Ermäßigte Seniorentickets: Unterschiedliche Altersgrenzen laut VfGH verfassunswidrig

VfGH hebt Verordnung von Verkehrsministerin auf Wiener Linien kündigen Änderung des Tarifsystems an

Unterschiedliche Altersgrenzen für Frauen und Männer bei Senioren-Fahrpreisermäßigungen sind verfassungswidrig. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) festgestellt und hat, mit Reparaturfrist bis Jahresende, eine Verordnung von Verkehrsministerin Doris Bures aufgehoben, die die Wiener Linien betrifft. Alle vergleichbare Regelungen seien jedoch "ebenso problematisch" und müssten überdacht werden, sagte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Bures will den Wiener Linien und den ÖBB neue Regelung vorlegen. Die Wiener Linien haben bereits Änderungen beim Tarifsystem angekündigt.

Ermäßigte Seniorentickets: Unterschiedliche Altersgrenzen laut VfGH verfassunswidrig

Für Senioren und Seniorinnen gelten beim Ticketkauf unterschiedliche Altersgrenzen. Diese sind laut VfGH verfassungswidrig. Anlass für die VfGH-Entscheidung waren Anträge zweier Wiener Gerichte, denen Schadenersatzklagen männlicher Busfahrer vorlagen. Konkret ging es um eine Verordnung des Verkehrsministerin nach dem Kraftfahrliniengesetz. Für derartige Altersgrenzen ohne Bezugnahme darauf, ob der bzw. die Betreffende tatsächlich in Pension ist, gebe es keine sachliche Rechtfertigung - und somit widersprechen sie dem Gleichbehandlungsgesetz, betonte VfGH-Präsident Holzinger. Das Gesetz beruht auf einer EU-Richtlinie, die die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbietet.

Dass sich die Fahrpreisermäßigung am unterschiedlichen gesetzlichen Pensionsalter orientiert, sei keine sachliche Rechtfertigung. Vertretbar seien Ermäßigungen für bestimmte Personengruppen wie Bedürftige oder Einkommensschwächere. "Schwer vorstellen" kann sich Holzinger, dass eine gesetzliche Regelung gefunden wird, mit der die Differenzierung nach dem Geschlecht beibehalten werden kann. Denn es wäre eine sachliche Rechtfertigung mit Bezug zum Sachbereich - also zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel - nötig und das sei wohl "schwierig" zu konstruieren.

Nach der Aufhebung der Verordnung durch den VfGH kündigten die Wiener Linien Änderungen bei den unterschiedlichen Altersgrenzen für Männer und Frauen bei Senioren-Fahrscheinen an. "Das wird im Rahmen der Tarifreform eingearbeitet", versicherte Answer Lang, Sprecher der Verkehrsbetriebe, gegenüber der APA. Derzeit arbeitet eine von der rot-grünen Stadtregierung eingesetzte Arbeitsgruppe an einem neuen Ticketsystem, das bis Ende Juni ausgearbeitet werden soll. Im Rahmen der neuen Tarifstruktur werde das Problem gelöst, versicherte Answer Lang, Sprecher der Verkehrsbetriebe, gegenüber der APA. Man gehe davon aus, dass diese dann bis zum Jahresende umgesetzt würden, so Lang. Die Reparaturfrist der aufgehobenen Verordnung des Verkehrsministeriums läuft ebenfalls Ende 2011 aus.

"Wir sind zuversichtlich, dass wir zu einer guten Lösung kommen", sagte der Sprecher. In der Frage, wie diese konkret aussehen könnte, wollte er der Arbeitsgruppe nicht vorgreifen. Lang betonte, dass sich die Wiener Linien bei ihren Ticketermäßigungen für Senioren am gesetzlichen Pensionsalter orientiert hätten. Folglich erhalten derzeit Frauen ab 60 und Männer ab 65 Jahren vergünstigte Tickets.

Verkehrsministerin Bures will den Wiener Linien eine neue Regelung vorlegen. Sie will jedoch nicht nur diese, sondern auch jene der ÖBB reparieren, bei der dieselben Altersgrenzen für Senioren und Seniorinnen gelten, wie bei den Wiener Linien. Bures werde sich um eine neue Regelung bemühen, "die dem Verfassungsgerichtshof gerecht wird". Aber die "Lebensrealität" von Frauen sei, dass sie im Schnitt um 40 Prozent weniger Pension und ein um 18 Prozent niedrigeres Einkommen haben als Männer, merkte die Ministerin an.