Französische Polizei nimmt "Milliarden-Zocker" fest: Fast 5 Milliarden Euro Schaden

Jérôme Kerviel seit Kurzem in Polizeigewahrsam Befragung nach Durchsuchung von Société Générale

Im Zusammenhang mit dem Großbetrug bei der Société Générale hat die französische Finanzpolizei den Milliarden-Zocker Jérôme Kerviel vorläufig festgenommen. Der 31-Jährige sei in Gewahrsam, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Justizkreisen in Paris. Am Vortag waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft der Hauptsitz von Société Générale in Paris sowie im Pariser Vorort Neuilly die Wohnung von Kerviel durchsucht worden, der bei eigenmächtigen Finanzgeschäften einen Verlust von 4,9 Milliarden Euro verursacht haben soll. Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann ordnete einem Zeitungsbericht zufolge eine Überprüfung der Sicherheitssysteme seiner Bank an.

Französische Polizei nimmt "Milliarden-Zocker" fest: Fast 5 Milliarden Euro Schaden © Bild: AP/Camus

Die Pariser Finanzpolizei habe Kerviel in Gewahrsam genommen, verlautete aus Justizkreisen. Die Ermittler können den 31-Jährigen nun mindestens 24 Stunden, auf Veranlassung eines Staatsanwalts sogar bis zu 48 Stunden festhalten und ihn ohne Beisein eines Anwalts befragen. Zuvor hatte ein Großaufgebot von Sicherheitskräften am Sitz der Finanzpolizei in Paris eine einfahrende Wagenkolonne von Journalisten abgeschirmt.

Die Durchsuchung in der Zentrale von Société Générale habe das Ziel gehabt, Kerviels dortigen Computer sicherzustellen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Den Ermittlern seien freiwillig "einige für die Untersuchung wichtige Gegenstände" übergeben worden. Zuvor hatten die Ermittler laut Staatsanwaltschaft bereits die Wohnung Kerviels im Pariser Nobel-Vorort Neuilly-Sur-Seine durchsucht und sie laut Augenzeugen mit mehreren Koffern verlassen. Kerviel hatte sich dort nach Angaben der Nachbarn seit mehreren Wochen nicht mehr blicken lassen.

Als Reaktion auf das Milliarden-Desaster bei dem französischen Bankhaus veranlasste Deutsche Bank-Chef Ackermann offenbar eine sofortige Überprüfung der internen Sicherheitssysteme seiner Bank. Unmittelbar nachdem er von dem Skandal in Frankreich erfahren habe, habe Ackermann die zuständigen Stellen in seinem Haus angerufen, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".

Schärfere Kontrollen gefordert
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, forderte schärfere interne Kontrollen der Banken. Aus dem Fall in Frankreich und anderen "Betrugsfällen in großem Stil" müsse die Lehre gezogen werden, dass eine Verschärfung der internen Kontrollen eine "absolute Notwendigkeit" sei, sagte Trichet dem französischen Fernsehsender LCI. Der französische Präsidentschaftsberater Raymond Soubie sagte im Fernsehen, Kerviels Handelsvolumen habe mehr als 50 Milliarden Euro betragen und damit mehr als der derzeitige Börsenwert von Société Générale von 35,9 Milliarden Euro.

Société Générale-Chef Daniel Bouton betonte in der Zeitung "Le Figaro", die Milliardenverluste durch Kerviels eigenmächtige Spekulationen seien nicht durch eine verfehlte Unternehmensstrategie verursacht worden. "Es ist mehr wie ein unbeabsichtigtes Feuer, das eine große Fabrik einer Industriegruppe zerstört", sagte er. Zugleich wies Bouton den Vorwurf zurück, seine Bank habe den Skandal vertuschen wollen, sowie die Spekulation, die Krise seiner Bank habe zur Zinssenkung der US-Notenbank geführt.

Zwei Milliarden Verlust bei einem Geschäft
Kerviel soll laut einem "Spiegel"-Bericht auch eine gigantische Wette auf den deutschen Börsenindex Dax aufgebaut haben. Allein bei diesem Geschäft habe er vermutlich rund zwei Milliarden Euro Verlust eingefahren, berichtete das Magazin unter Berufung auf Insider.

Die Société Générale hatte den Skandal publik gemacht und danach erklärt, er sei durch einen "isoliert agierenden Mitarbeiter" verursacht worden. Die Pariser Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf Unterschriftenfälschung und Betrug.

(apa/red)