Ausnahmezustand
am Wiener Westbahnhof

Bis zu 3.400 Flüchtlinge am Areal - Empfangen von einer Welle der Hilfsbereitschaft

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    Flüchtlinge treffen in Österreich ein

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    Flüchtlinge treffen in Österreich ein

Trotz des enorm dichten Gedränges auf den Bahnsteigen war die Stimmung niemals aufgeladen - im Gegenteil, die Erleichterung, endlich auf der letzten Etappe ihrer Reise zu sein, ließ unter den Flüchtlingen beinahe so etwas wie Fröhlichkeit aufkommen. Dazu trugen auch zahlreiche freiwillige Helfer bei, die die Ankommenden mit Lebensmitteln, "Refugees-Welcome"-Schildern und Hygieneartikeln empfingen. "Die Stimmung ist trotz allem wirklich gut", schilderte eine Arabisch-Deutsch-Dolmetscherin.

Die Strapazen der vergangenen Woche waren den Flüchtlingen natürlich dennoch anzusehen. Gezeichnet, müde und abgekämpft saßen und lagen sie auf den Bahnsteigen. Und immer wieder berichteten sie davon, wie schlecht sie die ungarische Polizei behandelt hat. "Sie haben uns geschlagen. Die Polizei in Ungarn war wirklich schlecht. Hier sind dafür sehr gut", meinte ein Flüchtling.

»Vielen Dank Österreich, die Bevölkerung war wirklich großartig.«

Trotz des warmen Empfanges wollten die Migranten nicht in Österreich bleiben, ihr Ziel war weiterhin Deutschland. "Vielen Dank an Österreich, die Bevölkerung war wirklich großartig, aber ich muss einfach nach Deutschland", sagte ein Syrer.

Die größte Sorge der Ankommenden war es dann auch, ein Ticket für die Weiterfahrt zu ergattern. Obwohl die ÖBB angekündigt hatten, die Züge nicht zu kontrollieren, wollten viele sichergehen und suchten mit großen Schildern nach Tickets. Sogar als ihnen von Helfern erklärt wurde, dass sie keine Fahrkarte brauchen, blieben viele - wohl nicht zuletzt wegen ihrer Erfahrungen der vergangen Tage - skeptisch. "Sind Sie wirklich sicher? Sie versprechen das?"; vergewisserten sie sich immer wieder.

»Es leben die österreichischen Politiker!«

Wie groß die Dankbarkeit der Menschen am Wiener Westbahnhof war, spürte vor allem Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die bei ihrem Besuch am Bahnhof geradezu gefeiert wurde. Die Menschen bedankten sich, schüttelten ihr die Hände und beschrieben ihren beschwerlichen Weg nach Österreich. Zum Schluss riefen viele Migranten einen Satz, den heimische Politiker in letzter Zeit nicht allzu oft zu hören bekommen hatten: "Es leben die österreichischen Politiker!"

DIE EREIGNISSE DES TAGES

17:04 | Mehr Züge auch am Sonntag

Die ÖBB haben am Samstag angekündigt, auch am Sonntag den Zugsverkehr mit erhöhter Kapazität zu führen. Auch der Shuttle-Betrieb zwischen Nickelsdorf und dem Wiener Westbahnhof soll am Sonntag weitergeführt werden, sagte ÖBB-Sprecherin Sonja Horner. Der Direktverkehr nach Budapest blieb weiterhin unterbrochen. Züge kehrten wie bereits am Freitag in Hegyeshalom um. Wann die Direktverbindung wieder aufgenommen werden kann, war vorerst nicht absehbar. Auch am Sonntag soll es einen kulanten Umgang bei der Ticketkontrolle geben.

Der normale Bahnbetrieb konnte am Samstag trotz der Ankunft tausender Flüchtlinge am Westbahnhof weitgehend aufrechterhalten werden, sagte Horner. Es kam jedoch zu Verspätungen. Im Laufe des Nachmittags entspannte sich die Lage am Westbahnhof leicht. Gegen 17.00 Uhr befanden sich bereits weniger als 600 Flüchtlinge am Bahnhof. "Wir beobachten die Situation weiterhin genau, es kann jederzeit wieder zu einem vermehrten Flüchtlingszustrom kommen", betonte die Sprecherin.

Für die Nacht standen am Wiener Westbahnhof rund 400 Plätze zur Verfügung, am Wiener Hauptbahnhof waren es rund 150. In Linz stellten die ÖBB rund 450 Schlafmöglichkeiten zur Verfügung, in Salzburg gab es Platz für 850 Personen.

16:56 | Deutschland bereitet sich vor

Bayern hat am Samstag die bisher wohl größte Zahl von Flüchtlingen registriert, die über Ungarn und Österreich nach Deutschland einreisten. Am Mittag traf der erste Sonderzug mit etwa 250 Asylbewerbern ein. Im Stundentakt kamen danach weitere Züge mit jeweils mehreren hundert Flüchtlingen vor allem aus Syrien an.

Die Behörden rechneten mit 5.000 bis 7.000 Menschen, sagte Oberbayerns Regierungspräsident Christoph Hillenbrand. Die bayerische Landeshauptstadt wird so mehr und mehr zur ersten Anlaufstelle von Flüchtlinge in ganz Deutschland. Wie schon in den Tagen zuvor versorgten Dutzende freiwillige Helfer die teils erschöpften Menschen, darunter viele Kinder, mit Essen und Getränken. Bundespolizisten übernahmen die erste Registrierung der Flüchtlingen. Sie sollen auf das ganze Land verteilt werden.

16:51 | 250 Menschen heute Abend in Linz erwartet

250 Flüchtlinge sollen Samstagabend vorübergehend in die ehemalige Linzer Tabakfabrik einziehen. Das Rote Kreuz Oberösterreich rechnet damit, dass die im Burgenland Festgesessenen gegen 19.00 Uhr in Linz eintreffen, teilte deren Pressesprecher Stefan Neubauer mit. Fünf Busse werden erwartet. Um 17.00 Uhr begann die Hilfsorganisation mit dem Aufbau der Betten. Im Notfall könnten dort 500 Menschen unterkommen. Wegen des Flüchtlingsandrangs aus Ungarn hatte am Samstag in Oberösterreich der Krisenstab mit Vertretern des Roten Kreuzes, der Feuerwehr, der Landespolizeidirektion sowie des Landes OÖ getagt.

In Abstimmung mit dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) wurde vereinbart, dass die Stadt in der Tabakfabrik bis zu 500 Personen aufnehmen werde, hieß es in einer Presseaussendung der zuständigen Landesrätin Gertraud Jahn (SPÖ). Man gehe davon aus, dass die Flüchtlinge in den nächsten Tagen nach Deutschland weiterreisen werden. Das Rote Kreuz wird bis dahin die medizinischen Versorgung und die Verpflegung übernehmen, so Neubauer.

15:50 | Die Welt schaut auf Österreich

15:45 | Lage in Nickelsdorf ruhig

Die News-Redakteurin Nina Strasser machte sich vor Ort ein Bild der aktuellen Lage in Nickelsdorf. Wie sie berichtet, geht es dort recht ruhig zu. Die Flüchtlinge werden mit Essen versorgt. Sie sind dankbar und glücklich, dass sie in Österreich willkommen geheißen werden.

Flüchtlinge in Nickelsdorf
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Auch Schuhe werden verteilt. Viele der Flüchtlinge traten die Reise von Ungarn nach Österreich zu Fuß an.

Flüchtlinge in Nickelsdorf
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Die Kinder bekommen Spielzeug.

Flüchtlinge in Nickelsdorf
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Flüchtlinge in Nickelsdorf
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15:40 | Schönborn in Nickelsdorf

Auch Kardinal Christoph Schönborn machte sich Samstagnachmittag in der Nova Rock-Halle in Nickelsdorf einen Eindruck von der Situation an Ort und Stelle: "Eines funktioniert: Die ehrenamtliche Hilfe und die Hilfe unserer Organisationen Caritas, Samariterbund und allen voran des Roten Kreuzes sowie der Blaulichtorganisationen."

"Es gibt unglaublich viel Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Ich glaube, der Schock war der Tod der 71 Flüchtlinge. Ich glaube, da haben sehr, sehr viele Menschen in unserem Land gemerkt, das (der Umgang mit den Flüchtlingen, Anm.) ist unerträglich. Bei vielen rührt sich einfach die elementare Menschlichkeit. Diese Leute haben genauso Ängste, Sorgen, Hoffnungen."

Es sei eine verständliche Sorge da, aber kein Grund zur Panik, so Schönborn. "Nur ein Prozent der weltweiten Flüchtlinge drängen nach Europa. Im Vergleich zur europäischen Bevölkerung ist der Flüchtlingsstrom, den wir heuer zu erwarten haben, nur ein Promille."

Im Gespräch mit dem Kardinal erläuterte Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes die aktuelle Situation. So befänden sich derzeit rund 250 Flüchtlinge in der Nova Rock-Halle. An Sachspenden gebe es derzeit genug, alles verlaufe sehr ruhig, die Leute seien gefasst. Wichtig sei es zu informieren, dass die Situation eine vorübergehende ist. Einzig die sanitären Anlagen bereiten derzeit Sorge, so der Generalsekretär.

Anschließend suchte der Kardinal den persönlichen Kontakt mit den Flüchtlingen, indem er sie nach ihrem Befinden, ihrer Herkunft und Flucht befragte und ob sie etwas brauchten.

15:11 | Ausnahmezustand am Westbahnhof

Am Wiener Westbahnhof hat am Samstag Ausnahmezustand geherrscht. Bis zu 3.400 Flüchtlinge hielten sich gleichzeitig auf dem Areal auf. Empfangen wurden sie von einer Welle der Hilfsbereitschaft.

Trotz des enorm dichten Gedränges auf den Bahnsteigen war die Stimmung niemals aufgeladen - im Gegenteil, die Erleichterung, endlich auf der letzten Etappe ihrer Reise zu sein, ließ unter den Flüchtlingen beinahe so etwas wie Fröhlichkeit aufkommen. Dazu trugen auch zahlreiche freiwillige Helfer bei, die die Ankommenden mit Lebensmitteln, "Refugees-Welcome"-Schildern und Hygieneartikeln empfingen. "Die Stimmung ist trotz allem wirklich gut", schilderte eine Arabisch-Deutsch-Dolmetscherin.

14:58 | Österreich soll zusätzlich 3.640 per EU-Quote aufnehmen

Österreich soll nach dem jüngsten Verteilungsschlüssel der EU-Kommission zusätzlich 3.640 Flüchtlinge aus Italien, Griechenland und Ungarn aufnehmen. Insgesamt will die EU-Kommission - zusätzlich zu den bereits vorgeschlagenen 40.000 - weitere 120.000 Asylbewerber aus unsicheren Herkunftsländern wie Syrien innerhalb der EU umverteilen. Davon sollen 54.000 aus Ungarn, 50.400 aus Griechenland und 15.600 aus Italien kommen. Österreich soll laut den Plänen der EU-Kommission davon 1.638 aus Ungarn aufnehmen, 1.529 aus Griechenland und 473 aus Italien.

14:48 | Schönborn und Mikl-Leitner in Nickelsdorf

Kardinal Christoph Schönborn wird heute, Samstag, um ca. 15.00 Uhr, in der Nova Rock Halle in Nickelsdorf, erwartet, wo er sich ein Bild der Lage über die ankommenden Flüchtlinge verschaffen will. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist am Weg zur ehemaligen Grenzstation Nickelsdorf, wo sie zwischen 15.15 und 15.30 Uhr ankommen soll.

14:44 | Soldaten an Ungarns Südgrenze

Wegen des Zustroms von Flüchtlingen nach Ungarn will die Regierung in Budapest Soldaten an die Grenze im Süden des Landes verlegen. Ab dem 15. September sollten dort zunächst Polizisten eingesetzt werden, sagte Premier Viktor Orban am Samstag. Das Militär solle folgen, wenn das Parlament dem zustimme. "Wir werden die Grenze Schritt für Schritt unter Kontrolle bringen."

14:37 | Mikl-Leitner am Westbahnhof

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist am Samstagnachmittag zum Wiener Westbahnhof gekommen. Dort sprach sie auch mit Flüchtlingen, sie bedankte sich bei den zahlreichen freiwilligen Helfern. Das Vorgehen von Ungarn bezeichnete sie als "schwer nachvollziehbar" und "nicht zufriedenstellend". Die Zusammenarbeit sei "äußerst schwierig", sagte die Ministerin gegenüber Journalisten.

"Mein Herz bebt, wenn ich dieses Leid sehe. Wenn Menschen so lange auf der Flucht sind und erschöpft nach Österreich kommen", sagte Mikl-Leitner. Hier seien die Flüchtlinge "in Sicherheit". 6.500 Menschen seien am Samstag bereits nach Österreich gekommen, 2.200 bereits nach Deutschland gereist. Die Zusammenarbeit zwischen ÖBB, Hilfsorganisationen und Polizei sei "großartig. Es funktioniert wirklich reibungslos trotz tausender Menschen", sagte die Innenministerin.

Auf die Frage, wie lange die Grenzen offen bleiben, verwies Mikl-Leitner darauf, dass dies "eine Notsituation ist". "Ungarn muss nun endlich seinen humanitären Geist walten lassen", sagte die Ministerin. Dublin-III "hat viele, viele Fehler". Die Forderung sei, "eine Verbesserung auf den Weg zu bringen. Dublin zeigt, dass es nicht gelingt, zu einer fairen Verteilung zu kommen. Das heißt, es braucht eine neue Strategie", sagte Mikl-Leitner.

Die Ministerin wiederholte ihre Forderung nach Anlaufstellen an den europäischen Außengrenzen. Im zweiten Schritt seien "Kriege zu befrieden". "Es sind viele Schritte, die zu tun sind." Mikl-Leitner erwartete "klare Entscheidungen innerhalb der nächsten Wochen". "Anlaufstellen an den europäischen Außengrenzen umzusetzen ist in kurzer Zeit machbar und schaffbar", sagte sie.

14:18 | Polen will nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen

Trotz der dramatisch wachsenden Zahl von Flüchtlingen in Europa will Polen keine zusätzlichen Migranten aufnehmen. Regierungschefin Ewa Kopacz betonte nach einer Sitzung des Krisenrats zu Flüchtlingen, Polen bleibe bei der Aufnahme von 2.000 Menschen.

"Ich werde keine Maßnahmen ergreifen, die unser Leben und die wirtschaftliche oder soziale Sicherheit des Landes und unserer Bürger destabilisieren könnten", sagte sie am Samstag in Warschau. Polen lehnt verpflichtende Aufnahmequoten ab und wird vor allem von westeuropäischen Staaten für seine Haltung kritisiert.

14:11 | 500 Flüchtlinge in Linzer Tabakfabrik

In Linz bereiten sich die Einsatzkräfte auf die Ankunft von 500 Flüchtlingen vor, die vorübergehend in der Tabakfabrik untergebracht werden sollen. Wie der ORF Oberösterreich berichtet, sollen die Flüchtlinge laut Bürgermeister Klaus Luger mit Bussen nach Linz gebracht werden.

Sie saßen am Samstag noch im Burgenland fest, weil auch die ÖBB gar nicht die Kapazitäten hatten, die Flüchtlinge zu transportieren, sagte Luger. Die Bundespolizei, das Innenministerium und die Hilfsorganisation seien in dieser Aktion involviert. Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck bestätigt, dass derzeit eine Begehung der Unterkunft zusammen mit dem Roten Kreuz stattfinde. In der Tabakfabrik werden Betten aufgestellt. Noch könne man nicht sagen, ob sie zwei oder drei Tage bis zur Weiterreise nach Deutschland in Linz bleiben werden, erklärte der Bürgermeister.

14:07 | 3.400 Flüchtlinge in Wien angekommen

Gegen 13.30 Uhr sind am Wiener Westbahnhof bereits rund 3.400 Flüchtlinge aus Ungarn angekommen. Sie erreichten die Bundeshauptstadt in Zügen der ÖBB sowie 36 Bussen, sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Hahslinger verwies erneut darauf, dass keine Sachspenden mehr zum Bahnhof gebracht werden sollen, auch Freiwillige waren genügend an Ort und Stelle. Gesucht wurden Samstagnachmittag lediglich noch Dolmetscher.

14:05 | München: Weniger Personen als erwartet

Der erste Sonderzug mit Flüchtlingen, der am Samstagmittag am Münchner Hauptbahnhof eintraf, hatte weniger Flüchtlinge an Bord als zunächst gedacht. Entgegen den früheren Annahmen der Behörden kamen nicht 450 Migranten, sondern etwa 200 bis 250 in München an. Diese Zahl nannte ein Sprecher der Bundespolizei der Deutschen Presse-Agentur.

Der Zug war ohne Stopp von Österreich (Wien, Salzburg) in die bayerische Landeshauptstadt gefahren. Bereits zuvor waren seit Mitternacht in mehreren anderen Zügen etwa 350 Flüchtlinge eingetroffen. Die Behörden rechnen insgesamt mit mehreren tausend Flüchtlingen, die im Laufe des Wochenendes am Münchner Hauptbahnhof eintreffen werden. Allein am Samstag könnten bis zu 7.000 Menschen ankommen, hieß es.

Nach ihrer Ankunft am Münchner Hauptbahnhof wurden die Flüchtlinge mit der S-Bahn bis zur Donnersberger Brücke gebracht, wo sie zunächst versorgt wurden. Zelte, die zuvor auf dem Vorplatz des Bahnhofs aufgebaut worden waren, kamen nicht zum Einsatz. Ein Großteil der Flüchtlinge stamme aus Syrien, sagte der Sprecher der Bundespolizei nach einer ersten Einschätzung. Es seien Familien mit Kindern darunter. Viele von ihnen seien "sehr müde und sehr geschafft" am Hauptbahnhof in München angekommen. Dortblieb seinen Angaben zufolge "alles friedlich".

13:54 | Übernachtung in Salzburg

Während der Salzburger Hauptbahnhof derzeit von den Flüchtlingen nur zum Umsteigen genutzt wird, könnte sich dies bis in die Abendstunden ändern. Die Einsatzkräfte am Bahnhof machen sich intensive Gedanken über das weitere Vorgehen, da der Münchner Bahnhof bereits an seine Kapazitätsgrenzen stoße.

Das gestern eröffnete Flüchtlingsquartier in Salzburg Kasern sei für die Flüchtlinge aus den Zügen derzeit kein Thema, heißt es von der Salzburger Polizei. Aufgrund der Erfahrungen in Ungarn würden sie nicht freiwillig in Busse steigen, um in ein Lager gebracht zu werden. Laut Amt für öffentliche Ordnung seien die Kapazitäten am Bahnhof auf 500 Personen beschränkt, zudem soll es ein weiteres Zelt des Roten Kreuzes geben, das in den nächsten Stunden beim Bahnhof aufgestellt werden soll.

Der nächste reguläre Railjet wird leicht verspätet gegen 14.00 Uhr erwartet. 20 Minuten später ein Sonderzug, der aber nach Deutschland durchgewunken wird.

13:53 | Zwischenstation in Salzburg

Zu Mittag ist ein weiterer Zug mit Flüchtlingen am Salzburger Hauptbahnhof eingetroffen. Die jungen Männer und Familien stiegen aus dem regulären Intercity Zug aus Wien und wurden zu einer Garnitur der Privatbahn Meridian, die auf die Flüchtlinge wartete, zum Umsteigen geleitet.

Dem Meridian Personal seien 300 Menschen angekündigt gewesen, es dürften dann aber deutlich mehr gewesen sein. Die Flüchtlinge wurden im gesamten Zug verteilt, obwohl es vorerst geheißen habe, es sei ein eigener Waggon für Flüchtlinge reserviert. Menschen wurden mit Getränken, Lebensmittel, Schuhen und Jacken versorgt. Auch Dolmetscher waren im Einsatz. Um 13.18 Uhr fuhr der Meridian schließlich nach München ab.

13:49 | Innere und äußere Wunden

Das Rote Kreuz (RK) ist am Grenzübergang Nickeldorf mit 100 Helfern, darunter Kinderärzte und sieben Notärzte, im Einsatz, die im Schichtbetrieb arbeiten. "Wir haben eine zwei Tage alte Schussverletzung behandelt. Wir sehen Verletzungen an den Augen durch Blendgranaten. Wir sehen Hämatome. Wir sehen auch Kinder mit Hämatomen", sagte Sprecher Andreas Zenker.

Neben einer Station, an der Lebensmittel und Kleidung ausgegeben werden, hat das RK eine Sanitätsstation aufgebaut. Mehrere Flüchtlinge seien in der Nacht und am Vormittag in Krankenhäuser gebracht worden, sagte Zenker. "Aber die meisten Menschen beißen die Zähne zusammen. Sie wollen sofort weiter." Schlimm sei die Situation für viele Flüchtlinge in der Nacht gewesen. "Die Leute waren teilweise drei Stunden im Regen zu Fuß unterwegs und haben zwölf Kilometer gehen müssen", berichtete der RK-Sprecher. Die Folgen waren unter anderem Unterkühlungen und Erschöpfung - Kinder wurden getragen oder stapften selber Richtung Österreich. Sie bekamen zuallererst Tee und Decken. Zu essen gab es unter anderem Topfengolatschen.

13:44 | Fußballfans bitte in Hütteldorf aussteigen

Angesichts der erwarteten Sonderzüge mit Flüchtlingen am Wiener Westbahnhof haben die ÖBB Besucher des Fußball-EM-Qualifikationsspiels Österreich gegen Moldau am Samstag im Wiener Ernst-Happel-Stadion dazu aufgerufen, bereits in Hütteldorf auszusteigen. "Aufgrund der Situation mit Flüchtlingen am Westbahnhof bitten wir euch, schon in Hütteldorf auszusteigen", teilten die ÖBB auf ihrer Website mit. Von dort sollen die Länderspiel-Besucher mit der U-Bahn weiterfahren. Alle Züge würden in Hütteldorf stehen bleiben, hieß es weiter. Anpfiff zum EM-Quali-Match ist um 20.45 Uhr.

13:27 | "Thank you" und Seifenblasen

So viele "Thank you" wie am Grenzübergang Nickelsdorf haben österreichische Polizisten vermutlich noch nie zu hören bekommen. "Nach den Tagen voller Angst, als man nie wusste, was geschehen wird, tut es gut, von lächelnden Menschen empfangen zu werden", sagte ein Syrer, der am Samstag aus Ungarn gekommen war und auf dem Platz vor dem alten Zollamt auf die Weiterreise Richtung Deutschland wartete.

Momente der Idylle schlichen sich ein: Kinder bekamen ein bisschen Spielzeug spendiert, zwei Mädchen saßen selbstvergessen auf Dekorsteinen und produzierten Seifenblasen. Ihre Mutter packte unterdessen um - das Rote Kreuz versorgte die Flüchtlinge mit sauberem Gewand. Die Menschen wechselten zum Teil hinter Decken als improvisiertem Lichtschutz die Kleidung. Da der Platz für Gepäck beschränkt war, durfte nur das unbedingt Nötigste mitgenommen werden.

Einen Ansturm gab es auf Kakao, den eine Frau aus Deutschland mit privaten Helfern organisiert hatte. "Wir hatten ein Seminar in Zalakaros (südwestlich des Plattensees, Anm.) und wollten ursprünglich nach Budapest fahren, um Flüchtlinge zu unterstützen. Als wir gehört haben, dass die Menschen nach Österreich fahren, haben wir umdisponiert", sagte die ältere Dame, die ihren Namen mit dem Hinweis, der tue nichts zur Sache, nicht nannte. Neben Kakao brachte die Privatinitiative Wasser, Milch und Hygienetücher.

13:21 | Die Lage in Nickelsdorf

13:10 | Bures von Hilfsbereitschaft beeindruckt

Nationalratspräsidentin Doris Bures hat sich von der Solidarität der Helfer angesichts der Flüchtlingsströme in Österreich beeindruckt gezeigt. "Ich bin wirklich zutiefst beeindruckt über die Hilfsbereitschaft aller hier", sagte sie bei einem persönlichen Besuch am Westbahnhof in Wien. "Ich bin stolz, Österreicherin sein zu dürfen und das zu sehen, wie hier geholfen wird", so Bures. Gemeinsam mit Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser wollte sich die Nationalratspräsidentin ein Bild der Lage vor Ort verschaffen. "Man sieht, dass Österreich zu Recht in der Welt den Ruf hat, ein humanitäres, ein soziales Land zu sein", so Bures. Auch Oberhauser sprach allen Freiwilligen ihren Dank aus.

13:02 | Erste Ankömmlinge in München

Auf dem Hauptbahnhof in München sind Samstag die ersten Flüchtlinge angekommen, die von Ungarn über Österreich nach Deutschland gereist sind. 381 Menschen seien in verschiedenen Zügen angekommen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei auf dem Hauptbahnhof. Ein Sonderzug mit 400 bis 500 Flüchtlingen sei für 13.00 Uhr angekündigt, ein weiterer werde erwartet.

Die Zahl der Flüchtlinge darin sei aber noch unklar. Darüber hinaus kommen bis Samstagabend zwölf reguläre Züge aus Österreich in München mit Flüchtlingen in jeweils dreistelliger Zahl an, wie der Sprecher der Bundespolizei weiter sagte. Ob noch weitere Sonderzüge geplant seien, sei bisher nicht bekannt.

12:57 | Mikl-Leitner am Westbahnhof

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wird angesichts der Flüchtlingswelle ab 13.30 Uhr den Wiener Westbahnhof besuchen. Danach wird sie zum Grenzübergang Nickelsdorf aufbrechen, kündigte ihr Sprecher an.

12:57 | Zweiter Sonderzug von Wien abgefahren

Gegen Mittag ist ein weiterer Sonderzug mit Platz für 600 Menschen von Wien über Salzburg nach Deutschland abgefahren, berichtete ÖBB-Sprecher Rene Zumtobel. Insgesamt werde die ÖBB auf allen betroffenen Strecken 4.600 zusätzliche Sitzplätze zur Verfügung stellen, kündigte Zumtobel an.

Am Salzburger Hauptbahnhof ist unterdessen ein regulärer Railjet aus Wien kommend nach Zürich bereits wieder abgefahren. In dem Zug befanden sich offenbar nur einzelne Flüchtlinge. Ein Anschlusszug der Privatbahn Meridian nach München hat vergeblich auf ankommende Flüchtlinge gewartet. "In Wien wird versucht, die Leute in die Sonderzüge zu leiten", sagt Zumtobel. So könnten der Ansturm besser kanalisiert und die Weiterfahrt organisiert werden. Der Sonderzug, der bereits in Wien abgefahren ist, werde nach Deutschland weiterfahren.

Laut Aussendung des Landes Salzburg haben heute bereits rund 1.000 Flüchtlinge den Hauptbahnhof Salzburg Richtung Deutschland passiert. Bisher haben zwei Personen um Asyl angesucht. Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) der für die Koordinierung zuständig ist, bittet die hilfsbereiten Menschen Spenden nicht direkt zu den Zügen zu bringen, um weiterhin einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. "Es ist wichtig die Verkehrswege und Bahnhöfe freizuhalten", sagt Schwaiger.

In der Mittagszeit war es ruhig am Salzburger Hauptbahnhof. Es befinden sich mehr Helfer als Flüchtlinge im Bahnhofsgebäude. Einkaufswagen mit Lebensmitteln und Getränken für die Flüchtlinge standen ebenso bereit wie Notbetten. Neben Freiwilligen und Helfern von Caritas, Rotem Kreuz und muslimischer Jugend engagiert sich auch Polit-Prominenz am Bahnhof, etwa ehemalige ÖVP-Politikerin Doraja Eberle oder Neos-Nationalratsabgeordneter Sepp Schellhorn.

12:41 | Situation auf Schiene und Straße im Griff

Infrastrukturminister Alois Stöger (SPÖ) hat Samstagmittag betont, dass derzeit sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene die Lage trotz des Flüchtlingsstroms aus Ungarn im Griff ist. Für den Fall, dass mehr Asylsuchende kommen, als vorerst absehbar ist, habe man für Reserven gesorgt. Derzeit komme man mit den regulären Zügen aus.

12:41 | Rund 100 Personen medizinisch versorgt

Mitarbeiter des Wiener Sanitätsdienstes der "4 für Wien" (Arbeiter Samariterbund, Johanniter, Malteser und Österreichisches Rotes Kreuz) haben am Samstag bereits rund 100 angekommene Flüchtlinge auf dem Wiener Haupt- und Westbahnhof medizinisch versorgt. "Der Großteil wurde ambulant behandelt, sagte Ronald Packert, Sprecher der Wiener Berufsrettung. Die Flüchtlinge litten unter Erschöpfungszuständen, Kreislaufproblemen und psychischen Belastungen. Ein Teil der Betroffenen wurde auch ins Krankenhaus gebracht.

12:34 | Lage ruhig und geordnet

Am Samstagnachmittag sind am Wiener Westbahnhof vier Züge mit insgesamt 1.000 Flüchtlingen erwartet worden, wie Polizeisprecher Roman Hahslinger sagte. Gegen 12.00 Uhr waren knapp bereits 3.000 Menschen am Wiener Westbahnhof angekommen. Zuletzt stiegen aus einem Zug aus Nickelsdorf gegen 12.00 Uhr 300 weitere Flüchtlinge. "Die Lage ist ruhig und geordnet", sagte Hahslinger.

Man sei bemüht, Transportmöglichkeiten für all jene, die weiter nach Deutschland wollen, zu finden. Zahlreiche Flüchtlinge hatten sich am Samstag auch auf den Bahnsteigen niedergelassen, nach wie vor versorgten unzählige Freiwillige die Angekommenen. Beim Spendenannahmelager der Caritas herrscht enormer Andrang. Neuerlich wies die Caritas darauf hin, dass aktuelle weder Sachspenden noch freiwillige Helfer benötigt werden.

12:29 | Hunderte zu Fuß unterwegs

Hunderte Migranten sind am Samstagmittag vom Budapester Ostbahnhof in Richtung Westen losmarschiert, berichtet der Fernsehsender ATV. Vor allem junger Männer bildeten den Zug bilden, Familien mit Kleinkindern seien eher die Ausnahme. Diese Aktion ähnele jener vom Freitag, als Tausende Migranten den Bahnhof verließen und inzwischen in Österreich ankamen. In der Transitzone des Bahnhofs würden sich nur noch wenige Flüchtlinge befinden, hieß es.

12:27 | 6.500 Flüchtlinge angekommen

Seit den frühen Morgenstunden sind bereits 6.500 Flüchtlinge aus Ungarn in Österreich angekommen, das hat das Innenministerium Samstagmittag über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt. "Nahezu alle wollen nach Deutschland weiterreisen. Die Weiterreise wird ihnen ermöglicht", hieß es.

Insgesamt erwartet Österreich im Rahmen der aktuellen Flüchtlingswelle aus Ungarn bis zu 10.000 Menschen, hatte es vorher bereits geheißen. Seitdem die Regierungen in Wien und Berlin Freitagabend zugesagt, die Flüchtlinge einreisen zu lassen, treffen laufend Flüchtlinge im Burgenland ein. Tausende wurden mit Bussen von der ungarischen Regierung dorthin gebracht. Unterdessen machte sich in Budapest erneut hunderte Flüchtlinge zu Fuß Richtung Westen auf.

12:03 | Faymann gibt keine Prognosen

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kann nicht sagen, wie lange die "Ausnahmesituation" mit der offenen Grenze Richtung Ungarn noch andauern wird. Im Gespräch mit Journalisten am Rande des SPÖ-Themenrats konnte er auch nicht genau beziffern, wie viele Flüchtlinge er in den kommenden Tagen erwarte bzw. wie viele von diesen in Österreich bleiben wollten.

12:03 | Faymann: "Balken auf für die Menschlichkeit"

Bundeskanzler Werner Faymann hat am Samstag bei SPÖ-Themenrat betont, dass in der Flüchtlingsfrage Haltung zu zeigen sei. "Balken auf für die Menschlichkeit" nannte er als Devise für die Öffnung der Grenzen in der vergangenen Nacht für die tausenden aus Ungarn in den Westen strömenden Asylsuchenden.

Faymann betonte, dass er angesichts der dramatischen Situation in Ungarn gestern Abend genau gewusst habe, was zu tun sei:: "nämlich die deutsche Kanzlerin anrufen". Auch Merkel habe dann gesagt, die Balken müssten rauf. So habe man es gemeinsam geschafft, eine Einigung zustande zu bringen, bevor der erste Bus mit Flüchtlingen an der österreichischen Grenze angekommen sei.

Scharfe Kritik übte der Kanzler einmal mehr am ungarischen Premier Viktor Orban. Dieser sei nicht aus der Verpflichtung zu lassen. Denn mit Stacheldraht sei keine Lösung zu schaffen: "Ein Stacheldraht ist keine Empfangsstelle für Menschen, die um ihr Leben fürchten." Was es brauche, seien gemeinsame EU-Asylzentren, wo man die Menschen nicht mit Hass und Ablehnung empfange sondern mit der notwendigen Fürsorge. Für die EU stelle sich die Frage: Gebe man den Friedensnobelpreis zurück oder zeige man, wie man mit Flüchtlingen, die Recht auf Asyl hätten, ordentlich umgehe.

11:50 | Sonderzug nach Deutschland durchgefahren

Am Münchner Hauptbahnhof ist am Samstagmittag ein erster Sonderzug mit etwa 450 Flüchtlingen angekommen. Der aus Ungarn über Salzburg kommende Zug sei gegen 13.20 Uhr eingetroffen, wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte. Der Zug war ohne Stopp von Österreich in die bayerische Landeshauptstadt gefahren. Zahlreiche Helfer reichten den Flüchtlingen im Zug Decken, warme Kleidung, Essen und Wasser. Laut Polizei hätten bisher zwei Personen am Bahnhof um Asyl angesucht.

11:50 | Großteil will weiterreisen

Der Großteil jener Flüchtlinge, die seit der Nacht von Ungarn nach Österreich kommen, will weiterreisen, vorwiegend nach Deutschland. Bis jetzt hätten etwa zehn Flüchtlinge in Österreich um Asyl angesucht, berichtete Innenministerin Johanna Mikl-Leitner Samstagvormittag.

Mehr als 3.000 Flüchtlinge hätten in der letzten Nacht Österreich erreicht. "Im Vordergrund all unserer Überlegungen steht derzeit die Gesundheit und die Versorgung dieser Menschen - die schon mehr als genug Schreckliches erleben mussten", betonte Mikl-Leitner.

Jetzt müsse "Gesamteuropa aufwachen", forderte Mikl-Leitner. "Die Träumereien müssen jetzt vorbei sein." Wer noch immer meine, mit einem Ausstieg aus der Europäischen Union oder mit einem Stacheldrahtzaun rund um Österreich sei das Problem gelöst, "der irrt", erklärte Mikl-Leitner. Es brauche mehr Europa. "Wir müssen dringend die Situation in den Flüchtlingslagern in der Krisenregion massiv verbessern. Wir müssen die Ursachen angehen, sonst wird sich nichts ändern."

11:48 | 2.300 Flüchtlinge am Westbahnhof

Bis Samstag sind bereits 2.300 Flüchtlinge am Wiener Westbahnhof angekommen. "1.500 haben den Bahnhof schon wieder Richtung Salzburg verlassen", sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Rund 800 befanden sich kurz vor 12.00 Uhr noch am Westbahnhof. "Es wird weiterhin versucht, die Ströme mit Bussen und Zügen weiterzuleiten", betonte Hahslinger. Auch jene Flüchtlinge, die am Hauptbahnhof ankamen, wurden zum Westbahnhof gebracht.

10:53 | Bayern auf Tausende Flüchtlinge vorbereitet

Am Münchner Hauptbahnhof werden Samstag im Laufe des Tages bis Mitternacht tausende Flüchtlinge erwartet, die von Ungarn via Österreich kommen. Es seien dutzende Züge größtenteils aus Österreich sowie ein kleiner Teil aus Italien angekündigt, die am Hauptbahnhof von der Mittagszeit an etwa im Zweistundentakt halten werden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in München zum aktuellen Stand.

10:53 | 4.500 an Grenze zu Österreich geführt

Geschätzte 4.500 Migranten seien in der Nacht an die Grenze zu Österreich transportiert worden. Das erklärte der ungarische Staatssekretär im Innenministerium, Karoly Kontrat, am Samstagvormittag. Laut dem Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft seien bisher 152.362 Asylanträge von Flüchtlingen registriert worden.

In den Flüchtlingslagern in Ungarn halten sich demnach derzeit 3.882 Personen auf. Laut Andras Giro-Szasz, Staatssekretär für Regierungskommunikation, beriet der operative Stab im Parlament über den Zugverkehr am Ostbahnhof. Angesichts der aktuellen Lage am Bahnhof könnten auch internationale Züge erneut nach dem bisherigen Fahrplan gestartet werden. Laut Giro-Szasz halten sich gegenwärtig 150 Migranten in der Transitzone am Ostbahnhof auf.

Im Zusammenhang mit 200 Flüchtlingen, die aus dem Flüchtlingslager Vamosszabadi bei Györ kommen und zu Fuß in Richtung österreichische Grenze unterwegs sind, erklärte Giro-Szasz, diese Migranten würden die gleiche Möglichkeit erhalten, wie die Tausenden, die mit Bussen zur Grenze gebracht wurden. Vamosszabadi sei ein offenes Lager, in dem bereits registrierte illegale Flüchtlinge untergebracht seien. Sie könnten innerhalb von 24 Stunden das Lager verlassen.

In der Transitzone am Ostbahnhof hoffen Migranten auf weitere Busse, die sie nach Österreich bringen. Dabei hatte Regierungssprecher Zoltan Kovacs auf einer Pressekonferenz angekündigt, dass zunächst keine weiteren Busse zur österreichischen Grenze abfahren.

10:46 | Shuttlezüge zwischen Nickelsdorf und Wien

Die ÖBB richteten am Samstagvormittag eine Shuttlezug-Verbindung zwischen Nickelsdorf und Wien-Westbahnhof ein. Die Garnituren sollen stündlich verkehren, sagte ÖBB-Sprecherin Sonja Horner. Zudem wird ein ICE vom Wiener Hauptbahnhof über den Westbahnhof umgeleitet. Er soll angekommene Flüchtlinge weiter nach Deutschland mit Zieldestination Frankfurt bringen.

"Wir arbeiten an zusätzlichen Kapazitäten", sagte Horner. Unterdessen war ein Großteil der Flüchtlinge bereits aus den Bussen gestiegen. Sie wurden am Bahnhof mit Applaus empfangen und von den Freiwilligen versorgt. Bezüglich der weiteren Ticketkontrollen in den Zügen kündigte Horner einen "sehr kulanten" Umgang an. "Die Sicherheit hat erste Priorität, und es geht um einen menschlichen Umgang mit den Flüchtlingen", sagte Horner.

"Viele Flüchtlinge sind erschöpft, tragen zum Teil durchnässte Kleidung", sagte Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner. Die Vorgänge am Wiener Westbahnhof bezeichnete er als koordiniert. "Ich habe das Gefühl, es wird heute ein Stück Geschichte geschrieben. Deutschland und Österreich zeigen, dass es in der aktuellen Situation zuerst um Menschlichkeit geht. Es sind Menschen, die da kommen, und es sind Menschen, die da helfen", sagte Schwertner.

10:13 | Sonderzug von Salzburg nach Deutschland

Der erste Sonderzug mit 450 Flüchtlingen, der um 10.30 Uhr in Salzburg ankommen soll, wird nach Deutschland weiterfahren. Derzeit sehe es so aus, als würde der Zug nur für fünf Minuten halten. In dieser Zeit könnten Helfer den Flüchtlingen Wasser und Versorgungspakete den in den Zug reichen.

Ein längerer Aufenthalt ist nicht geplant. Es sei auch nicht geplant, dass Flüchtlinge aussteigen. Derzeit gehe man auch davon aus, dass die zwei weiteren Züge, die nach Salzburg unterwegs sind, ebenfalls durchfahren. ÖBB-Sprecher Rene Zumtobel wies darauf hin, dass alle planmäßigen Züge ohnehin nach München weiterfahren. Bei den Sonderzügen spreche man sich mit den Kollegen der Deutschen Bahn ab.

Am Bahnhof haben sich Helfer des Roten Kreuzes, der Caritas und Freiwillige eingefunden. Auf großen Tischen in der Bahnhofshalle bereiteten sie am frühen Vormittag Versorgungspäckchen für die Flüchtlinge vor. Zahlreiche Firmen und Private hatten Spenden vorbeigebracht.

10:13 | Rund 20 Busse eingetroffen

Weit über 1.000 Flüchtlinge wurden am Samstag am Wiener Westbahnhof erwartet. Gegen 10.00 Uhr kamen nach Polizeiangaben bereits rund 20 Busse an der Bushaltestelle an. Es war geplant, dass die Flüchtlinge der Reihe nach aus den Bussen aussteigen, die Einsatzkräfte bemühten sich um ein geordnetes Vorgehen. So sollen die Busse der Reihe nach entladen werden.

Der Reihe nach stiegen Flüchtlinge aus den Zügen am Westbahnhof . Sie wurden zur Versorgungsstelle auf Bahnsteig 1 begleitet. Die ÖBB kündigten an, Sonderzüge zur Verfügung zu stellen. Wohin diese gehen sollten - ob etwa auch wie ein Zug nach Salzburg - war zunächst unklar. Der erste soll bereits vor 11.00 Uhr am Bahnhof bereitgestellt sein, sagte Georg Prack.

10:08 | Bis zu 10.000 Flüchtlinge erwartet

Das Innenministerium erwartet bis zu 10.000 Flüchtlinge, die in der laufenden Welle von Ungarn nach Österreich kommen. Rund 4.000 seien bereits in Österreich, teilte das Ressort Samstagvormittag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die Informationslage sei sehr unsicher und ändere sich ständig, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Man müsse sich aber auf eine Zahl in dieser Größenordnung einstellen.

9:56 | Heute bis zu 1.400 erwartet

Am Samstagvormittag wurden am Wiener Westbahnhof Busse mit bis zu 1.400 Flüchtlingen aus Ungarn erwartet. Das sagte Georg Prack, Landessprecher der Grünen. Er koordinierte am Westbahnhof gemeinsam mit den ÖBB den Einsatz. "Wir gehen von mindestens 1.000 Personen aus", sagte Patrick Maierhofer, Sprecher der Wiener Polizei. Die Flüchtlinge sollen mit Bussen von Nickelsdorf nach Wien gebracht werden.

9:30 | Erster Zug am Westbahnhof angekommen

Um 08.55 Uhr ist am Bahnsteig 2 am Wiener Westbahnhof der erste Zug mit rund 400 Flüchtlingen aus Nickelsdorf angekommen. Zahlreiche Freiwillige begrüßten die Geflüchteten mit Applaus am Bahnhof. Sie wurden mit Essen, Getränken und Decken versorgt. Via Lautsprecherdurchsagen - auch auf arabisch - informierten die ÖBB die Flüchtlinge über die nächsten Abfahrtsmöglichkeiten Richtung Deutschland.

"Danke, vielen Dank, der Empfang ist einfach unglaublich", sagte Misser. Der Syrer war gemeinsam mit seiner Familie geflüchtet, hatte zuletzt fünf Tage in Ungarn verbracht. Um Mitternacht ging er zu Fuß in Budapest los, setzte die Reise dann im Bus fort und marschierte am frühen Samstag zu Fuß über die österreichische Grenze. "Hier fühle ich mich endlich sicher", sagte er.

Zahlreiche Flüchtlinge trugen lediglich Flip-Flops, als sie aus dem Zug stiegen. Die Anzeigentafel am Bahnsteig zeigte 120 Minuten Verspätung. Dolmetscher geleiteten die Flüchtlinge zur Versorgungsstelle. Die Menschen wurden über die nächsten Reisemöglichkeiten nach Deutschland informiert. Der erste Zug nach Salzburg sollte planmäßig um 09.30 Uhr fahren, er wartete die Flüchtlinge ab.

Auch Mohamed kam mit seiner Frau und seinen acht Kindern mit dem Sonderzug am Westbahnhof an. "Wir sind vor zwei Monaten in Syrien gestartet, waren jetzt eine Woche in Ungarn. Dort hat uns die Polizei sehr schlecht behandelt", schilderte er. Der freundliche Empfang der Menschen in Wien habe ihn tief berührt, betonte der Mann. Er will mit seiner Familie weiter nach Schweden.

Auch die Polizei war am Samstag am Wiener Westbahnhof, hielt sich aber gänzlich zurück. Versorgt wurden die Flüchtlinge auch von Mitarbeitern der Caritas. "Danke für die gute Zusammenarbeit mit den ÖBB und den Freiwilligen", sagte Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner. Wer helfen will, soll am besten auf Twitter nachschauen, was momentan am Bahnhof gebraucht werde, riet er.

9:26 | Stadt Wien "auf alles vorbereitet"

Die Stadt Wien ist auf die Ankunft der Flüchtlinge aus Ungarn "zu 100 Prozent vorbereitet" - man rechne aber nicht damit, dass sich die Menschen in einem sehr schlechten Zustand befinden, betonte der stellvertretende Magistratsdirektor Wolfgang Müller Samstagfrüh. Um 10.00 Uhr findet eine weitere Lagebesprechung des Innenministeriums statt.

Man habe bereits gestern begonnen, sich auf die Ankunft der Flüchtlinge vorzubereiten, vor allem im Sanitätsbereich, erklärte auch Magistratsdirektor-Stellvertreter Müller. Der Katastrophenzug der Wiener Rettung sei am Westbahnhof und am Hauptbahnhof vor Ort. Man wisse nicht, in welchem Zustand sich die Menschen befinden, bisher habe man aber noch keine negativen Meldungen bekommen. Man sei "jederzeit in der Lage, zu reagieren", betonte Müller.

Über Nacht seien etwa 800 Personen angekommen und nach Deutschland weitergereist. Insgesamt rechnet Müller mit bis zu 3.000 Menschen. Davon seien aber nur wenige wirklich zu versorgen, denn eine Erstversorgung finde bereits bei der Grenze statt. Für den Fall, dass Flüchtlinge in Wien bleiben wollen, habe man Hunderte Unterbringungsplätze im Bereich der Spitäler der Stadt in der Hinterhand, erläuterte Müller. Bisher wollten sie den Bahnhof allerdings nicht verlassen, weshalb er nicht damit rechnet, dass die Quartiere tatsächlich gebraucht werden.

Auch Salzburg vorbereitet

Auch Salzburg ist auf den ersten Zug mit Flüchtlingen aus Ungarn, der um 10.30 Uhr am Hauptbahnhof eintreffen soll, vorbereitet, sagt der Sprecher von Landesrat Josef Schwaiger, Franz Wieser. Nach derzeitigen Informationen sollen sich rund 450 Flüchtlinge in dem Zug befinden. "Am Bahnhof ist alles vorbereitet, falls die Flüchtlinge aussteigen", sagt Wieser.

Ob die Flüchtlinge direkt nach Deutschland weiterfahren oder einen Stopp in Salzburg einlegen, sei bisher noch unklar. Eine Stunde vor der Ankunft des Zuges in Salzburg wisse man mehr, erklärt Wieser. Die ÖBB, das Rote Kreuz, die Caritas und weitere Hilfsorganisationen würden am Hauptbahnhof eng zusammenarbeiten, um eine humanitäre Betreuung in dieser Sondersituation sicherzustellen. Flüchtlinge, die weiterreisen wollen, können bis zu zwölf Stunden am Bahnhof bleiben.

Danach werde der Not-Unterbringungsplan in Kraft gesetzt. Am Freitagabend wurde eine neue Flüchtlingsunterkunft in Salzburg Kasern mit 400 Plätzen fertiggestellt. "Sollten Flüchtlinge in Salzburg stranden, werden sie in die neue Unterkunft gebracht", sagt Wieser.


WAS GESTERN GESCHAH

Die Flüchtlingskrise in Ungarn hatte sich am Freitag weiter zugespitzt. Vom Budapester Ostbahnhof aus marschierte gegen Mittag ein langer Zug von Migranten in Richtung Westgrenze. Die Polizei begleitete den Zug, dem mehrere Tausend Migranten angehören, am Freitagabend auf der M1 in Richtung Österreich. Privatpersonen kamen mit Pkws und brachten den Flüchtlingen Essen und Trinken.

Die Nachricht, dass die Flüchtlinge ungestört in Richtung Österreich marschieren können, hatte laut Medien zu Unruhen in dem Sammellager Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze geführt. Hier durchbrachen Migranten am Freitag eine Absperrung und sollen sich mit den Bereitschaftspolizisten geprügelt haben. Zuvor waren schon 300 Flüchtlinge aus dem Lager ausgebrochen, wurden aber bis zum Abend von der Polizei wieder aufgegriffen und zurückgebracht.

Im dem Sammellager in Röszke werden Neuankömmlinge von den ungarischen Behörden bis zu ihrer Registrierung festgehalten. Allerdings wollen viele Flüchtlinge nicht in Ungarn bleiben und fürchteten, eine Registrierung könnte sie nach den geltenden Dublin-Asylregeln an Ungarn binden. Immer wieder gab es Unzufriedenheit mit der Langsamkeit der Registrierung und der Bearbeitung der Fälle.

Auch am Bahnhof in Bicske, rund 40 km von Budapest entfernt, hatten sich 500 Migranten in einem Zug verschanzt und verweigerten ihren Abtransport in das nahe Sammellager, da sie ihre Weiterfahrt in den Westen forderten. Später gaben sie ihren Widerstand aber auf und bestiegen die Busse in das Flüchtlingslager.

Laut ORF-Radio waren zuvor einige hundert Flüchtlinge aus Bicske geflohen und hatten sich auf den Weg nach Österreich gemacht. Einer der Flüchtlinge starb beim Aufbruch. Der 50-Jährige sei zusammengebrochen auf den Schienen gefunden worden, berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI. Rettungsversuche seien vergeblich gewesen.