Zehn Köpfe des Krieges

Wer waren die Männer, die die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" prägten?

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Erster Weltkrieg - Zehn Köpfe des Krieges

Gavrilo Princip (1894-1918)

Sein Attentat am 28. Juni 1914 auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie war der Zündfunke für den Ersten Weltkrieg. Der 19-jährige bosnisch-serbische Nationalist erschoss in Sarajevo zunächst die Herzogin, dann den Erzherzog. So wollte er seine Heimat von der Herrschaft der Habsburger-Monarchie befreien. Mit 23 Jahren starb Princip 1918 im Militärgefängnis von Theresienstadt. Für viele Serben ist er ein Held. Der "verhinderte Herrscher" Franz Ferdinand blieb in der Geschichtsschreibung eine eher blasse Randfigur.

Kaiser Wilhelm II. (1859-1941)

Mit seinem "Blankoscheck" vom Juli 1914 ermunterte der seit 1888 regierende deutsche Monarch das verbündete Österreich-Ungarn zum Losschlagen gegen Serbien. Versuche, das Äußerste noch zu verhindern, unternahm er nur halbherzig. Nach Kriegsausbruch hatte der nominell Oberste Kriegsherr aber bald kaum noch Einfluss - er billigte die Planungen des Generalstabs und unternahm Frontbesuche. Die Oberste Heeresleitung drängte den angeblich depressiven Kaiser ab 1916 immer weiter in den Hintergrund. Als die Niederlage absehbar war und in Deutschland eine Revolution ausbrach, floh Wilhelm 1918 in die Niederlande und dankte ab.

Paul von Hindenburg (1847-1934)

Der Sieger der Schlacht von Tannenberg übernahm 1916 die Oberste Heeresleitung. Zusammen mit seinem Stabschef Erich Ludendorff nahm er wachsenden Einfluss auf das politische und militärische Geschehen. Er wurde eine Art heimlicher Herrscher im Kaiserreich. Als der Krieg nicht mehr zu gewinnen war, riet der Generalfeldmarschall dem Kaiser zur Abreise ins holländische Exil. Die Niederlage erklärte er später mit einem "Dolchstoß" linker Kräfte in den Rücken des Militärs. 1925 wurde der bekennende Monarchist zum zweiten Präsidenten der Weimarer Republik gewählt. Im Jahr vor seinem Tod machte er Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916)

Nach dem Tod seines Neffen beim serbisch gesteuerten Attentat von Sarajevo entschied sich Österreich-Ungarns 83-jähriger Kaiser zum Krieg gegen Serbien - gedrängt von seinen Ministern und Militärs und mit der Zusage deutschen Beistands. Er müsse der "Zertrümmerung meines Reiches" begegnen, schrieb er an Wilhelm II. Schon im ersten Kriegsjahr mussten seine Truppen Misserfolge hinnehmen. Wenige Monate vor Franz Josephs Tod bildeten die Bündnispartner 1916 eine gemeinsame Oberste Kriegsleitung. Dort hatten die Deutschen das Sagen. Sein Nachfolger Karl I. konnte den Untergang des Habsburger-Reichs nicht aufhalten.

Zar Nikolaus II. (1868-1918)

Russland, die Schutzmacht der Serben, war kaum auf den Krieg vorbereitet. Bereits in den Schlachten von Tannenberg und bei den Masurischen Seen wurden zwei Armeen von den Deutschen vernichtend geschlagen. Der ab 1894 autokratisch herrschende Zar - ein Cousin Kaiser Wilhelms - übernahm im September 1915 persönlich den Oberbefehl über eine Truppe, der es an Waffen und Kampfmoral fehlte. Als dann auch noch Unruhen in Petrograd (heute St. Petersburg) ausbrachen, dankte Nikolaus 1917 ab. Über 300 Jahre Herrschaft der Romanow-Dynastie waren zu Ende. Im Juli 1918 wurden er und seine Familie von Bolschewisten ermordet.

Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin (1870-1924)

Die Stunde des russischen Revolutionärs schlug im April 1917. Die deutsche Regierung schleuste ihn aus seinem Schweizer Exil ins revolutionäre Petrograd (heute St. Petersburg), wo seine Bolschewisten im November 1917 die nach dem Abgang des Zaren gebildete bürgerliche Regierung stürzten. Lenin setzte sich dann wunschgemäß für einen Separatfrieden ein: Im März 1918 beendete das Abkommen von Brest-Litowsk den Krieg mit Deutschland. Bis zu seinem Tod 1924 errichtete er einen diktatorischen Staat, der als Sowjetunion bis 1991 überlebte.

König George VI. (1865-1936)

Der 1910 auf den britischen Thron gekommene Monarch war ein Cousin Kaiser Wilhelms. Nur formell Oberbefehlshaber der Armee, absolvierte er Hunderte Besuche an der Front sowie in Krankenhäusern und setzte sich für eine menschliche Behandlung von Gegnern ein. Wegen der antideutschen Stimmung im Volk änderte George 1917 den königlichen Familiennamen: Aus Sachsen-Coburg-Gotha wurde Windsor. Weil die russische Zarin aus Deutschland stammte, verweigerte George der 1917 gestürzten Herrscherfamilie Asyl - was sie letztlich das Leben kostete.

Woodrow Wilson (1856-1924)

Der US-Präsident der Jahre 1913 bis 1921 setzte anfangs auf Neutralität. Als die Deutschen jedoch 1917 ihre uneingeschränkten U-Boot-Angriffe auch auf amerikanische Handelsschiffe wieder aufnahmen, erklärte er ihnen im Kongress den Krieg. Die Führung der siegreichen US-Truppen in Europa überließ er dem schlachterprobten General John J. Pershing. Gegen Kriegsende schlug Wilson die Einrichtung eines Völkerbunds als friedenssichernde Organisation vor. Die Mitgliedschaft der USA scheiterte aber am Parlament. 1919 wurde Wilson der Friedensnobelpreis verliehen.

Raymond Poincaré (1860-1934)

Der französische Staatspräsident sah im Krieg die Chance, das 1871 an Deutschland verlorene Elsass-Lothringen zurückzugewinnen. Nach dem Attentat von Sarajevo sicherte er dem russischen Zaren den Beistand Frankreichs für den Kriegsfall zu. Zu Beginn der Kämpfe setzten seine Generäle Philippe Pétain und Ferdinand Foch auf eine Defensiv-Strategie, schließlich gelangen entscheidende Gegenoffensiven. Im Friedensvertrag von Versailles drückte Poincaré hohe Reparationen und die Rückgabe von Elsass-Lothringen durch.

Enver Pascha (1881-1922)

Der türkische Kriegsminister war der "starke Mann" des Osmanischen Reiches und die treibende Kraft für den Kriegseintritt an Deutschlands Seite. Der schwache Sultan Mehmet V. rief die Muslime zum Heiligen Krieg gegen die Entente-Mächte auf. Nach ersten Niederlagen gelang den Türken 1916 an den Dardanellen ein Sieg gegen England und Frankreich. Im Schatten des Krieges kam es zu Massenmorden an den christlichen Armeniern, die als illoyal galten. Die Regierung in Berlin schwieg dazu. Nach dem verlorenen Krieg setzte sich Enver Pascha zunächst ins befreundete Deutschland ab.

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