Frauen im Abseits

Über fehlende Gleichberechtigung und finanzielle Diskriminierung im Sport

Am 16. Juli startet die Fußball-Europameisterschaft. Mit dabei ist auch Österreich. Das wussten Sie nicht? Nun, das liegt vielleicht daran, dass es sich „nur“ um die EM der Frauen handelt. Sport ist nach wie vor Männerdomäne. Gerade hier halten sich Stereotype wie „Frauen sind eben nicht so geeignet dafür“ immer noch hartnäckig. Fair-Play sieht anders aus. Die Realität auch.

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Bittere Realität - Frauen im Abseits

Bei der Verabschiedung des Fußball-Frauen-Nationalteams fand der Bundespräsident Van der Bellen feierliche Worte: „Ich freue mich, dass eine Männerbastion mehr gefallen ist. Vor 30 Jahren wurde der Frauen-Fußball noch verlacht und galt als nicht standesgemäß. Gott sei Dank ist das vorbei."

Männerdomäne Sport

Unabhängig von den unterschiedlichen biologischen Voraussetzungen ist es eine ebenso schlichte Tatsache wie schlechte Tradition, daß die Entfaltungsmöglichkeiten der Frau im Sport eingeschränkt sind. Ein Satz, bei dem man lediglich an der alten Rechtschreibung erkennen kann, dass er aus dem vorigen Jahrhundert stammt. Inhaltlich hat sich nämlich auch 38 Jahre später nicht viel daran geändert. Sport ist nach wie vor Männerdomäne und für manche immer noch eine Art Rückzugsgebiet für überholte Geschlechter-Klischees.

Blickt man zurück in die Vergangenheit, scheint sich dieser Eindruck nur zu bestätigen. So kommentierte Roman Mählich, ehemaliger Fußballspieler und heutiger Trainer sowie ORF-TV-Analytiker die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen einst folgendermaßen:

»Wenn die Damen ihren Spaß dabei haben, ist doch schön. Es ist mit dem Männer-Fußball natürlich überhaupt nicht zu vergleichen.«

„Ich reg mich sicher nicht drüber auf. Wenn die Damen ihren Spaß dabei haben, die Leute kommen ins Stadion, ist doch schön. Sie machen ja nichts Schlechtes. Es ist mit dem Männer-Fußball natürlich überhaupt nicht zu vergleichen, das tut auch keiner, aber wenn sie Spaß dran haben, dann sollen sie auch spielen.“ Viktoria Schnaderbeck, Kapitänin der jetzigen österreichischen Frauen-Nationalmannschaft, kann darüber nur lachen. In einem hat Mählich aber Recht. Vergleichen lässt sich Frauen- und Männerfußball wirklich nicht. Zumindest, wenn es um die Bezahlung geht. Denn reich wird man als Profispielerin nicht. Im Gegenteil.

Finanzielle Diskriminierung im Leistungssport

Auch, wenn Wilfried Schmaus, Präsident von Liga-Dominator St. Pölten meint, dass Frauen nun einmal „anders ticken und Erfolg vor finanziellen Reichtum stellen“, ist Bezahlung doch ein Ausdruck von Gleichberechtigung. Und gerade im Spitzensport sind geschlechtsbedingte Gehaltsunterschiede eklatant. Gegen diese haben 2016 fünf Mitglieder der US-Frauenfußballnationalmannschaft eine Beschwerde wegen Diskriminierung eingelegt. Denn obwohl sie bereits drei Mal die WM und vier Mal bei den Olympischen Spielen gewonnen haben, wurden sie nach wie vor schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen – für den Sieg eines Titels erhielten sie so viel wie die Männer bei einem einzigen Spiel.

Frauen auch in medialer Berichterstattung unterrepräsentiert

Dass die Verdienstmöglichkeiten der Frauen deutlicher geringer sind als jene der Männer, kann Nina Aigner, ehemalige österreichische Nationalteamspielerin verstehen. "Klar gibt es hier einen enormen Unterschied, aber man darf auch nicht vergessen, dass sich der Männerbereich wirtschaftlich in ganz anderen Dimensionen bewegt, was die Zuschauer-, Werbe- und TV-Einnahmen betrifft. Der Frauenfußball hingegen ist für die meisten Vereine ein Kostenfaktor. Die Haupteinnahmequelle liegt nun einmal im Profibereich der Männer", erklärte Aigner. Sportlerinnen sind eben nicht nur im Sport selbst, sondern auch in der medialen Berichterstattung unterrepräsentiert.

Männliche Führungsetagen der Sportverbände

Doch auch innerhalb unserer Landesgrenzen ist die Situation ähnlich. So stellt sich die Frage, warum der Österreichische Basketballverband letztes Jahr zwar das Budget der Damen kürzte, sodass die Nationalmannschaft kein richtiges Team stellen konnte – nicht aber das der Männer. Wirft man einen Blick in die Führungsetagen der Sportverbände, so wird man sehen, dass hier wenige bis keine Frauen sitzen. Ähnlich verhält es sich mit der Anzahl weiblicher Trainerinnen, selbst Frauenteams werden oft von Männern gecoacht.

Frauenpower

Doch warum sind Frauen seit jeher im Abseits? Warum ist Gleichberechtigung immer noch nicht in den Bereich des Sports vorgedrungen? Wo doch Frauen mittlerweile neben Männern Gewichte stemmen und „männlich dominierte“ Sportarten wie Basketball oder Rugby für sich entdeckt haben? Auch Kraftsportarten wie Kickboxen, Crossfit oder High-Intervall-Training sind bei Frauen beliebte Work-Outs, sogar bei Michelle Obama.

An der Realität scheint es also nicht zu liegen. So kommentierte die ehemalige Frauenministerin Sabine Oberhauser zu ihren Lebzeiten: „Gerade im Sport halten sich einige Stereotype mit größter Nachhaltigkeit – so etwa das Vorurteil, Frauen wären „nicht so geeignet“ für Sport wie Männer. Das ist natürlich kompletter Unsinn. In unserem „Nationalsport“, dem Skifahren, haben die Frauen die Männer zum Beispiel längst eingeholt.“

»Gerade im Sport halten sich einige Stereotype mit größter Nachhaltigkeit – so etwa das Vorurteil, Frauen wären nicht so geeignet für Sport wie Männer. Das ist natürlich kompletter Unsinn«

Was es braucht, ist einen stärkeres Bewusstsein für Frauensport, mehr mediale Berichterstattung sowie eine bessere öffentliche Finanzierung und Förderung – beginnend beim weiblichen Nachwuchs. Und eine Änderung in unseren Köpfen. Weg von stereotypen Geschlechterbildern wie diesen:

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