. Zu internationalem Ruhm gelangte er, nachdem sein Roman "Sieben Jahre in Tibet" von dem französischen Regisseur Jean-Jacques Annaud aufwendig verfilmt worden war. Heinrich Harrer wurde in dem Streifen von Brad Pitt gespielt.

Der Verstorbene hatte in seinem langen und bewegten Leben unzählige Auszeichnungen erhalten. So war er Mitglied der Kurie der Wissenschaften in Österreich, Träger der Goldenen Humboldt-Medaille und vieler Ehrenzeichen der Republik Österreich, der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Kärnten sowie des "Light of Truth Award" der Exilregierung Tibets in Indien.

Seine Vergangenheit während des Dritten Reiches wurde Ende der neunziger Jahre ein Thema. Nach Medienberichten musste er eingestehen, dass er Mitglied der NSDAP und der SS gewesen war.

Messner: "Hatte Wertekatalog, den ich nicht teile"
Der Extrembergsteiger und Abenteurer Reinhold Messner hat an Heinrich Harrer vor allem dessen Ausdauer und Entscheidungsfreude bewundert. Der Berliner Zeitung "Tagesspiegel" (Montag) sagte Messner, er habe einen Sinn für die wirklichen Abenteuer gehabt. Messner, der Harrer mehrmals traf, betonte aber auch, dass der Forscher "bis zum Schluss einen Wertekatalog hatte, den ich nicht teile".

Harrer habe "nicht hinterfragt, welche Werte von den Nazis in den 30er Jahren hochgehalten wurden". Er selbst lasse sich sein Menschenbild nicht von einem System diktieren. "Ich will bei meinen Expeditionen in den Himalaya oder die Wüste Gobi heraushören, wie wir Menschen sind, nicht wie das System uns sieht."

Harrer überlebte Heckmair um elf Monate
Mit Harrer ist der Letzte der vier Bergsteiger gestorben, die 1938 als Erste die Eiger-Nordwand in der Schweiz bezwangen. Ludwig Vörg war schon 1941 in Russland gefallen, Fritz Kasparek verunglückte 1954 in den südamerikanischen Alpen und Andreas Heckmair war im Februar vergangenen Jahres im Alter von 98 Jahren gestorben.

Die vier Alpinisten hatten die berüchtigte Nordwand oberhalb von Grindelwald vom 21. bis 24. Juli 1938 durchstiegen. Ursprünglich wollten die beiden Deutschen Heckmair und Vörg sowie die Österreicher Harrer und Kasparek den Eiger getrennt angehen. In der Wand schlossen sie sich dann aber zusammen. Bevor den vier Männern der Durchstieg glückte, hatte der Berg acht Todesopfer gefordert.

Einrichtung des Tibet-Zentrums durfte Harrer nicht mehr erleben
Einen weiteren Meilenstein in seiner Heimatgemeinde Hüttenberg wird der jetzt verstorbene Heinrich Harrer nicht mehr erleben dürfen: Die Errichtung eines europäische Tibet-Zentrums. Der Spatenstich für das 65-Millionen-Euro-Projekt ist für kommenden Mai vorgesehen. Der Dalai Lama hat das Zentrum ausdrücklich gutgeheißen.

Der 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso, hatte sich bereits zwei Mal in Hüttenberg aufgehalten:1992 zum 80. und 2002 zum 90. Geburtstag Harrers. Dieser hatte in seiner Heimatgemeinde schon vor Jahren ein Tibet-Museum und diesem gegenüber einen tibetischen Pilgerpfad Lingkor errichten lassen.

Schüssel: "Alpinismus verliert große Persönlichkeit"
"Mit Heinrich Harrer verliert der Alpinismus eine große und prägende Persönlichkeit", so Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zum Ableben Heinrich Harrers. Er habe der weltweiten Gemeinde der Bergfreunde großartige Mutproben und Erstbesteigungen beschert.

Seine abenteuerliche und eindrucksvolle Freundschaft mit dem Dalai- Lama, habe Harrer zu einem millionenfach gelesenen Buchautor und zu einem Philosophen der Bergerfahrung gemacht. "Heinrich Harrer, dessen Leben mich fasziniert hat, verdanke ich schöne und interessante Gespräche. Mein Mitgefühl gilt seinen Hinterbliebenen", so Schüssel abschließend.

Haider: "Botschafter des Friedens"
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (B) würdigte Harrer als einen "in aller Welt bekannten und geschätzten Botschafter des Friedens und des Miteinanders zwischen den Religionen". Mit Harrer würden Kärnten und Österreich eine große Persönlichkeit verlieren, welche mit ihrer Weisheit, Güte, Weltoffenheit und Toleranz Vorbild für viele gewesen sei.

Der Landeshauptmann betonte, dass sich Harrer auch immer besonders für sein Heimatland Kärnten eingesetzt habe. So sei ihm etwa das geplante Tibet-Zentrum in Hüttenberg ein persönliches Anliegen gewesen, für dessen Realisierung er einen wichtigen Beitrag geleistet habe.

(apa/red)