Obergrenzen gelten ab heute:
Österreich stellt sich gegen EU

Seit 8 Uhr wird gegen Willen der EU das neue "Grenz-Management" angewendet

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Asyl © Bild: istockphoto.com

Was genau bedeutet die Obergrenze?

Ab heute, Freitag, werden an Österreichs Südgrenze nur noch 80 statt wie bisher durchschnittlich 200 Asylanträge pro Tag angenommen. Außerdem werden maximal 3.200 Personen durchgelassen, "die um internationalen Schutz in einem Nachbarstaat ansuchen wollen", wie zum Beispiel Deutschland (bei dieser Anzahl erwartet man keine Probleme bei der Übernahme). Diese beiden Beschlüsse werden auch als "Tageskontingente" bzw. als "doppelte Obergrenze" bezeichnet. Die doppelte Obergrenze soll "bis auf Weiteres" gelten und über den Tag verteilt stundenweise abgearbeitet werden. Wird einer der beiden Grenzwerte erreicht, werden die Grenzübertritte vorübergehend gestoppt. Die Asylsuchenden müssen dann auf slowenischer Seite warten, bis am nächsten Tag um 6 Uhr Österreich wieder die Grenze öffnet.

Was wird an den Obergrenzen kritisiert?

Die EU-Kommission sagt Österreich verstößt mit Obergrenzen für die Aufnahme von Schutzsuchenden gegen das europäische und internationale Recht. Laut der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Genfer Konvention und Artikel 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union habe Österreich die rechtliche Verpflichtung, jeden Asylantrag zu akzeptieren, der auf seinem Territorium oder an seiner Grenze gestellt wird. Außerdem kritisiert die EU-Behörde, dass Kontingente für die Weiterleitung von Flüchtlingen nicht zulässig seien. Schutzbedürftige dürften nicht in das Land ihrer Wahl weiterreisen.

In der EU und unter den Balkanstaaten wird darüber hinaus befürchtet, dass es durch die Obergrenzen binnen weniger Tage zu einer humanitären Krise bei den Flüchtlingen auf der Balkanroute kommen könnte. Konkret könnte es zu einem Rückstau auf slowenischer Seite und damit auch zu Drucksituationen an der Grenze kommen.

Die Kommission hat Wien demnach die Gelbe Karte gezeigt und verlangt, die Schritte zu überdenken. Doch Kanzler Werner Faymann will davon nichts wissen. Er findet, andere Staaten müssten nun mehr Schutzsuchende aufnehmen. Die Folge könnte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof sein.

Was will die EU?

Ziel des EU-Gipfels ist, dass es überhaupt kein Durchwinken von Flüchtlingen gebe, sondern die Verteilung von den Hotspots an der EU-Außengrenze erfolgt. Die EU-Kommission und einige Mitgliedsstaaten drängen darauf, dass Österreich ankommenden Migranten prinzipiell ein Asylverfahren ermöglicht. Wenn sie dies ablehnen würden, müssten sie zurückgewiesen werden und ihnen die Durchreise nach Deutschland verwehrt werden. Beim Gipfel hat es aber nicht nur Kritik, sondern auch Verständnis für Österreich gegeben.

Was passiert nun?

Weiterer Gipfel angesetzt. Es wurde vereinbart, dass der nächste Gipfel auf Anfang März vorverlegt wird. Dabei soll auch das Gespräch mit der Türkei nachgeholt werden. Auch über die NATO-Aktion gegen Schlepper und über weitere EU-Maßnahmen werde zu reden sein. Faymann nannte den 7. bis 9. März als Möglichkeit, das genaue Datum stehe aber noch nicht fest.

Weitere Senkung der Obergrenze geplant. Die tägliche Obergrenze von 80 Asylanträgen wird auf Dauer nicht ausreichend sein. Das erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einem Statement gegenüber der APA: "In weiterer Folge werden wir die täglichen Obergrenzen weiter senken müssen." Auch das werde aber strukturiert und abgestimmt mit den Nachbarstaaten erfolgen. In der ersten Phase gehe es jetzt daher darum, die Balkanländer mit dem Rückstau nicht zu überfordern: "Wir dürfen nicht gegeneinander arbeiten, sondern legen gemeinsam die Bremse ein." Es sei wichtig, dass jedes Land entlang der Balkanroute an seiner Grenze restriktiver vorgehe.

Slowenien will die österreichischen Quoten ebenfalls umsetzen, und aus Kroatien kommende Migranten vermehrt zurückweisen. Dies könnte zu einem Rückstau in Kroatien und einem stärkeren Druck auf die kroatisch-ungarische Grenze führen.

Nur Weiterreise für Kriegsflüchtlinge an mazedonisch-griechischer Grenze. Entsprechend einer Einigung der Polizeichefs Österreichs, Sloweniens, Kroatiens, Serbiens und Mazedoniens vom gestrigen Donnerstag in Zagreb soll ab sofort gemeinsame Kontrolle und Registrierung von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan an der mazedonisch-griechischen Grenze beginnen. Laut Belgrader Medienberichten wurde auch vereinbart, nur noch Flüchtlingen, die aus den Kriegsgebieten stammen, die Weiterreise zu ermöglichen. Dies bedeute Einschränkungen für Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Irak, hieß es in Medienberichten.

Was zuvor geschah

Im vergangenen Jahr sind über die Türkei, Griechenland und die Balkanroute rund eine Million Menschen vornehmlich nach Deutschland, Schweden und Österreich gelangt. Österreich zählte zu Beginn der Flüchtlingskrise im Spätsommer zu den engsten Verbündeten Deutschlands. Faymann und Merkel vereinbarten Anfang September eine Öffnung der Grenzen für ausreisewillige Flüchtlinge in Ungarn, der Kanzler übte damals heftige Kritik am Vorgehen des ungarischen Premiers Viktor Orban. Wegen des massiven Flüchtlingsstroms wuchs in Deutschland und Österreich der innenpolitische Druck, die Grenzen wieder zu schließen.

Auf Drängen der ÖVP beschloss die österreichische Bundesregierung im Jänner eine Flüchtlings-Obergrenze von 37.500 für heuer. In Deutschland fordert die bayerische CSU einen ähnlichen Beschluss, doch lehnt Kanzlerin Merkel dies bisher ab. Beim EU-Gipfel machte sie nun klar, dass die österreichische Entscheidung für sie die Notwendigkeit zu einer EU-Lösung mit der Türkei deutlich gemacht hat. Sie habe kein Aussetzen der Obergrenze von Österreich gefordert.

*Am Asylgipfel nehmen folgende Personen teil: Im Bundeskanzleramt erwartet werden auf Einladung Werner Faymanns Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, die Minister Mikl-Leitner, Hans Jörg Schelling, Gerald Klug, Rudolf Hundstorfer und Josef Ostermayer, Staatssekretärin Sonja Steßl, alle Landeshauptleute, Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger und Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer.

+++ AKTUELLE EREIGNISSE +++

Slowakei erwägt Zaun zu Österreich
Wegen des österreichischen Grenzmanagements befürchtet die Slowakei, zum Zielland für Flüchtlinge zu werden. Ministerpräsident Robert Fico erwägt daher auch Absperrungen an der österreichischen Grenze, wie er am Rande des EU-Gipfels in Brüssel sagte. "Wir müssen auch technische Barrieren vorbereiten", sagte der um einen bei der Parlamentswahl am 5. März kämpfende Ministerpräsident. "Wenn einige Länder so wie Österreich einseitig Maßnahmen treffen, könnte dies zur Folge haben, dass wir unter einen riesigen Migrationsdruck geraten, und deshalb müssen wir ebenfalls einseitige Maßnahmen treffen", erläuterte Fico.

Die Vorbereitungen seien bereits im Laufen, versicherte der linkspopulistische Politiker. "Wir bereiten uns längerfristig darauf vor. Innenminister Robert Kalinak weiß, was er zu tun hat", meinte Fico.

Bis Freitagmittag keine Ankünfte in Spielfeld. Am steirischen Bundesstraßen-Grenzübergang zu Slowenien in Spielfeld sind bis Freitagmittag keine Flüchtlinge angekommen, wie Polizeisprecher Fritz Grundnig auf APA-Anfrage sagte. Der Grund für das Ausbleiben von Migranten dürften die Reaktionen der südosteuropäischen Staaten auf die von Österreich verkündeten Obergrenzen sein. "Wir rechnen heute nicht mehr mit Ankünften, da sich in Slowenien auch keine Flüchtlinge befinden", so Grundnig zur Transitsituation. Laut den slowenischen Behörden sei nicht nur das Camp in Sentilj gleich über die Grenze zu Spielfeld leer, sondern es habe in Slowenien keine Ankünfte gegeben.

UNO: 340 Kinder seit September im Mittelmeer ertrunken. "Diese tragischen Todesfälle sind unerträglich und müssen aufhören", sagte der UNO-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi am Freitag in Genf. Es müssten endlich Wege zur legalen Einreise gefunden werden.

Mehr Asylanträge in Slowenien. Das österreichische "Grenzmanagement" lässt die Zahl der Asylanträge im südlichen Nachbarland Slowenien steigen. In der ersten Februar-Hälfte haben 90 Personen um Asyl angesucht, sagte der slowenische Innen-Staatssekretär Bostjan Sefic im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. "Es geht um Personen, die von Österreich zurückgewiesen wurden." Im gesamten Jänner hätten nur 17 Migranten in Slowenien Asyl beantragt, ergänzte Sefic.

Serbien dürfte Grenze am 1. März schließen. Auch Serbien will seine Grenze in der nächsten Zukunft für Flüchtlinge schließen. Das Datum 1. März für eine Grenzschließung werde "immer realistischer", sagte der serbische Außenminister Ivica Dacic der Tageszeitung "Kurir". Dazu werde es kommen, sollte Österreich "die Grenzbalken senken". "Unsere Antwort wird eine Grenzschließung sein."

Ungarn schließt Eisenbahn-Grenzübergänge zu Kroatien. Ungarn schließt ab Sonntag seine drei Eisenbahn-Grenzübergänge zum EU-Nachbarn Kroatien. Die Maßnahme sei vorerst auf 30 Tage befristet und erfolge "im Interesse der öffentlichen Sicherheit". Eine nähere Begründung enthält das Dokument nicht. Betroffen sind die Eisenbahn-Grenzübergänge Murakeresztur-Kotoriba, Gyekenyes-Koprivnica und Magyarboly-Beli Manastir. Ungarn schottet sich mit Zäunen an seiner Südgrenze gegen Flüchtlinge ab. Auch an der Landgrenze zu Kroatien befinden sich Sperranlagen. Zum Teil markieren die Flüsse Mur und Drau die Grenze. Die Grenzmaßnahme könnte im Zusammenhang mit dem neuen österreichischen Grenzmanagement stehen.

Zahl der ankommenden Migranten aus Türkei steigt. Die griechische Küstenwache und die europäische Grenzschutzagentur Frontex haben in den vergangenen zwei Tagen 1.753 Menschen aus den Fluten der Ägäis gerettet. Zugleich stieg die Zahl der Menschen, die aus der Türkei zu den griechischen Inseln übersetzen. Wagten am 14. und 15. Februar nur 51 und 181 Migranten die Überfahrt, so waren es am 16. Februar 1.783 und am 17. Februar sogar 4.611, wie das Flüchtlingshochkommissariat der UNO (UNHCR) berichtete. Den zwischenzeitlichen Rückgang führt das UNHCR auf schlechtes Wetter zurück. In den kommenden Wochen sollen auch NATO-Schiffe gegen die Schlepper im Seegebiet zwischen Griechenland und der Türkei eingesetzt werden.

Polnisches Magazin verstört mit Anti-Migranten-Titel. In Polen hat das Titelblatt eines rechtsgerichteten Wochenmagazins mit der Schlagzeile "Die islamische Vergewaltigung Europas" einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Im Kurzbotschaftendienst Twitter fühlte sich ein Nutzer an ein Propagandaplakat der italienischen Faschisten aus dem Zweiten Weltkrieg erinnert, mit dem Afrikaner diffamiert wurden.

Die Titelseite des Magazins "w Sieci" zeigt eine in eine EU-Fahne eingewickelte schreiende blonde Frau mit blauen Augen, die von Männern mit behaarten und dunkelhäutigen Armen begrapscht und festgehalten wird. Dem Magazin zufolge bezieht sich der Titel auf die Vorfälle in der Kölner Silvesternacht, als Gruppen von Männern - unter ihnen Nordafrikaner und Araber - Frauen sexuell angriffen und beraubten.

http://www.wsieci.pl/ogorek-we-wsieci-jestem-panstwowcem-pnews-2689
© http://www.wsieci.pl/ogorek-we-wsieci-jestem-panstwowcem-pnews-2689

Das Magazin unterstützt die Regierung der rechtskonservativen und euroskeptischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) des ehemaligen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski. Der Scharfmacher hinter der jetzigen Regierungschefin Beata Szydlo hatte vor der Parlamentswahl im vergangenen Oktober mit drastischen Äußerungen über Flüchtlinge für Wirbel gesorgt. Die Flüchtlinge schleppten gefährliche Krankheiten ein, sie brächten "Cholera auf die griechischen Inseln, die Ruhr nach Wien, verschiedenartige Parasiten", sagte Kaczynski seinerzeit unter anderem. Kritiker fühlten sich durch die Wahlkampfparolen an die Nazizeit erinnert.

Kommentare

Rene Wien melden

Soso.. an "der Südgrenze" gibts also dieses Kontigent.. sprich eine "Obergrenze".. Da man ja nun mehrere Grenzübergänge "managed" bedeutet dies wohl per Grenzübergang? :)

Rene Wien melden

denn auch in Libyen stehen 200.000 in den Startlöchern ;)

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Angenommen bei den "Flüchtlingen" würde es sich überwiegend um nette und attraktive Blondinen handeln und nicht wie gegenwärtig, um aggressive kräftige muslimische Männer. Inwieweit würde das die grundlegende Einstellung zu den "Flüchtlingen" und der Zuwanderung allgemein beeinflussen? Dazu könnte davon ausgegangen werden, dass dann plötzlich viele Männer sich in der Asylindustrie engagieren.

giuseppeverdi melden

Mein
Gott sind Sie ein "Armutschkerl" mit Ihrem Posting!

Wenn Österreich den Brenner begrenzt, dann kommen die Flüchtlinge getarnt als Wanderer über die Wanderwege und alten Schmugglerrouten eh ohne Probleme nach Österreich. Das einzige was man mit Grenzbarrieren abhält ist die Wirtschaft.

christian95 melden

Wo sind sie auf einmal die Freunde von Faymann? Im Vorjahr hat er Tsipras (Griechenland) noch als guten Freund empfangen. Gestern erpresste er Faymann und verlangte die sofortige Grenzöffnung von Österreich sonst gibt es von ihm keine weiteren Zustimmungen mehr. Außerdem forderte er wieder einmal weitere Mrd. für Griechenland.
Freundschaft Genossen!

Denksport melden

Gundel Gaukeley hat den Donald ordentlich in ihrem Bann!

christian95 melden

Wieder einmal!
So kann man in Brüssel nur mit Österreich verfahren!!!!
Frankreich mit 60 Mio Menschen nimmt im Jahr 35.000 Flüchtlinge auf. Niemand in Brüssel wagt deswegen Frankreich zu kritisieren.
Wir sollten bei der Bundespräsidentenwahl ein Zeichen setzen!

Testor melden

Richtig! Wir sollten Irmgard Griss wählen. Hofer will ja gar nicht. Er wurde genötigt in die Rolle eines Kandidaten zu schlüpfen.
Zu den Flüchtlingen: Hunderte von Freiwilligen haben sich abgestrampelt, um die ärgste Not der Flüchtlinge, vor allem jener der Frauen und Kinder zu lindern. Wo waren denn die Parteischleimer, Biertischmeckerer und Hassprediger der FPÖ, um Essen und Kleider zu

Testor melden

zu verteilen bzw. zu sammeln? Wo waren sie, als es galt für die nun einmal hier eingetroffenen, Wochen und Monate am Weg gewesenen "armen Teufel" ein Quartier zu beschaffen? Es wurde kein einziger gesehen. Nur im Meckern stellten sie peinliche Rekorde auf. Die Last der Arbeit überließen sie jenen , die durch Hilfsbereitschaft Österreich besser repräsentierten , als die Biertischplärrer.
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