EU-Gesetze: Der 80-Prozent-Mythos

80 Prozent unserer Gesetze stammen eigentlich "aus Brüssel"? Von wegen.

von EU-Gesetze © Bild: iStockphoto.com/ericsphotography

Es ist eine Behauptung, die sich bereits seit langem hält: Angeblich kommen rund 80 Prozent unserer Gesetze ohnehin "aus Brüssel", werden also von der EU gemacht bzw. vorgegeben. Politiker, Journalisten und Stammtischbesucher wiederholen diese Zahl gleichermaßen, und das seit Jahren. Eine faktische Grundlage für sie gibt es aber nicht, wie der Europarechtler Stefan Brocza im "Presse"-Rechtspanorama aufzeigt.

"Ein Märchen bleibt ein Märchen – so oft man es auch erzählt", schreibt Brocza. Ursprung der "80 Prozent" sei wohl eine Aussage des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors von 1988. Dieser gab aber lediglich eine Prognose ab, die sich auch nur auf den Bereich des Binnenmarktes bezog. Und ein anderer angeblicher "Beleg" ist laut Brocza ein nur zwei Seiten umfassender Aufsatz aus dem Jahr 2009.

Angebliche "Vorgabe" gab es oft nicht

Bereits 2008 untersuchten Thomas König und Lars Mäder von der Universität Mannheim den "Mythos einer 80-Prozent-Europäisierung in Deutschland" und entlarvten die Zahl als stark übertrieben. Sie überprüften die deutsche Gesetzgebung in einem Zeitraum von 30 Jahren auf "europäische Impulse" und stellten Überraschendes fest: Nur in der Hälfte der Fälle, in denen in Begleittexten zu Gesetzen auf einen "europäischen Richtlinienimpuls" verwiesen wurde, ließ sich ein solcher auch wirklich nachweisen.

Im untersuchten Zeitraum konnte auch bei großzügiger Zählweise nur zu einem Zeitpunkt und in einem einzigen Politikbereich ein 80-Prozent-Anteil festgestellt werden: Zwischen 2002 und 2005 im Umweltrecht. Die Mannheimer Politologen qualifizierten die Gesetzgebung auch nach inhaltlichem Bedeutungsgrad und "monetären Implikationen" und bemerkten, dass der Anteil von der EU vorgegebener Normen vor allem unter "bedeutenden" Gesetzen deutlich geringer ist.

Mittlerweile geht EU-Gesetzgebung zurück

Auch eine Statistik des deutschen Bundestages von 2009 verweist die gern zitierten 80 Prozent ins Reich der Mythen. In der damals laufenden Legislaturperiode basierten gerade einmal 31,5 Prozent der Gesetze auf EU-Recht, und auch in den vorangegangenen blieb die Marke stets unter 40 Prozent. Allerdings gab es zwischen den Ressorts erhebliche Unterschiede: Unter den in die Zuständigkeit des deutschen Innenministeriums fallenden Gesetzen wurden bloß 23 Prozent von Brüssel angestoßen, während es beim Agrarressort 52 Prozent waren.

Ein weiterer Aspekt, auf den Stefan Brocza in seinem Artikel hinweist: Seit dem Inkraftreten des Vertrages von Lissabon 2009 gibt es sogar eine "eklatante und anhaltende" Abnahme an neuen EU-Regeln. Vor Lissabon stieg die Zahl der Sekundärrechtsakte des EU-Rates jährlich auf zuletzt 954, seither bewegt sie sich nur noch um etwa 600. Gründe dafür seien die neuen Mechanismen des Lissabon-Vertrages, die Schuldenkrise und der kontinuierliche Abbau an EU-Beamten.

Kommentare

christian95 melden

Diese 80% hat die SPÖ Kanzlerpartei immer wieder verkündet.
Egal ob 80% oder gar nur 20%.... diese 9 Bundesländer sind seit dem EU Beitritt völlig überflüssig. Niemand braucht neben der EU und dem Parlament jedes Jahr auch noch zig 1.000e weitere Gesetze und Vorschriften, die sich oftmals sogar widersprechen.
SPÖ+ÖVP verwalten diesen Staat wie vor 100 Jahren! (Unsere Verfassung stammt aus 1920

christian95 melden

Der letze Kaiser hat bei uns noch diese 99 BH´s geschaffen, damit JEDER Bürger mit dem Ochsenkarren an einem Tag die öffentliche Verwaltung erreichen kann (1888). Damals gab es weder Internet, Handys, oder Autos (fast) in jedem Haushalt. Trotzdem beharren SPÖ+ÖVP weiterhin auf die längst überflüssigen BH´s!

Hat uns der ehemalige SPÖ Klubobmann Cap nicht die Wahrheit gesagt?
Es war die Kazler-SPÖ die immer wieder von 80% sprach!
Egal on 80% oder gar nur.... 20% diese 9 Bundesländer sind seit dem EU Beitritt völlig überflüssig!

23% bei der Zuständigkeit des deutschen Innenministeriums, das ist zu viel! Man behalte im Hinterkopf, dass die Brüssel-Schattenpolitiker von uns nicht gewählt wurden und von uns nicht abgesetzt werden können

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