Top oder Flop? Harry Potter
und das verwunschene Kind

Jetzt zaubert die neue Generation: Wie gut ist der achte Band wirklich?

Harry Potter verzauberte einst Millionen Leser, nun sollen es ihm seine Kinder nachtun. Fast zehn Jahre nach dem Ende der Zauber-Saga („Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, 2007) erscheint nun die neue Geschichte rund um die neue Generation: „Harry Potter und das verwunschene Kind“ gibt es ab morgen in deutscher Sprache zu lesen. Und das ist für alle Fans des nun erwachsenen Zauberlehrlings sehr empfehlenswert.

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Deutsche Ausgabe - Top oder Flop? Harry Potter
und das verwunschene Kind

Bereits im Sommer erschien die heiß ersehnte Fortsetzungsgeschichte von Harry Potter im englischen Original, gemeinsam mit der Aufführung im Theater. „Harry Potter und das verwunschene Kind“ ist ein Schauspiel – und auch das Buch dazu in Skript-Form geschrieben. Dies mag vielleicht im Vorfeld etwas abschrecken, doch es stört den Lesefluss keineswegs. Schnell findet man als Leser in die Geschichte hinein, vermutlich sogar flotter als bei einem Roman. Dennoch ist für einen späteren, noch nicht genannten Zeitpunkt, eine erweiterte Ausgabe angekündigt.

Bei der Entwicklung der neuen Geschichte ließ sich Potter-Erfinderin J.K. Rowling von Theaterregisseur John Tiffany und dem Dramatiker Jack Thorne unterstützen. Und gemeinsam haben die drei einen den Harry-Potter-Romanen beinahe ebenbürtigen Plot geschaffen. Nur fast ebenbürtig aus dem einzigen Grund, da „Das verwunschene Kind“ einfach nicht ganz die Tiefe erreicht, die ein voller Roman ergründen kann.

Das neue Stück beginnt inhaltlich dort, wo der letzte Harry-Potter-Band endet: Am Gleis Neundreiviertel der St Pancras-Station in London. Dort verabschieden der inzwischen 19 Jahre ältere, erwachsene, Harry Potter mit seiner Ehefrau Ginny (vormals Weasley) sowie Hermine und Ron (miteinander verheiratet) ihre Kinder vor deren Abfahrt in die Zauberschule Hogwarts.

Soweit, so gut und alles wie immer, doch schon als der Zug los fährt, fängt offensichtlich ein neues Kapitel im Potterversum an: Harrys jüngster Sohn, Albus Severus Potter, entscheidet sich bei der Sitzplatzwahl gegen Cousine Rose Granger-Weasley und für Scorpius Malfoy, Sohn des einstigen Widersachers seines Vaters. Und freundet sich zugleich mit diesem an. Gemeinsam kommen die beiden sonst Freunde-losen Außenseiter (!) in den Besitz einer Zeitmaschine und richten damit naturgemäß Unheil an. Sogar einige totgeglaubte Charaktere kommen so wieder zum Zug – allen voran Überbösewicht Lord Voldemort.

Die Geschichte, die das Dreier-Autoren-Gespann hier fiktiv 19 Jahre später weiter spinnt, entwickelt vom ersten Moment an einen Sog, der es tatsächlich schafft, auch bis zur letzten Seite nicht los zu lassen. Die Magie ist also auch fast zehn Jahre danach noch dieselbe. Während viele Neuauflagen oder Weiterführungen Jahre später oft scheiten, weil sie eben nur ein schlechter Abklatsch des alten Erfolges sind oder schlichtweg zu konfus und weit weg vom Original, hat der Plot von „Das verwunschene Kind“ auf jeden Fall seine Berechtigung, eine Fortsetzung einer der wohl berühmtesten sowie meistverkauften Literaturserien aller Zeiten zu sein.

Allen voran die beiden Hauptprotagonisten Albus Severus Potter und Scorpius Malfoy sind gut gelungen. Die beiden als Einzelgänger und Außenseiter darzustellen, sowie erstgenannten als absoluten Hogwarts-Hasser, der mit dem Promi-Status seines berühmten Vaters nicht zurecht kommt, ein sehr geschickter Schachzug. Ebenso wie die beiden zu besten Freunden zu machen.

Wer nach kleinen Schönheitsfehlern sucht, könnte die vielleicht etwas zu klischeehaften Namen der neuen Generation (James Potter, Lilly Potter, Albus Severus Potter) ankreiden oder einige wenige Slapstick-Szenen, zumeist rund um Ron Weasley.

Die einzig wirkliche Schwachstelle des neuen Harry-Potter-Romans ist jedoch jene, kein wirklicher Roman zu sein: Für die Aufführung auf der Theaterbühne mag es mehr als ausreichend sein, der Leser, der sich gerne in umfangreiche Potter-Romane mit all seinen kleine, netten Detail-Beschreibungen vertieft, wird aber ein wenig traurig sein, dass die Geschichte durch das Fehlen dieser nach so langer Wartezeit allzu schnell auch schon wieder zu Ende ist.

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