Alles, was Recht ist

Was man vor Abschluss einer Rechtsschutzversicherung bedenken sollte

Eine Rechtsschutzversicherung kann in vielen brenzligen Lagen helfen. Aber wie gut sind sie und was müssen Alt- und Neukunden wissen?

von Richterhammer © Bild: istockphoto.com

Anton Stipsits, 37, ist gebürtiger Eisenstädter und Wien-Pendler. Vor zwei Jahren hatte er das ständige Autofahren satt und mietete sich eine Altbauwohnung in Mariahilf. Das neue Refugium war perfekt, nur die Miete war zu hoch. Das wusste Stipsits, als er den Mietvertrag unterschrieb. Er wusste aber auch, dass er sich einen Teil der Miete zurückholen kann. Daher schloss er wenige Monate später eine Rechtsschutzversicherung ab, Mietrechtsangelegenheiten inklusive. Im Sommer 2015 kündigte er die Wohnung und beauftragte seine Versicherung damit, die Differenz zwischen verrechneter und erlaubter Miete zurückzuverlangen.

Löchrig wie Käse

Doch die Versicherung lehnte ab. "Begründet wurde das damit, dass ich bei Abschluss des Mietvertrages, da fand die Einigung über die Mietpreiszahlung statt, keine Rechtsschutzversicherung hatte. Die schloss ich erst später ab", sagt Stipsits. Daher engagierte die Assekuranz keinen Anwalt. Stipsits musste selbst aktiv werden.

Roland Beckmann, Deutschlands höchste Instanz auf dem Gebiet des Versicherungsrechts, sagt: "Der Rechtsschutz ist wie ein Emmentaler. Man findet viel mehr Löcher als Käse darin." Aber in die Löcher müssen Versicherungsnehmer nicht hineintappen.

Der Rechtsschutz ist im Bausteinsystem aufgebaut. Jeder Baustein deckt ein Thema ab und kostet extra: Privatrecht (Kaufverträge, Miete), Strafrecht, Verkehrsrecht oder Arbeitsrecht sind die wichtigsten Materien. Gar nicht versichern lassen sich prinzipiell Prozesse bei Scheidungen und beim Hausbau. Was die einzelnen Produkte kosten, zeigt die Tabelle unten. Herangezogen wurden stets die Bausteine für Einzelpersonen mit umfassendem Rechtsschutz.

Tipp 1: Die Wahl der Bausteine mit Bedacht vornehmen. "Überall dort, wo All-Risk-Übernahme, totaler oder universaler Schutz steht, wird mehr versprochen als letztlich gehalten", sagt Erwin Gisch, Chef des Fachverbandes Versicherungsmakler der Wirtschaftskammer Österreich und Lektor für Versicherungsrecht an der Uni Krems. Er rät zu einem Gespräch mit einem unabhängigen Berater und warnt vor Billigangeboten, die auf die individuelle Risikosituation nicht eingehen. Denn auch in den einzelnen Bausteinen selbst gibt es Bereiche, die von einer Versicherungsleistung ausgenommen sind, die man aber eventuell in die Polizze aufnehmen könnte. Achten Sie auch auf Selbstbehalte: Hier muss man einen Prozentsatz der Schadenssumme selbst zahlen. Nicht zu empfehlen, auch wenn durch den Selbstbehalt die Jahresprämie sinkt.

Tipp 2: Wichtig ist eine ausreichende Versicherungssumme. Sie gibt an, bis zu welchem Betrag ein Prozess von der Versicherung finanziert wird: Ist sie zu niedrig, kommt es zu einer Deckungslücke und die Assekuranz beendet ihre Leistung. Die Folge: Ein Verfahren wird erst gar nicht eingeleitet oder müsste abgebrochen werden. Viele Österreicher haben alte Rechtsschutzverträge, in denen Versicherungssummen von 30.000 Euro enthalten sind. Das war vor vielen Jahren ausreichend. Heute sind solche Summen zu niedrig. Manche Anbieter offerieren gerade solche Verträge und locken mit geringen Kosten. Ausreichend sind Versicherungssummen von 130.000 bis 200.000 Euro.

Aufpassen müssen Versicherungsnehmer, die ihre bestehende Versicherungssumme erhöhen: Hier werden oft neue Verträge geschnürt, in denen aber Bereiche nicht mehr abgedeckt sind, die in den ursprünglichen Verträgen enthalten waren. Fehlberatungen durch Finanzdienstleister werden heute praktisch nicht mehr versichert, früher schon. "Sind im neuen Vertrag viele Versicherungsfälle nicht mehr enthalten oder nur mit teurer Prämie zu erhalten, würde ich einen weiteren Vertrag abschließen", sagt Thomas Hirmke, Rechtsexperte beim Verein für Konsumenteninformation.

Tipp 3: Wenn ein Vertrag abgeschlossen wurde und die Assekuranz wegen schlechter Erfolgsaussichten die Leistung untersagt, soll man auf jeden Fall einen eigenen Anwalt engagieren. Denn: Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes dazu sind bisher allesamt zugunsten der Versicherungsnehmer ausgefallen. Hartnäckigkeit zahlt sich hier also aus.

Hartnäckig halten sich übrigens auch die Gerüchte, dass zum Beispiel bei Konflikten zwischen zwei Rechtsschutzversicherten, die denselben Versicherer haben, Probleme unter der Hand gelöst würden. Das ist jedoch meist nicht der Fall. Wenn es zu einem Autounfall zwischen zwei Fahrern mit der gleichen Versicherung kommt, dürfen sich beide ihren Anwalt frei auswählen.

Vergewissern sollte man sich auch, ab wann der Anwalt generell tätig wird: Zahlt die Versicherung den Anwalt oder muss man das selbst machen, ist die Frage. Denn ohne entsprechenden Obolus kein Recht.

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