Fang den Jörg:
Dem Phänomen Haider auf der Spur

Der Versuch, den einstigen Mythos aus Kärnten im Kino zu ergründen

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Jörg Haider hat sein (Bundes-)Land in den Bankrott geführt und war maßgeblich am Hypo-Debakel beteiligt. Dennoch übte der Mann, der heute wohl von Anklagebank zu Anklagebank gereicht werden würde, zu seinen Lebzeiten eine Faszination auf die Massen aus und genoss – vor allem in Kärnten – eine enorme Popularität. Was genau diese Faszination, den Mythos des einstigen Landeshauptmannes von Kärnten ausgemacht hat – und für einige immer noch ausmacht - versucht Nathalie Borgers in der Kinodokumentation „Fang den Haider“ herauszufinden.

Fang den Haider
© Filmladen Filmverleih

Der große "Erlöser"

Fest macht die in Wien lebende belgische Filmemacherin Haiders Verführungspotenzial an einer Reihe von Fakten, an populistischen Aktionen, die heute hauptsächlich eines auslösen: Fassungsloses Kopfschütteln.
So sieht der Zuschauer Haider immer wieder in seiner Selbstinszenierung als großer „Erlöser des gepeinigten Volkes“: Haider, wie er Pensionisten (vor laufender Kamera auch persönlich) die Mehrkosten für gestiegene Sozialbeiträge aus der Handkassa zurückzahlt, Haider wie er großzügig Budgets für Folklore-Feste erhöht, Haider als Klagenfurter Sport-Mäzen, der ein Fußballstadion für eine Stadt ohne großen Klub bauen lässt und Haider, der Billig-Tankstellen für das Volk schafft.

Fang den Haider
© Filmladen Filmverleih Der große "Erlöser": Jörg Haider

Eigentlich kein Wunder, dass dem großen Geber damit viele Herzen zuflogen. Woher dieser allerdings das nahm, was er alles gab, wurde dabei nicht so genau hinterfragt. Dass dahinter eine kleine Landesbank namens Hypo (und schlussendlich der Steuerzahler selbst) stand, an der sich Haider schonungslos bediente, ist eine andere Geschichte, die Borgers in ihrem Film auch bewusst nur am Rande erwähnt. Es gebe zu diesem Thema ohnehin hervorragende Bücher exzellenter Politikwissenschaftler, erklärt die Regisseurin ihre Entscheidung im Interview mit dem Magazin Profil.

Schwer zugängliche persönliche Ebene

Neben diesen – beim Publikum vermutlich mehr oder weniger bekannten - Aktionen versucht Borgers das Phänomen auch auf persönlicher Ebene zu ergründen, was sich um ein vielfaches schwieriger gestaltet. Haiders „Lebensmensch“ Stefan Petzner will nicht mit ihr reden, ebenso wenig Haiders Witwe Claudia und auch seine Kinder wollen nicht vor die Kamera treten. Einzig Dorothea Haider, die weit über 90-jährige Mutter sowie Haiders Schwester, Ursula Haubner, haben einen kurzen Auftritt. Dass die beiden Familienmitglieder jedoch nichts Intimes oder gar Kritisches erzählen, versteht sich fast von selbst. Somit bleibt die persönliche Ebene hinter der Person, die sich in der Öffentlichkeit immer im Griff hatte und dem selbst gesetzten Image-Rahmen stets treu blieb, leider auch hier weitgehend im Dunkeln.

Fang den Haider
© Filmladen Filmverleih Haiders Mutter spricht: Packt aber nichts aus

Natürlich ein nicht auszuklammernder Punkt bei der Ergründung des Mythos Jörg Haider ist die Nazi-Thematik, die den Populisten zum Rechtspopulisten machte. Vom überzeugt nationalsozialistischen Elternhaus wurde der einstige FPÖ-Chef geprägt, von Kärntens Großbauern, die für eine Abgrenzung gegen alles Fremde bei gleichzeitiger Idealisierung der Heimat standen, groß gemacht. Doch auch diese frühen Weggefährten und Unterstützer halten sich nach wie vor an das Script von einst.

Für manche immer noch die "Sonne"

Und es ist auch dieser letzte Punkt, der die schockierendsten Szenen des Filmes liefert: Der harte Kern der Haider-Anhänger, der auch heute, fast sieben Jahre nach dessen Tod und unzählige Enthüllungen über dessen Machenschaften später, sein einstiges Idol immer noch verehrt, immer noch von Kärntens „Sonne“ spricht und an einen Unfall nach wie vor nicht glauben mag. Man spricht von Mord und hält eine jährliche Trauerfeier mit hunderten Kerzen und einem in Tracht singenden Männerchor an der Unfallstelle ab. Für sie hat die Faszination nie geendet.

Fang den haider
© Filmladen Filmverleih Die Unfallstelle: Hier wird noch immer um Kärntens "Sonne" getrauert

Urteil ergibt sich aus Fakten

Borgers schafft mit „Fang den Haider“ eine sehr objektive Dokumentation, die vor allem die Gefühlsebene anspricht, mehr denn eine politische Analyse zu sein. Sämtliche Haider-Machenschaften sind zwar allesamt nicht neu, aber in ihrer Fülle des Gesamtpakets bringen diese wohl auch Experten erneut zum Stutzen und Kopfschütteln. Die Belgierin tastet die Thematik, vor der sie sich zu Haiders Lebzeiten selbst fürchtete, vor allem mit Neugier ab und lässt ihre eigene Meinung/Abneigung dabei außen vor, das Urteil darf sich der Zuschauer selbst bilden. Vorgekaute Kritik ist aber ohnehin nicht nötig: Die Fakten sprechen für sich selbst.

Link: Weiterführende Informationen zum Film finden Sie hier.

Kommentare

Fang den Haider – Braunau zeigt sich als Provinz
In anderen Kinos steht der Film schon seit 29.Mai am Tagesprogramm. Nicht so in Braunau. Was den Menschen im Zentralraum und im benachbarten Salzburg möglich ist, geht in Braunau nicht. Dafür werden wir bald von 2 (zwei) Kinos „verwöhnt“. Es wird also dabei bleiben, dass wir um interessante Filme zu sehen, nach Salzburg, Burghausen, Wels oder Linz

higgs70

Naja, dass J.Haider den Rechtspopulismus in Europa salonfähig gemacht hat kann sein, er selbst war es nie, denn er fuhrwerkte mit rechten und linken Versatzstücken gleichermaßen und egal ob man rechts oder links ist, beides braucht Substanz. Was ich sah waren Egomanie, Gesinnungswendigkeit und blendende Rhetorik eines prototypischen Opportunisten. Und das Zusammenklauben all dessen was die Selbstbespiegelung ermöglichte, weil es nicht einmal einen eigenen Schatten werfen kann.Und den kalten Willen alles und jedes zum Instrument des eigenen Nutzens umzuschmieden, ohne Bedenken, ohne Skrupel,ohne Bedauern. Nie vorher oder nachher sah ich einen Politiker so bar jeder inhaltlichen Substanz und so voller Wendigkeit in jeder Hinsicht, angefangen bei Zwentendorf, wo er sein Mäntelchen stets nach dem Wind hängte, oder im Parlament, wo er die Sozialisten links überholte und in Kärnten blitzschnell zum Rechts außen mutierte, bis hin zu seiner letzten Zeit als er seine eigenen Leute bei der Wahl belog und ihnen sagte, die Koalition mit den Roten werde fortgesetzt,damit er gewählt wurde. Da war keine Ideologie, keine Fernziele, alles erfloss aus kurzfristigem politischem Kalkül und purem Opportunismus. Der Mann war hohl und leer und erschuf sich so selbst immer wieder neu. Und nur wer nichts ist, kann versuchen allen alles zu sein.

Aber Dr. Jörg Haider hatte eine große Begabung, seine Intelligenz und die grandiose Fähigkeit des Rhetorischen, er hat die Leute brilliant dumm geschwätzt, jedem erzählt was der hören wollte und jedem das Gefühl gegeben, er sei auch wer. Und so viele habens gefressen.

Roland Mösl

Der Jörg hat ein optimales Timing für seinen Abgang gehabt.

Nudlsupp melden

Jetzt werden die blauen Parteilemminge wieder alle aus ihren Löchern kriechen und randalieren, da es sich Medien tatsächlich erlauben über die FPÖ und Haider kritisch zu berichten.

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und die meisten dummschwätzer müssen wieder hetzen da sie für anderes nicht zu gebrauchen sind. lieber blau wählen als rot kriechen

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übrigens, wahllemminge existieren nur bei rot und schwarz, denn die schmarotzerparteien leben nur noch von den altwählern und diese werden gott sei dank immer weniger. irgendwann wird dann der steuerverschwenderische proportz verschwinden und nur mehr die zahlenden bestimmen.

haider war charismatisch und verstand es, leute zu gewinnen, einfach so..................

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