Grün-weiße Trauer zu Allerheiligen:
Der leise Abschied von St. Hanappi

Rapid-Fans gedenken der legendären Heimstätte - Neues Stadion muss erst überzeugen

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Anders als beim letzten Match in der Spielstätte, am 6. Juli gegen den schottischen Meister Celtic Glasgow, und bei der Abrissparty am 4. Oktober herrscht diesmal kein großer Andrang, keine brodelnden Emotionen, kein kollektives Gefühl. Nun kommen vor allem einzelne Menschen nach Wien-Hütteldorf. Sie machen Fotos und verabschieden sich persönlich, im Stillen.

Vom 1977 errichteten Gerhard-Hanappi-Stadion ist nicht mehr viel übrig. Seit Beginn der Abrissarbeiten sind drei Tribünen in Schutt und Geröll zerfallen. Nur mehr die Südtribüne steht noch ohne Dach da. Vor ihrem Eingang eine Handvoll rote Grablichter. Der eisige Herbstwind hat eine Kerze umgeschmissen und das Wachs über die Stufen ergossen. "RIP (Rest in Peace) Hanappi", sagt Marco. Die Bilder vom Abriss sind für viele Fans nicht leicht auszuhalten. "Es tut weh, das zu sehen", meint Gerhard.

Lärmbelästigungen für Anrainer

Auch für die Anrainer sind die Bauarbeiten eine Herausforderung. Als Entschädigung für das Bohren, Hämmern und Dröhnen wurden 1.400 Haushalte am 18. Oktober zum Match gegen Admira Wacker eingeladen. Fast 700 Freikarten wurden angenommen, heißt es auf der eigens eingerichteten Homepage. Anrainer Lukas findet den Abriss, der sich noch bis Jänner 2015 ziehen soll, erträglich. "Der Lärm ist weniger schlimm als befürchtet", sagt er.

Für Alex ist schlimm, dass große Teile des Gehsteigs aufgerissen wurden. Wegen Arbeiten am Stromnetz sind Bereiche der Keißlergasse für Fußgänger zeitweise nicht passierbar. "Das neue Stadion braucht mehr Strom", entschuldigt sich ein Bauarbeiter, als eine Mutter mit Kinderwagen nicht durchkommt.

Umstrittene neue Arena

Das neue, größere Stadion, das im Sommer 2016 eröffnet werden soll, ist unter den Fans umstritten. Viele wehren sich gegen den Namen Allianz Stadion. "Für mich bleibt es immer St. Hanappi", sagt etwa Christian. Manfred dagegen meint, die Sanierung der baufälligen Fußballarena wäre billiger geworden. Immerhin wurden für den Neubau 53 Millionen Euro veranschlagt.

Aber so mancher "Rapidler" hat sich mit dem Projekt bereits angefreundet. "Es ist keine Tragödie", erklärt ein Mitte-Fünfziger, während er sich einen grün-weißen Schal umhängt und von einer Passantin vor der Baustelle fotografieren lässt. "Das neue Stadion wird auch sehr schön."

"Die Fans werden es schon annehmen"

"Wenn das neue Stadion einmal funkelnagelneu dasteht, werden es die Fans schon annehmen", ist ein anderer langjähriger Hütteldorf-Pilger überzeugt. Edgar war im Mai 1977 schon beim ersten Heimspiel Rapids im damaligen "Weststadion" dabei und kann sich sogar noch an die holzgedeckten Tribünen der legendären Pfarrwiese erinnern, wo die Grün-Weißen ab 1912 zuhause gewesen waren.

"Auch gegen das Weststadion gab es in den 1970ern massive Vorbehalte seitens der Anhänger", kramt der 49-Jährige im Erinnerungsfundus, "später wurde es zu St. Hanappi kanonisiert." Sollte das Konzept der Clubführung aufgehen, wonach durch die höhere Zuschauerkapazität (24.000 bis 28.000) und vor allem durch die teure Vermietung von Businesslogen die Einnahmen gesteigert und Rapid konkurrenzfähiger gemacht wird, werden auch die letzten Zweifler verstummen, zeigt sich dieser Fan überzeugt. Bis dahin werden aber noch zwei Jahre lang Bagger und Betonmischer in Hütteldorf den Ton angeben.

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