Der Mann, der Beatrix war -
Hape Kerkeling feiert 50. Geburtstag

Komiker wird halbes Jahrhundert - Johannes B. Kerner als Geburtstagszwilling

Er habe "den Soundtrack zur Bundesrepublik Deutschland geschrieben", sagte Hape Kerkeling zum 80er von Udo Jürgens. Und Kerkeling selbst, der nun 50 wird? Der hat - wie sonst vielleicht nur Loriot - die Republik zum Lachen und Nachdenken über sich selbst gebracht.

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Promi-Geburtstage - Der Mann, der Beatrix war -
Hape Kerkeling feiert 50. Geburtstag

Wenige Worte reichen und unvergessliche TV-Momente mit Hape Kerkeling tauchen bei fast jedem in Deutschland im Kopf auf. "Lecker Mittagessen" zum Beispiel - mit holländischem Akzent von ihm als vermeintliche Königin Beatrix am Schloss Bellevue gesagt. Oder "Hurz" - ausgerufen von ihm als angeblicher Neue-Musik-Sänger aus Polen. Oder "Schätzelein" - gegrunzt von ihm als Zeitungsjournalist Horst Schlämmer. Millionen haben auch Kerkelings Jakobsweg-Bestseller "Ich bin dann mal weg" gelesen oder vertiefen sich zurzeit in seine Autobiografie "Der Junge muss an die frische Luft".

Kerkeling ist eine deutsche Institution

Der Komiker Hape Kerkeling gehört zu Deutschland wie Heino, Thomas Gottschalk, Herbert Grönemeyer, Angela Merkel oder die Altkanzler Helmut Schmidt oder Kohl. Er scheint eine Institution geworden zu sein. Am 9. Dezember wird er 50 (genauso übrigens wie Moderator Johannes B. Kerner).

Mit der Showbühne soll jetzt Schluss sein. Das hat er mehrmals betont. "Ich habe viele Pläne, aber nichts Konkretes in der Pipeline", sagte Kerkeling im "Hörzu"-Interview vor kurzem. "Keinen Film, keinen Bühnenauftritt. Jetzt mache ich wirklich erst mal gar nichts. Irgendwann setze ich mich wieder an den Schreibtisch."

Er freue sich sehr auf den runden Geburtstag, weil er "ganz glücklich" auf 30 Jahre Bühnenkarriere zurückblicken könne. Rund um das eigentliche Geburtsdatum wollte Kerkeling demnach verreisen. "Zwei, drei Wochen irgendwohin, wo es warm ist."

"Ich mach mich rar, weil ich mich rarmachen will"

Er mache sich nicht rar, um begehrter zu sein, sagte Kerkeling im März in einem dpa-Interview. "Ich mache mich rar, weil ich mich rarmachen will." Im Frühling brachte er das Schlageralbum "Ich lasse mir das Singen nicht verbieten" heraus, die Erfüllung eines Kindheitstraumes. 2014 war für ihn ein Jahr voller Nostalgie: Anfang Oktober erschienen seine Memoiren, in denen er viel aus seiner Kindheit im Ruhrgebiet erzählt, von seinen prägenden Omas, der bunten Verwandtschaft, lieben Schulfreunden, aber auch bewegenden Begegnungen als Erwachsener, etwa mit dem Dalai Lama.

Am meisten Medienecho fand jedoch der offene Umgang mit einem Ereignis, das passierte, als er acht Jahre alt war: der Suizid seiner Mutter Margret im Jahr 1973. In Interviews betonte er, er glaube, dass es Betroffenen guttun könne, wenn ein Promi eine Erfahrung wie diese öffentlich mache. Das habe ihm selbst das Beispiel der Moderatorin Sonya Kraus vor ein paar Jahren gezeigt, die im Fernsehen über den Freitod ihres Vaters geredet habe.

Kerkeling sucht nach seinen vielen Fernseh- und Kino-Erfolgen inzwischen mehr und mehr die Rolle des nachdenklichen Schriftstellers, wird zu einem TV-Altmeister. Kerkeling lebt seit einigen Jahren in Berlin (statt früher Düsseldorf), außerdem ist er oft und gern in Italien. Das Land nannte er in einem "Stern"-Interview "unbelastete Zweitheimat". Zu seinem Privatleben verliert er wenige Worte: In seiner Autobiografie ist diskret von seinem "Freund Henning" die Rede, mit dem er demnach seit 2010 zusammen ist.

Rosa von Praunheim outete Hape als schwul

Dass Kerkeling schwul ist, wurde vor 23 Jahren ganz plötzlich öffentlich. Einen Tag nach dessen 27. Geburtstag trat der Schwulenaktivist Rosa von Praunheim bei RTL auf auf und outete den TV-Liebling gegen dessen Willen als homosexuell.

Etwa ein Jahr nach dem Outing sagte Kerkeling im Magazin "Der Spiegel": "Sensiblere Naturen als ich hätten sich in einer Kurzschlusshandlung womöglich mit dem Fön in die Badewanne gelegt." Doch das Publikum habe "irre normal reagiert". "Sogar in der tiefsten bayerischen Provinz, wo ich kurz nach dem Outing auf Tournee war, bin ich nie dumm angequatscht worden. Es gibt in unserem Gewerbe so viele Untergrund-Schwule, die teilweise zur Tarnung in die Ehe geflüchtet sind. Ich kann nur jedem raten, sich nicht zu verstellen."

Kerkeling geht heute offen mit dem Thema um. "Seitdem ich denken kann, denke ich schwul", heißt es etwa in seiner Autobiografie. "Schwul oder lesbisch zu denken bedeutet für mich, über Kreuz zu denken, vorsichtiger zu denken, aber auch mutiger, großräumiger und schlicht bunter. Es ist mir in die Wiege gelegt worden und nach meiner Überzeugung, auch wenn das einigen nicht in den Kram passen mag, von Gott gewollt."

Auch Johannes B. Kerner feiert 50. Geburtstag

Nicht nur das Geburtsdatum haben Johannes B. Kerner und Hape Kerkeling gemeinsam - auch Interviewrummel wollten beide vor ihrem 50er nicht. Dabei hätte Kerner, wäre er noch Talkgastgeber, am 9. Dezember wohl selbst gern die wichtigsten TV-Jubilare des Tages im Studio gehabt: den Komiker, der Beatrix war, und den Moderator, der erst überall und dann nirgendwo mehr zu sehen war.

Fast zwölf Jahre lang Talks allein im ZDF, an vier Abenden pro Woche - von "Kernerisierung" war die Rede. Von 1998 bis 2009 empfing er dort mehr als 5.000 Gäste. Bei ihm lieferte sich Werbe-Ikone Verona Feldbusch (heute Pooth) einen Schlagabtausch mit der vor einer "Feldbuschisierung" der Frauen warnenden Feministin Alice Schwarzer - ein TV-Wortgefecht mir rund 30 Prozent Marktanteil, bei dem Kerner kaum zu Wort kam.

Ex-"Tagesschau"-Sprecherin Eva Herman hingegen komplimentierte der Gastgeber einst wieder nach draußen, weil sie sich im Gespräch nicht hinreichend von ihren in Kritik geratenen Äußerungen zu familiären Werten im Nationalsozialismus distanzierte. Auftritt und Abgang sorgten 2007 für Gesprächsstoff und Kritik und waren auch jüngst wieder Thema, als Kerner im Jubiläumstalk "3nach9" Gast war.

Missglückter Wechsel zu Sat.1

Zum Thema "Durchhalten" wurde er dort befragt - genau das habe er nach seinem Wechsel vom ZDF (wo Markus Lanz übernahm) zu Sat.1 2009 auch getan, erzählte Kerner. "Die Quoten schmierten ab", sagte er. Ganz schnell sei klar gewesen, dass das nichts wird, aber er habe das dann "einfach ertragen". Nach zwei Jahren talkte er zum letzten Mal.

Immerhin konnte er bei dem Privatsender auch noch die Champions League präsentieren - und mit Fußball bei Sat.1 ("ran") hatte die Moderationskarriere für den gebürtigen Bonner - nach einem Betriebswirtschaftsstudium ohne Abschluss und einem Jahr als SFB-Reporter - in den 90er Jahren begonnen. Dort wurde er auch zum "Daily Talker".

Kritisiert wurden seine Gespräche immer wieder. Vielen galt er als netter Schwiergersohntyp fürs Seichte. 2002 sagte Harald Schmidt die Teilnahme an einer von Kerner moderierten Preisverleihung ab - wegen der "jüngsten medialen Außenwirkungen des Herrn Kerner". Konkret zielte das auf dessen Sondersendung aus Erfurt am Tage des Amoklaufs am Gutenberg-Gymnasium. Dort hatte er einen Elfjährigen als Augenzeugen befragt.

Kerner ist vierfacher Vater

Mit seinen Werbeaktivitäten geriet er als Gesicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ebenfalls in die Kritik. Doch Kerner bewies auch im TV einen langen Atem - wie beim Laufen. In Hamburg, wo er mit seiner Frau - der deutschen Ex-Hockeynationalspielerin Britta Becker - und den vier Kindern lebt, joggt er um die Außenalster. Bei seinen ersten der etwa 7,5 Kilometer langen Runden habe er immer "20 Mark Taxigeld" dabei gehabt, es aber nie benötigt, sagte er bei "3nach9".

Mit Fußverletzung ("beim Laufen umgeknickt") und Entzugserscheinungen vom Sport ("werde auch ungemütlich") saß er in der Sendung und durfte ein Kompliment von Gastgeber Giovanni di Lorenzo mitnehmen. Der zitierte, was Kerner "in einer Verlogenheit, die genial ist" Gästen gesagt habe - und worauf jeder reingefallen sei: "Das habe ich nie verstanden, das müssen Sie mir heute Abend erklären."

Rückkehr ins ZDF

Inzwischen ist Kerner mehrmals Marathon gelaufen, wie er in der Sendung berichtete - und seit 2013 auch auf dem Bildschirm zurück. Beim Marathon habe er das vermeintliche Glücksgefühl nach der Ziellinie noch nie erlebt, sagte er. Auch das Glücksgefühl nach der ZDF-Rückkehr dürfte getrübt gewesen sein. Seine Show "Deutschlands Beste" entpuppte sich als Betrug: Rankinglisten wurden manipuliert.

Drei Monate später war er aber mit der ZDF-Geburtsgala zum 80er von Udo Jürgens wieder am Start. Nach der Spendenshow "Ein Herz für Kinder" (6. Dezember/20.15 Uhr) feiert er "Weihnachten mit dem Bundespräsidenten" (24.12./18 Uhr) und startet mit neuen TV-Plänen ins nächste Jahr.

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