Gert Voss: Der stille Kampf des Königs

Der größte Bühnenschauspieler der Gegenwart ist tot. Die Geschichte eines Lebens.

von Gert Voss © Bild: News/Vukovits Martin

Als der Zweijahrhunderteschauspieler Gert Voss um 15 Uhr in der Wiener Privatklinik Confraternität einschlief, die Hand in den Händen seiner Frau, da war es ein leichtes Sterben ohne Schmerzen und Kampf, von Hoffnung begleitet bis ans Ende. Die herbeigerufene Familie nahm drei Stunden lang in Stille Abschied, als schliefe er nur und dürfe nicht geweckt werden.

Er war nur immer schwächer geworden, die Folge einer Art Leukämieerkrankung, die ihn seit Jahren begleitete. Am Anfang harmlos und kaum der Behandlung bedürftig, wird sie mit ihrem Fortschreiten aggressiv. Die nun erforderlichen radikalen Therapien belasten das Immunsystem, bis jeder Infekt ans Leben gehen kann. Die letzte Krise. So war auch er in der Vorwoche mit Grippesymptomen eingeliefert worden und hatte dafür die Dreharbeiten zu David Schalkos „Braunschlag“- Nachfolgeserie „Altes Geld“ zurücklegen müssen.

In heller Verzweiflung war er da: Dass er, der als Bühnenschauspieler in Jahrzehnten keinen Gleichrangigen hatte, im Film nichts Adäquates zu tun bekam, hatte er stets als die Lebensniederlage empfunden. Nun hatte er sich begeistert auf das potenzielle öffentlich- rechtliche Jahresereignis vorbereitet. Er sollte einen sterbenskranken Großmafioso verkörpern, und Schalko hatte den Schauplatz klug ans Krankenbett des Oligarchen verlegt. Ein paar Drehtage im April waren noch gut verlaufen. Im Juli wären die Strapazen dann in den Tagesrhythmus übergegangen. Unter Tränen habe er sich da aus dem Unternehmen verabschiedet. Das Team schickte Blumen, Schalko versprach die Hauptrolle in einem demnächst zu realisierenden Kinofilm.

Am 22. Mai war den Besuchern einer ausverkauften Akademietheater-Vorstellung der Atem gestockt: Eben hatten Voss und sein kongenialer Bühnenpartner Ignaz Kirchner einen Abend zum Gedenken an ihren Lebensregisseur George Tabori beendet. Voss hatte im Sitzen spielen müssen und mit seiner auratischen Präzision doch fast akrobatische Virtuosität suggeriert. Zum Verbeugen half ihm Kirchner aus dem Sessel, doch der Gefeierte taumelte und sank in den Sitz zurück. Das war der letzte Auftritt des vergleichslosen Bühnenschauspielers Gert Voss.

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