Trauerzug nach Amokfahrt in Graz

Mit Tränen in den Augen und immer noch fassungslos - 12.000 Menschen nahmen teil

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Steiermark - Trauerzug nach Amokfahrt in Graz

Vom Eisernen Tor zog der Trauerzug, der am Griesplatz gestartet war, in die Herrengasse auf der Höhe der Stadtpfarrkirche. Wo der Marsch von Klavier- und Chello sowie im Wind klappernden Trauerfahnen begleitet wurde, herrschte beklemmende Stimmung.

Der Hauptplatz am Ende Grazer Geschäfts- und Flaniermeile füllte sich nach und nach ohne Hektik. 12.000 Menschen waren es am Ende. Der Schmerz und das Entsetzen über die Amokfahrt des jungen Mannes mit drei Toten und 36 Verletzten stand den Grazern noch immer ins Gesicht geschrieben.

Lediglich das Klicken der Kameras, die Hubschrauber, die über den Platz kreisten, und zwischendurch Kirchenglocken waren zu hören. Dann, als Gebete gesprochen wurden und Politiker tröstende Worte finden wollten, ab und zu ein Husten und Kindergeschrei. Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensentwürfen sind zum Gedenken gekommen, da steht die ältere Nonne neben dem Heavy-Metal-Fan mittleren Alters. Manche weinten, viele hielten sich in den Armen.

Vertreter der Bundespolitik, allen voran Bundespräsident Heinz Fischer und Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), kämpften mit den Tränen, als sie sich ins Kondolenzbuch eintrugen.

"Mensch ist Legierung aus Gut und Böse"

Der Grazer Bürgermeister Nagl (ÖVP), der beinahe selbst ein Opfer des Amokfahrers geworden wäre, zitierte Victor Frankl: "Das menschliche ist eine Legierung aus Gut und Böse". In den Augen des Täters sah er ein Stück Hölle, in den Augen der Helfer aber den Himmel. Nagl sagte beim abschließenden Gedenkakt am Hauptplatz am Abend, er trauere um die Opfer, um den getöteten Adis und um den getöteten Valentin: "Und ich trauere auch um jene junge Frau, deren Lebensgeschichte ich nicht kenne, und die nicht einmal im Tod jemanden abgegangen zu sein scheint". Er habe noch nie so viel geredet, wie in den vergangenen Tagen - "obwohl mir nicht danach war". Er sage allen "ein herzliches Dankeschön und Vergelt's Gott, den Einsatzorganisationen und allen Helferinnen und Helfern, die ihren Mitbürgern beigestanden sind. Wenn das alles einen Sinn gehabt, dann den, dass wir um die Verletzlichkeit unserer Gesellschaft wissen, aber auch um den Zusammenhalt, den wir hier alle zum Ausdruck bringen".

Der steirische LH Hermann Schützenhöfer (ÖVP): "In dieser Stunde sind unsere Gedanken und Gebete bei den Angehörigen der Toten und der Verletzten. Wir werden sie schützen, wir werden sie stützen, wo immer wir dazu fähig sind. Unsere Herzen sind traurig". Alle hätten die Frage nach dem Warum gestellt: "Sie wird nicht beantwortet werden können. Man wird niemals Gewalttaten verhindern können. Das Ereignis hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie sehr wie einander brauchen. Nicht nebeneinander, sondern miteinander müssen wir leben. Wir können das, jeder und jede von uns". Graz sei eine weltoffene Stadt, "ebenso wie die Steiermark, in der die Menschen willkommen sind", so ein mit seinen Emotionen ringender Landeschef.

Heinz Fischer findet tröstende Worte

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wandte sich direkt an die "Familienangehörigen der Opfer" und sprach sein Beileid aus. "Das Leid, dass dieser Amoklauf über sie gebracht hat, kann nie ungeschehen gemacht werden. Solidarität heißt, dass man in guten wie in Krisenzeiten zusammensteht. Dass man Erste Hilfe leistet, Rettung und Exekutive unterstützt. Graz hat zusammengehalten, in diesen Tagen, das konnte man in ganz Österreich spüren. Lassen wir nicht zu, dass eine solche unfassbare Tat genutzt wird, um Hass und Zwietracht säen", so der Kanzler.

Bundespräsident Heinz Fischer sagte: "Graz trauert, das können wir in den Straßen heute lesen und wir hören es auch und vor allem spüren es. Dass so viele Unschuldige getötet und verletzt wurden, "das ist unbegreiflich". Nächstenliebe und Zuwendung seien aber "viel, viel stärker als Hass und Aggression". Er wünsche den Verletzten gute Besserung und baldige Wiederherstellung, sein Dank gehe an alle, die sich seit vergangen Samstag so hervorragend bewährt haben: "Es ist eine schwere Belastung, ein Schock, aber ich weiß, Graz wird diese Wunde heilen lassen", schloss der Präsident.

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