General unter Feuer

Andreas Treichl spricht über AAA-Verlust und blickt in die Zukunft

von Erste Bank - General unter Feuer © Bild: Lukas Beck/Format

NEWS: Wer hat Sie denn zuletzt gelobt?
Andreas Treichl: Meine Frau, als ich meinen Sohn, der zurzeit auf Krücken gehen muss, in der Schule bis in die Klasse hinaufgebracht habe.

NEWS: Welches Lob erhielten Sie für berufliche Erfolge?
Treichl: Das will ich nicht beantworten. Da kneife ich.

NEWS: Am 10. Oktober 2011 haben Sie bekannt gegeben, dass die Erste Group statt eines erwarteten Jahresgewinns von 850 bis 950 Millionen Euro einen Verlust von 700 bis 800 Millionen Euro erleiden wird. Das hat eine massive Welle an negativen Reaktionen ausgelöst. Wie hat sich für Sie die Welt seitdem verändert?
Treichl: Diese Aktion war für viele ein Schock, weil es so überraschend kam. Dass die Reaktionen so negativ sein würden, habe ich sicher unterschätzt.

NEWS: Können Ihre Aktionäre nach diesem „Bilanzputz“ sicher vor Überraschungen sein?
Treichl: Wir haben uns auf schwierige Zeiten vorbereitet und alles getan, was möglich war, um vor Überraschungen sicher zu sein. Aber sag niemals nie.

NEWS: War es schwer für Sie persönlich? Sie galten bis dahin als Held, haben nie gelernt, mit Kritik umzugehen.
Treichl: Es war nicht unterhaltsam. Aber wenn man schießt, muss man damit rechnen, dass zurückgeschossen wird. Viele haben sich gefreut, dass sie jetzt Negatives sagen können. Es war schmerzhaft, hat Imagewerte gekostet. Ich bin überzeugt, dass wir das Richtige getan haben. Das hat mir Kraft gegeben.

NEWS: Sogar aus dem Raiffeisensektor hörte man, insbesondere die nicht eingehaltene Ankündigung, die Staatshilfe zurückzuzahlen, beweise Ihre Unverlässlichkeit.
Treichl: Ich reagiere nicht auf Kritik von Konkurrenten. Wir wollten zurückzahlen, sind aber dann von der EBA und den neuen Anforderungen für das Eigenkapital von Banken überrascht worden. Wir hatten dadurch plötzlich einen zusätzlichen Eigenkapitalbedarf von 700 Millionen Euro. Ohne diesen hätten wir zurückbezahlt. Wenn ich Raiffeisen wäre, würde ich nicht allzu viel über andere reden, sondern mich um meine eigenen Sachen kümmern.

NEWS: Die Menschen hören, dass ein Argument für den Triple- A-Verlust Österreichs das starke Engagement der heimischen Banken in Osteuropa sei. Was haben sie falsch gemacht?
Treichl: Diese Argumentation ist absurd. Auch Standard & Poor’s irrt manchmal. Sie haben die vorgefasste Meinung, unsere Außenstände in Zentral- und Osteuropa seien zu hoch, und vergessen, dass diese mit Einlagen abgedeckt sind. Das ändert die Risikoeinschätzung, daher fühle ich mich nicht schuldig.

NEWS: Sie nehmen das hin? Das betrifft doch das ganze Land. Unternehmen Sie jetzt nichts?
Treichl: Österreich hat jetzt das gleiche Rating wie die USA bei allen Agenturen. Ich weiß nicht, warum man jetzt in Österreich so ein Tamtam macht. S&P sieht die Situation in Italien und Ungarn falsch. Ich bin nicht schuld daran, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orbán eine komische Politik macht.

NEWS: Ist es ausgeschlossen, dass Ihre ungarische Tochter in Konkurs geht?
Treichl: Ja. Und wir bleiben sicher in Ungarn. Das ist ein wichtiger Markt für uns und die gesamte heimische Wirtschaft.

NEWS: Hätte man unseren Triple- A-Verlust verhindern können?
Treichl: Natürlich: Wenn die Regierung rechtzeitig einschneidende Maßnahmen gesetzt hätte, um das Budgetdefizit zu senken.

NEWS: Die Regierung hätte es demnach in der Hand gehabt?
Treichl: Das ist doch evident: Wer sein Defizit besser im Griff hat und Wirtschaftswachstum fördert, steht auch im Rating besser da.

NEWS: Wie soll die Regierung sparen?
Treichl: Wenn man es nur ausgabenseitig macht, ist es oft schmerzhaft und erfordert An strengung, Mut und Durchsetzungskraft. Einnahmenseitig ist es einfacher.

NEWS: Das heißt, es geht nicht ohne Steuererhöhungen?
Treichl: Unsere Steuerquote ist bereits hoch. Viele Wohlhabende würden einen Beitrag leisten. In Wirklichkeit geht es um die Frage, wo Österreich in zehn Jahren stehen soll. Die Politik hat dafür keinen Plan.

NEWS: Sie wären von einer Reichensteuer betroffen. Was halten Sie davon?
Treichl: Ich bin gegen eine Reichensteuer, die nur Budgetlöcher stopft. Im Moment wird aber die Frage gestellt: „Wo hole ich mir die Kröten her?“ Es fehlt das Konzept für die Steuerpolitik: Will der Staat Arbeit und Leistung besteuern oder Vermögen? Anfang der 90er-Jahre gab es ein sehr gutes Steuerkonzept, um Österreich als Wirtschaftsstandort für Investoren interessant zu machen.

NEWS: Die Regierung will offenbar Reiche stärker besteuern.
Treichl: Die Reichen zu besteuern ist ideologisch, aber sagt nicht, wofür Österreich steht. Wenn die Regierung findet, arbeitslose Einkommen aus Immobilien und Grundbesitz sollen besonders niedrig, Arbeit und Leistung dagegen besonders hoch besteuert werden, dann müssen sich Leute wie ich überlegen, ob sie noch im richtigen Land leben.

NEWS: Sie würden auswandern?
Treichl: Das habe ich nicht gesagt. Aber wir haben 50 Prozent Einkommenssteuer, das liegt schon an der Obergrenze. Der Punkt ist: Es gibt kein Konzept, das erklärt, welche Impulse man mit der Besteuerung setzen möchte.

NEWS: Gäbe es ein gutes Konzept, würden Sie mehr zahlen?
Treichl: Wenn ich es kapiere, dann ja. Ansagen wie „Her mit dem Zaster“ sind mir zu wenig. Aufgabe der Regierung wäre, eine klare Strategie zu entwickeln, wo Österreich in fünf und in zehn Jahren stehen soll.

NEWS: Müssen wir uns sorgen?
Treichl: Österreich hat durch sein Osteuropa-Engagement alle Chancen, wieder auf einen guten Weg zu kommen. Unsere Voraussetzungen sind besser als in den meisten EU-Staaten, weil es in Osteuropa Wachstum geben und unsere Wirtschaft davon profitieren wird.

NEWS: Könnten Sparmaßnahmen die Wirtschaft abwürgen?
Treichl: Das hängt davon ab, was die Regierung für die Wettbewerbsfähigkeit tut. Mittels Steuern, dem Ausmaß der Bürokratie und mit vorhandenen Hürden bei Unternehmensgründungen ist das lenkbar.

NEWS: Wo sehen Sie Einsparungspotenzial beim Budget?
Treichl: Beim Pensionssystem müsste man viel mutiger sein.

NEWS: In welchem Alter werden Ihre Kinder Ihrer Einschätzung nach in Pension gehen, damit es finanzierbar bleibt?
Treichl: Mit 70.

NEWS: Fürchten Sie eine neue oder höhere Bankensteuer?
Treichl: Die jetzige ist schon wenig sinnvoll. Wir haben die höchste Europas, wenn nicht der Welt.

NEWS: Haben Sie hier schlecht verhandelt?
Treichl: Das kann schon sein.

NEWS: Was sind für Sie unmoralische Arten, Geld zu verdienen?
Treichl: Für schlechte Leistungen oder dafür, anderen zu schaden, viel Geld zu bekommen.

NEWS: Trifft das auch auf Finanzprodukte zu?
Treichl: Da hat es in der Vergangenheit eine starke Fehlentwicklung gegeben, indem man Menschen Produkte verkauft hat, deren Risiko sie nicht verstanden haben.

NEWS: Können Sie das für Ihre Bank ausschließen?
Treichl: Nein. Aber wir achten gut darauf, dass die Menschen unsere Produkte verstehen.

NEWS: Betrifft das auch Fremdwährungskredite – etwa in Ungarn?
Treichl: Im Nachhinein betrach - tet haben wir wahrscheinlich über die Risiken nicht gut genug aufgeklärt. Ich war immer ein Gegner von Fremdwährungs krediten. Aber der Druck war so groß, dass wir nachgeben mussten.

NEWS: Wäre eine Aufteilung in Einlagenbanken und Investmentbanken möglich?
Treichl: Nein. Wir machen auch Investmentbankgeschäfte. Das ist per se nicht negativ. Richtig ist: Es gibt viele Fehlentwicklungen in der Finanzwelt. Die müsste man verbieten.

NEWS: Seit Dezember hört man, die Erste Bank habe einige Milliarden in einem Hedgefondsgeschäft, für das Ihr Vize Franz Hochstrasser verantwortlich zeichnet und das derzeit hohe Verluste bringe. Was ist daran richtig?
Treichl: Völliger Quatsch. Das höre ich das erste Mal. Völliger Blödsinn.

NEWS: Viele sagen, Sie haben die rumänische Banca Comerciala Romana (BCR) zu teuer gekauft. Stimmen Sie zu?
Treichl: Der Kauf war extrem teuer. Hätten wir den Preis damals aber nicht bezahlt, dann hätten wir diese Bank heute nicht in unserem Netzwerk. Die Investition wird sich aber hundertprozentig als gerechtfertigt erweisen. Wir werden uns noch darüber freuen. Und im Übrigen schreibt die BCR Gewinne.

NEWS: Welche Auswirkungen hätte ein Downgrading der Erste Bank Group?
Treichl: Das Pricing würde schlechter: Wir würden uns teurer refinanzieren, müssten höhere Zinsen für Anleihen zahlen.

Kommentare

Auf Teufel komm raus... im Osten zu expandieren, fragwürdig gemachte Umsätze (z.B. nur teilbesicherte Fremdwährungskredite für ung. Häuslbauer) zu bejubeln und dann mit Staatshilfe (=Steuerzahler) die Pleitebank zu sanieren- das ist keine Kunst! Das konnte schon Vranitzky....ups...die ganze Bagage ist doch gleich... :-(

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Alle anderen liegen mit ihren Einschätzungen falsch! Nur der Herr Treichl liegt immer richtig. Wissen Sie was Herr Treichl? Sie sind blöde, feige und ahnungslos!

strizzi49 melden

Re: Alle anderen liegen mit ihren Einschätzungen falsch! Einen anerkannt guten Bankenprofi, wie den Treichl als "ahnungslos" zu bezeichnen - dazu gehört schon ein ordentlicher Patzen Ignoranz, Unwissenheit und vor Allem Naivität!
Hauptsache - es wird gematschkert !!!

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Re: Alle anderen liegen mit ihren Einschätzungen falsch! Ein unsinniges Statement, er ist weder blöd, feig noch ahnungslos! Hier geschieht Alles mit Berechnung, auf Kosten der Steuerzahler. Und dann ist man zu jung, zu schön, zu erfolgreich, aus zu gutem Haus.....
Meine Hochachtung aber vor seinem Vater, der führte die Creditanstalt absolut seriös und gut- der war ein Banker der alten Schule!
Die neue Schule passt besser in ein Vorstadtcasino!

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