Wie Häupl von Zilk geholt wurde

Peter Pelinka über Wiens Bürgermeister ab 1945

von Peter Pelinka © Bild: NEWS

Heinz-Christian Strache hat zur Geschichte einen – sagen wir mal – etwas oberflächlichen Bezug. So ruft ausgerechnet er auf Wahlplakaten zur „Oktoberrevolution“ auf – bekanntlich die gewaltsame Machtübernahme der russischen Bolschewisten 1917. Und nun freute er sich im Siegesrausch nach der oberösterreichischen Wahl, die FPÖ könne in Wien „erstmals seit 70 Jahren stärkste Kraft werden“. Aufregung im Internet: Strache schließe damit indirekt an den letzten nationalsozialistischen Bürgermeister an, Hanns Blaschke, illegales NSDAP-Mitglied ab 1931, Teilnehmer am Juliputsch 1934, SS-Mann ab 1938. Nicht nur Armin Wolf hielt diese Aufregung für übertrieben: Die Formulierung „erstmals seit 1945“ sei allgemein üblich. Unausgesprochener Zusatz: So doof könne Strache doch nicht sein, dass … Vermutlich hat Wolf recht und Strache war einfach ungeschickt. Was übrigens etliche seiner Fans auf Facebook nicht daran hinderte, den armen Wolf, der es doch diesmal wirklich gut mit ihrem Idol gemeint hatte, wüst zu attackieren. Ein Intelligenztest der besonderen Art.

Es ist Strache auch kaum krumm zu nehmen, dass er bei einem Interview mit Radio Wien nicht wusste, als wievielter Bürgermeister nach 1945 er ins Rathaus einziehen wollte. Sehen wir von dem nur drei Tage „regierenden“, von den Sowjets eingesetzten Übergangsverwalter Rudolf Prikryl ab, waren es bisher sieben Sozialdemokraten: Theodor Körner (1945–1951), Exoffizier der Habsburger- Armee, später Bundespräsident, Franz Jonas (1951–1965), später auch Präsident, Bruno Marek (1965–1970), Felix Slavik (1970–1973), Leopold Gratz (1973–1984), Helmut Zilk (1984–1994). Und eben seit 21 Jahren Michael Häupl.

Den aufmüpfigen studierten Ökologen hatte Zilk 1988 zum Umweltschutz-Stadtrat bestellt (Häupl: „Das war keine Frage, sondern ein Einberufungsbefehl“). Im Herbst 1994, ein Jahr nach dem Briefbombenattentat auf den populären „Helmerl“, setzte sich der 45-Jährige gegen die ebenfalls als Kandidaten für das oberste Stadtamt gehandelten Franz Löschnak und Hannes Swoboda durch. Jetzt will es der längstdienende „Stadtvater“ noch einmal wissen.

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