Die große Uhu-Verschwörung

Wem nützt der ewige Wahlkampf? Jenen, die der Demokratie schaden oder das Präsidentenamt abschaffen wollen

von Eva Weissenberger (Editorial) © Bild: NEWS/Ian Ehm

Wird mit Norbert Hofer ein übles Spiel getrieben? Hat sich die Bundesregierung verschworen, um Alexander Van der Bellen zum Amt des Bundespräsidenten zu verhelfen? Dauert diese Wahl deshalb so lange? Fragt man den freiheitlichen Kandidaten, ob er an ein Komplott gegen seine Person glaube, wie dies Ö1-Interviewer Klaus Webhofer diese Woche tat, verneint Hofer. Seine Parteifreunde und -anwälte hingegen erfinden und nähren seit Monaten eine Verschwörungstheorie nach der anderen.

Will man wissen, ob da was dran sein könnte, muss man sich nur eine Frage stellen: Cui bono? Wem nützt es, dass die Wahl erst wiederholt und dann verschoben werden musste? SPÖ und ÖVP jedenfalls nicht. Beide Parteien haben keinen Kandidaten mehr im Rennen, müssen einem Blauen und einem Grünen das Feld überlassen. Asyl, Brexit, Ceta – ständig ist die Meinung Hofers und Van der Bellens gefragt. Die beiden haben nun noch zwei Monate länger eine Bühne, auf die es ohnmächtige Oppositionspolitiker sonst selten schaffen.

Die ÖVP trifft es gleich dreifach: Auch wenn Innenminister Wolfgang Sobotka die Episode, die als Klebergate in Erinnerung bleiben wird, nicht hätte verhindern können, das Image des Wahl-Durchführungs-Verlierers bleibt an ihm picken. (Jedenfalls sollte er sich jetzt einmal mehr um sein Ressort kümmern, statt anderen Ministern die Mindestsicherung oder dem Kanzler seinen Job zu erklären.) Und dafür, dass Stimmabgabe und Auszählung nicht optimal geregelt sind, ist die Partei, die seit der Jahrtausendwende die Innenminister stellt, also die ÖVP, sehr wohl verantwortlich.

Van der Bellen schadet die Verzögerung ebenfalls. Gut, er darf, wie oben ausgeführt, länger auf der Bühne stehen, aber er stünde dort wohl lieber als amtierender Bundespräsident. Und fast ein Jahr Wahlkampf, das muss man erst einmal durchhalten. Finanziell, wenn man keine reiche Partei im Rücken hat, sondern auf Spenden angewiesen ist. Und gesundheitlich, in jedem Alter. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zum Beispiel, keine fünfzig Jahre alt, kann am Ende jedes vergleichsweise läppischen Sechs-Wochen-Wahlkampfes nur noch krächzen. Man kann also davon ausgehen, dass auch Hofer persönlich kein Interesse daran hat, weiter und weiter wahlzukämpfen.

Die Freiheitlichen sind trotzdem die Einzigen, denen das ganze Drama auch etwas Positives bringt. Sie wollen ihren Kandidaten als Opfer eines nebulösen „Systems“ darstellen. Und auch inhaltlich läuft es in ihre Richtung: Schon hört man Stimmen, die fragen, ob es das Amt des Bundespräsidenten nicht überhaupt abschaffen solle – eine alte Forderung der FPÖ, die Machtausgleich an der Staatsspitze schon immer für überbewertet hielt. Noch mehr in die Hände spielt die Stichwahlwiederholungsverschiebung jenen, die generell die Demokratie in Misskredit bringen wollen. Das heißt natürlich nicht, dass an den Händen der Freiheitlichen Uhu klebt, aber es zeigt, wie abstrus deren Verschwörungstheorien sind.

Und nach dem unwürdigen Gefecht, das sich SPÖ und ÖVP diese Woche bei der Wahl der ORF-Direktoren geliefert haben: Dass überhaupt jemand auf die Idee kommt, die beiden wären in der Lage dazu, gemeinsam ein Komplott zu schmieden, das sollten deren Parteistrategen eigentlich als Kompliment sehen.

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