Ex-Kanzler sagte in BAWAG-Prozess aus: Vranitzky verteidigt Euro-Beratung Flöttls

Initiative für Beratungsvertrag ging von Banker aus Tumpel-Gugerell: OeNB-Bericht wurde schubladisiert

Im BAWAG-Prozess hat Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky als Zeuge seinen Beratervertrag mit dem nun angeklagten Investmentbanker Wolfgang Flöttl verteidigt, für das Honorar von einer Million Schilling (rund 72.000 Euro) habe er sehr wohl Beratungsleistungen über die Einführung des Euro erbracht. Die frühere Vize-Gouverneurin der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Gertrude Tumpel-Gugerell, betonte in ihrer Zeugenbefragung, sie habe niemals auf den kritischen BAWAG-Prüfbericht der OeNB aus dem Jahr 2001 Einfluss genommen. Ein Gutachterwechsel am 31. Verhandlungstag führt nun zu einer weiteren Verzögerung des Prozesses bis mindestens Jänner 2008.

Ex-Kanzler sagte in BAWAG-Prozess aus: Vranitzky verteidigt Euro-Beratung Flöttls

Vranitzky erläuterte den Beratungsvertrag, die Initiative dazu sei von Wolfgang Flöttl ausgegangen. Der Beratungsgegenstand, die Einführung des Euro, sei ihm damals plausibel erschienen, die Beratung durch ihn sei durch mehrere Anrufe bei Flöttl im ersten Halbjahr 1999 erfolgt, sagte Vranitzky. Damals habe er keine öffentliche Funktion mehr gehabt, auch bei der BAWAG und beim ÖGB habe er nie Funktionen ausgeübt. Von den großen Verlusten der BAWAG im Herbst 1998 habe er erst viel später aus den Medien erfahren.

Flöttl zeigte sich heute vor Gericht voll des Respekts für den früheren Bundeskanzler. "Ich habe mich niemals distanziert von seiner Beratung, ich habe mich niemals beim Bundeskanzler beschwert, dass ich keine Leistung bekommen habe", erklärte Flöttl heute. "Ich habe niemals von Parteienfinanzierung gesprochen", betonte er. Vranitzky habe sich bemüht, ihn zu beraten, aber diese Beratung sei eben für seine Geschäfte nicht nötig gewesen, weil er sich auf Asien konzentriert hatte. Bei seiner Befragung im Banken-Untersuchungsausschuss im Mai 2007 hatte Flöttl noch erklärt, er habe für die Zahlung an Vranitzky keine Gegenleistung in Anspruch genommen.

Widersprüche zwischen Flöttl und Elsner
Widersprüche ergaben sich - wieder einmal - zwischen den Angeklagten Wolfgang Flöttl und Helmut Elsner. Während Flöttl angab, er habe den Vertrag mit Vranitzky nur auf Druck von Elsner geschlossen, von dem er nach den großen Verlusten im Oktober 1998 wirtschaftlich abhängig gewesen sei, wies der mitangeklagte Ex-BAWAG-Chef diese Darstellung zurück. Er habe Flöttl sicher nicht zu einer Zahlung an Vranitzky gedrängt, von dem Beratungsverhältnis habe er gar nichts gewusst, betonte Elsner.

Die frühere Vize-Gouverneurin der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Gertrude Tumpel-Gugerell, unterstrich in ihrer Zeugenbefragung, sie habe niemals auf den BAWAG-Prüfbericht der OeNB aus dem Jahr 2001 Einfluss genommen. Laut einem Gedächtnisprotokoll des mitangeklagten Ex-BAWAG-Vorstands Christian Büttner hatte Elsner in einer Vorstandssitzung gesagt, er werde mit Tumpel-Gugerell reden, damit sie die Nationalbank-Prüfung "steuern" könnte. Sowohl Elsner als auch die übrigen damaligen BAWAG-Vorstände hatten dementiert, dass Elsner von Tumpel-Gugerell gesprochen hatte.

OeNB-Bericht von Finanzministerium "schubladisiert"
Tumpel-Gugerell ortet die Verantwortung für eine Reaktion auf den kritischen OeNB-Prüfbericht 2001 der BAWAG beim Finanzministerium, das damals die Finanzmarktaufsicht inne hatte. Dieses habe offenbar nicht reagiert und den Prüfbericht "schubladisiert". "Der Prüfbericht spricht für sich", sagte die frühere OeNB-Vizegouverneurin, sie habe sich nicht berufen gesehen die Finanzmarktaufsicht noch extra auf Probleme durch mangelnde Unterlagen zu den Offshore-Gesellschaften aufmerksam zu machen. Eine Interessenskollision im Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit ihres Ehemanns Herbert Tumpel, der bis April 1997 Aufsichtsratspräsident der BAWAG war, ortet Tumpel-Gugerell nicht. Sie habe auch nicht mit ihm über die BAWAG gesprochen, und erst Anfang 2006 von den Verlusten der Bank aus den Medien erfahren, so die heutige EZB-Direktorin.

Zum Abschluss des heutigen Verhandlungstags wurde mitten im Verfahren ein Gutachterwechsel durchgeführt: Gutachter Christian Imo wurde abberufen und statt ihm der Grazer Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner neu bestellt. Gegen Imo hatten die Verteidiger Flöttls einen Antrag auf Ablehnung wegen mutmaßlicher Befangenheit eingebracht, das Gericht gab dem Antrag statt. Imo wurde wegen Geschäftsbeziehungen mit dem früheren BAWAG-Manager Thomas Hackl abgelehnt, Hackl rückt laut Staatsanwalt Georg Krakow immer mehr in die Nähe der Verdächtigen. Nun soll Kleiner bis zum 15. Jänner 2008 ein Gutachten über Flöttls Handelstätigkeit erstellen. Der Mitte Juli begonnene BAWAG-Prozess wird damit wohl mindestens bis Ende Jänner dauern. Zu Prozessbeginn hieß es noch, Richterin Claudia Bandion-Ortner wolle das Urteil am Weltspartag, dem 31. Oktober 2007 verkünden. (apa/red)