Nach Flüchtlingstragödie auf A4:
U-Haft über Verdächtige verhängt

Ungarisches Gericht folgte Antrag der Staatsanwaltschaft nach Einzelanhörungen

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U-Haft über Verdächtige verhängt

Nach der Einzelanhörung der Verdächtigten wurde von dem Richtergremium am Samstagnachmittag die U-Haft verkündet. Diese war zuvor seitens der Staatsanwaltschaft wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr und möglicher Zeugenbeeinflussung beantragt worden. Unter den vier Festgenommenen sind der Besitzer des Lastwagens und zwei Fahrer.

Das Gericht kam damit der Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Diese hatte auf die "außergewöhnliche Schwere des Verbrechens" verwiesen, dem die Flüchtlinge zum Opfer gefallen seien, und hatte den Männern "geschäftsmäßig" organisierten Menschenhandel vorgeworfen. Die Untersuchungshaft war wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr und möglicher Zeugenbeeinflussung beantragt worden. Die Staatsanwaltschaft werfe den Männern unter anderem Menschenschmuggel und Folter vor. Die Anklage wegen Totschlags werde in Österreich erhoben, sagte Gabor Schmidt, Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen

Die Männer wurden am Samstag unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ins Gericht der Stadt Kecskemet, etwa 90 Kilometer südlich von Budapest gebracht. Die Verdächtigen wurden in vier Polizeiwagen zum Gericht transportiert. Sie trugen Handschellen und wurden von den Polizeibeamten an langen Ledergurten in das Gebäude geführt. Einer der vier Verdächtigen begrüßte die anwesenden Journalisten mit einem "breiten Grinsen", berichtete die Online-Ausgabe der ungarischen Zeitung "Magyar Nemzet". Ein Verdächtiger soll circa 40 Jahre alt sein, die drei anderen zwischen 20 und 30 Jahren. Nach früheren Angaben der Polizei dürften sie einem ungarisch-bulgarischen Schlepperring angehören.

In Kecskemet sei der Laster gestartet, habe die Flüchtlinge nahe Ungarns Grenze zu Serbien aufgenommen und sie dann durch Ungarn nach Österreich gefahren, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörden. Der Kühllastwagen mit ungarischem Kennzeichen und dem Logo eines slowakischen Geflügelhändlers war am Donnerstag in einer Pannenbucht an der A4 entdeckt worden. In dem Fahrzeug wurden 71 Leichen von Kindern, Frauen und Männern gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien handelt.

Die österreichische Polizei hat Samstag Früh auch ein Ermittlungsteam nach Ungarn geschickt, gab der burgenländische Polizeichef Hans Peter Doskozil bekannt. Die Beamten sollen an Ort und Stelle erste Abklärungen durchführen.

Ermittlungen erst am Anfang

"Wir haben zwar diesen tollen Erfolg, aber wir stehen trotzdem am Anfang der Ermittlungen", sagte StA-Sprecherin Verena Strnad in Hinblick auf den raschen Fahndungserfolg. Sie verwies außerdem darauf, dass man "nicht in Echtzeit" informiert werde, wenngleich die Zusammenarbeit hervorragend sei. Details könne und wolle man nicht bekanntgeben, "um die Ermittlungen nicht zu gefährden", sagte sie.

Zu den Obduktionen hieß es, dass diese im Laufen seien und "zügig aber sorgfältig" durchgeführt werden. Es werde, wie schon erwähnt, einige Tage dauern. Auf ein konkretes Zeitfenster wolle sie sich nicht festlegen, meinte die StA-Sprecherin.

Wie Doskozil im Ö1-"Morgenjournal" bekannt gab, werden auch die bei den Flüchtlingen gefundenen Mobiltelefone ausgewertet. Davon erhoffen sich die Behörden einerseits Hinweise auf die Identität der Menschen, andererseits aber auch Hinweise auf die Hintermänner der Tragödie.

Polizei will wegen Leichen-Foto Konsequenzen ziehen

Währenddessen will die Polizei wegen des Fotos der toten Flüchtlinge, das die "Kronen Zeitung" in ihrer Ausgabe am Freitag abgedruckt hat, Konsequenzen ziehen und hat deshalb bereits Kontakt mit der Staatsanwaltschaft aufgenommen. "Ich bin überhaupt nicht glücklich über diese Entwicklung, ich bin überhaupt nicht glücklich, dass dieses Foto an die Öffentlichkeit gelangt ist", erklärte Doskozil am Freitagabend in der "ZiB2" und kündigte an, dass man "in diesem Fall wirklich rigoros auch vorgehen" wolle. "Ersten Erkenntnissen zufolge zeigt sich, dass das Foto aus Polizeikreisen angefertigt worden ist. Das dürfte klar sein. Wie es in weiterer Folge und auf welche Art und Weise hier weitergegeben wurde, das werden wir versuchen zu erheben. Weil das glaube ich eine Art und Weise ist, dass man auch von Polizeiseite hier mit solchen Dingen kein Kapital schlagen darf", meinte der Polizeichef.

Laut Strnad wäre hier ein "erster denkbarer" Tatbestand die Verletzung des Amtsgeheimnisses. Ob und welche Konsequenzen dies im Hinblick auf den Polizeidienst des Beamten oder der Beamtin haben könne, sei dann allerdings Sache der Polizei. Derzeit stehe die Berichterstattung der Polizei an die Staatsanwaltschaft noch aus. Diese soll vermutlich erste Ermittlungsergebnisse beinhalten. "Wir sehen der Berichterstattung entgegen", sagte Strnad.

"Krone" verkaufte Bild auch weiter

Indes wurde das Todes-Foto am Samstag auch von der deutschen "Bild"-Zeitung veröffentlicht - sowohl in der Print-Ausgabe als auch online - und zwar mit dem Titel "Foto der Schande". Auch die "Kronen Zeitung" druckte am Samstag erneut das Foto, diesmal allerdings leicht unkenntlich gemacht. Man habe sich nach "intensiver Diskussion in der Chefredaktion dazu entschlossen, die Katastrophe so zu zeigen, wie sie wirklich ist", steht in einem Kommentar neben dem Foto. Denn das Bild "vom geöffneten Laderaum des Todes-Lkw ist ein erschütterndes Zeitdokument".

Beim Österreichischen Presserat waren mehr als 30 Beschwerden eingegangen. Geld will die "Krone" mit dem Foto nicht verdient haben. Im "Kurier" (online, Anm.) wird Krone-Multimedia-Chefredakteur Richard Schmitt zitiert: "Die Krone wird den Beitrag der Bild verdoppeln und als Spende für die Flüchtlingsbetreuung an NGOs weitergeben."

Italienischer Außenminister: Bewusstsein gewandelt

Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni glaubt, dass das Flüchtlingsdrama auf der A4 den Regierungschefs der EU klar gemacht hat, dass die massive Flüchtlingswelle ein gesamteuropäisches Problem sei. "Bis vor Kurzem war man noch überzeugt, dass die Flüchtlingskrise ein italienischer und griechischer Notstand sei. Jetzt gibt es das Bewusstsein, dass Problem ganz Europa betrifft", so Gentiloni.

"In den letzten zwei Monaten hat sich das Bewusstsein auf beachtliche Weise gewandelt: Regierungen, die sich gegen das Prinzip der Verteilung der Flüchtlinge gewehrt hatten, wie Österreich und Slowenien, haben ihre Position geändert", sagte der Außenminister in einem Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" am Samstag.

"Als der Lkw auf der A4 entdeckt wurde, war ich beim Westbalkan-Gipfel in Wien. Es genügte, die Gesichter der Kollegen zu sehen, um zu begreifen: Wir sind alle von der Flüchtlingsproblematik betroffen", fügte Gentiloni hinzu.

Der italienische Minister drängte auf eine Revision des Dubliner Abkommens. "Man muss die vor 25 Jahren entworfene Regeln ändern, indem schrittweise eine neue Logik eingeführt wird: Flüchtlinge landen nicht in Italien, Griechenland, Ungarn, oder wohin sie die Geografie, oder das Schicksal hinkommen lassen, sondern in Europa. Das bedeutet, dass ein in allen Ländern gültiges europäisches Asylrecht eingeführt werden muss", betonte Gentiloni. Auch die Abschiebung von Migranten ohne Asylrecht solle auf europäischer Ebene beschlossen werden.

Kommentare

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ein steht fest: die ungarische polizei und justiz sind 1000mal effektiver als unsere. in österreich würde die "grossfahndung" noch immer laufen. ganz zu schweigen von u-haft. gratulation ungarn!!!!!!!!!!!!!

strizzi1949
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Wenn es Ihnen in Ungarn besser gefällt, warum hauen Sie nicht ab, dorthin? Aber ich weiß schon, im relativ sicheren Österreich sitzen und auf alles rundherum schimpfen! Sie sind ein primitiver Nestbeschmutzer! Sowas, wie sie gehört aus Österreich rausgeschmissen, wo es Ihnen doch überall anders besser gefällt!

11223344 melden

werter strizzi, wenn dir etwas nicht passt wie ein vernünftiger österreicher denkt dann hau doch selber ab!!!! keine braucht individuen die dauernd andere beschimpfen nur weil sie ihren minderwertigen iq nicht im zaum halten können. es ist nun mal so dass die österreichischen behörden mehr reden als handeln und ungarn handelt nun mal. aber dass sind die meisten ja nicht gewohnt oder strizzi?????

parteilos melden

Was noch dazu kommt ist die Tatsache, dass die Steuerzahler, so wie sie es bezeichnen, für ihre "Dummheit", Gerichte, Gutachten, Versorgung und und und aufkommen müssen. Wie lange sollen wir uns das noch gefallen lassen? Wir zahlen genug Steuern. Unsere Gebühren erhöhen sich Tag für Tag, nur das wir andere unterstützen, aushelfen oder deren Scherben kleben.

strizzi1949
strizzi1949 melden

Bevor Sie hier weiter motzen, wieviel Steuern zahlen Sie denn? Ich zahle auch Steuern und bin auch mit manchem nicht einverstanden, aber ich bit trotzdem froh, in Österreich zu leben! Es wäre gut, wenn ewig nörgelnde Nestbeschmutzer, wie Sie, unser schönes Land verlassen würden! Hauen Sie ab! Sie müssen NICHT hier wohnen!

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Ich glaube ich zahle, wohl mehr Steuern als sie in ihrem Leben verdienen werden. Die Zahl der im Umlauf befindlichen dummen Individuen (denken sie was sie wollen )wird leider unterschätzt. Wirtschaftliches Denken ist kein Nörgeln, Steuern bedeutet Geld, Richtige Verwendung ist Erfolg, Geld ist Liquidität und ist Handlungsfähigkeit und der Überlebensfähigkeit eines Staates.

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Wenn sie diskutieren wollen dann suchen sie sich Personen mit denen sie ihre Beleidigungen und ihren geistigen Horizont teilen können, hier, so meine ich, sind sie fehl am Platz.

Roland Mösl

Die außergewöhnliche Dummheit der Verbrecher. Es bedarf weniger Minuten im Internet zu suchen: Ein Mensch atmet in Ruhe 15 Liter CO2 pro Stunde aus, 8% CO2 sind in weniger als 1 Stunde tödlich.

Bei 0,5 m³ pro Flüchtling ist die tödliche Konzentration in wengier als 3 Stunden erreicht.

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