Mehrere Tote nach
Erdbeben nahe Rom

Zwei Bergdörfer praktisch zerstört - Beben war auch in Südösterreich spürbar

Die Zahl der Toten nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien steigt und steigt: Laut einer Zählung der italienischen Nachrichtenagentur ANSA am Mittwochnachmittag sind durch die Erdstöße in der Nacht 73 Menschen - unter ihnen auch Kinder - ums Leben gekommen. Offenbar gibt es hunderte Verletzte, tausende Menschen wurden obdachlos. Für sie werden Zeltstädte errichtet und Sporthallen geöffnet.

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    Schweres Erdbeben erschüttert Italien

    Dem Erdboden gleich gemacht: Amatrice

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    Schweres Erdbeben erschüttert Italien

    Neue Luftaufnahmen von der italienischen Stadt Amatrice zeigen das ganze Ausmaß der Katastrophe

Die Orte Amatrice und Accumoli wurden praktisch völlig zerstört. Schwerste Schäden richtete das Beben auch in der kleinen Gemeinde Arquata an. Das Beben in einer Tiefe von vier Kilometern hatte nach Angaben der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) in Wien eine Magnitude von 6,2. Es war vereinzelt sogar in grenznahen Regionen von Kärnten und der Steiermark zu spüren. Dem ersten Beben um 3.36 Uhr folgten mehrere zum Teil heftige Nachbeben - zuletzt eines am Nachmittag mit einer Magnitude von 4,9.

Panik riefen die Erdstöße auch in der umbrischen Stadt Norcia hervor. In der Geburtsstadt des Heiligen Benedikt (geb. 480) wurde der Dom in Mitleidenschaft gezogen. Zu spüren waren die Erdstöße auch im rund 140 Kilometer vom Epizentrum entfernten Rom, wo Menschen aus dem Schlaf gerissen wurden. Das Kolosseum in Rom soll auf mögliche Schäden überprüft werden.

»Amatrice existiert nicht mehr, unsere ganze Gemeinde liegt in Trümmern«

"Amatrice existiert nicht mehr, unsere ganze Gemeinde liegt in Trümmern", sagte Bürgermeister Sergio Pirozzi. In dem Ort mit seinem mittelalterlichen Zentrum, der sich auf der Liste der schönsten Dörfer Italiens befindet, haben viele Römer ihre Urlaubsdomizile. Amatrice galt als Gastronomie-Hochburg und ist Namensgeber der Pasta all' Amatriciana. Fast 2.600 Einwohner wurden obdachlos. "Es ist eine Tragödie wie in L'Aquila vor sieben Jahren", sagte der Bürgermeister der Stadt in den Abruzzen. Dort kamen bei einem Erdbeben 2009 fast 300 Menschen ums Leben. Nach Angaben der ANSA vom Mittwochnachmittag kamen allein in Amatrice 35 Menschen ums Leben. "Jeder kennt jeden in Amatrice, viele Bekannte von mir haben Angehörige verloren", sagte die Lehrerin Lia Capriccioli zur APA. Die Frau aus Rom hielt sich in ihren Ferienhaus auf, als die Erde bebte, und kam dann im Hauptquartier des Zivilschutzes unter.

Der Bürgermeister des Ortes Accumoli, Stefano Petrucci, sprach von 2.500 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Es sei kein einziges Haus mehr bewohnbar. "Wir müssen eine Zeltstadt für die gesamte Bevölkerung organisieren", sagte Petrucci. "Obwohl August ist, herrschen hier nachts zehn Grad." Laut ANSA starben in Accumoli mindestens elf Menschen. In Arquata del Tronto wurde eine junge Familie ebenfalls in ihrem Ferienhaus verschüttet. Die Eltern überlebten, die eineinhalb Jahre alte Tochter starb. Tragischer Aspekt: Die Mutter hatte das vor sieben Jahren das verheerende Erdbeben in L'Aquila überlebt und war dann aus Furcht vor weiteren Beben aus der Stadt weggezogen.

Der italienische Regierungschef Matteo Renzi und Präsident Sergio Mattarella haben den Opfern des Erdbebens bereits Hilfe zugesagt. Aus vielen Ländern gingen Zusagen für Unterstützung ein. "Wir bieten unsere bestmögliche Unterstützung an", schrieb Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf Twitter an seinen italienischen Amtskollegen Paolo Gentiloni. Auch österreichische Hilfsorganisationen leisteten über italienische Partnerorganisationen Unterstützung.

Viele Dörfer nur schwer erreichbar

Eines der Probleme in der gebirgigen Region ist die schlechte Erreichbarkeit der Dörfer. Straßen waren zum Teil durch Steinschlag verlegt. Auf dem Weg nach Amatrice war eine Brücke teilweise eingestürzt. Das Beben führte auch zu einem Stromausfall, von dem Zehntausende Haushalte betroffen waren. Verletzte - ihre Zahl stand vorläufig nicht fest - mussten in weiter entfernte Spitäler gebracht werden. In Amatrice stürzte das kleine Krankenhaus zwar nicht ein, war aber großteils unbrauchbar. 15 Patienten mussten das Gebäude in der Nacht in aller Eile verlassen.

Schlimm sieht es auch in Pescara del Tronto aus. Hier sind mehrere Tote zu beklagen, eine Familie mit zwei kleinen Kindern wurde verschüttet - kein Lebenszeichen von ihnen. "Es war schrecklich. Mein Mann ist mit meiner Tochter aus dem Fenster gesprungen, um sie zu retten", erzählte eine Frau. In einem anderen Fall rettete eine Großmutter ihre vier und sieben Jahre alten Enkel, weil sie sie unter einem Bett geschützt hatte.

Eine Mutter, die wegen des schweren Beben in L'Aquila vor sieben Jahren aus der Stadt weggezogen ist, hat bei dem jetzigen Beben laut Medienberichten ihr Kind verloren. Martina Turco war mit ihrem Partner und ihrer eineinhalbjährigen Tochter in Arquata del Tronto in ihrem Ferienhaus, als das Gebäude einstürzte. Die Familie wurde verschüttet. Die Frau und ihr Lebensgefährte überlebten, der Vater mit Verletzungen am ganzen Körper. Beide wurden in ein Krankenhaus gebracht. Für die kleine Marisol kam die Hilfe zu spät.

Regionen aus Sicherheitsgründen evakuiert

In der Region Marken wurde die gesamte Gemeinde Arquata aus Sicherheitsgründen evakuiert. Hier ist ein Ehepaar unter den Trümmern seines Hauses ums Leben gekommen. Besonders betroffen war auch eine Urlaubsortschaft im Apennin, Amatrice, 140 Kilometer nordöstlich von Rom. Die Patienten des lokalen Krankenhauses mussten die Anlage verlassen. Auch in anderen Orten der Region wurden beschädigte Spitäler und Seniorenheime geräumt.

Eine Angstnacht erlebte auch die umbrische Kleinstadt Norcia, Geburtsort des Heiligen Benedikt. Der Mönch, der im fünften und sechsten Jahrhundert gelebt hat, gilt als einer der Väter des abendländischen Mönchtums und ist Schutzpatron Europas. Die Kathedrale wurde stark beschädigt. Dutzende Touristen, die sich in der Ortschaft befunden hatten, rannten in Panik auf die Straßen.

Das Epizentrum des Erdbebens mit einer Stärke von mehr als 6 lag in einer Tiefe von vier Kilometern. Die Erschütterungen waren bis in die rund 150 Kilometer entfernte Hauptstadt Rom zu spüren, dort wurden die Einwohner aus dem Schlaf gerissen. Nach dem ersten Erdbeben um 3.36 Uhr kam es rund eine Stunde später zu einem starken Nachbeben. Experten warnten vor weiteren Nachbeben. Italien wird aufgrund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert.

Nachbeben mit Stärke 4,9

Am Mittwochnachmittag ist ein Nachbeben mit der Magnitude 4,9 auf der Richterskala in Arquata, eine der vom Erdbeben betroffenen Gemeinden, registriert worden Das neue Beben löste Angst unter der Bevölkerung aus, berichteten italienische Medien.

Keine Hinweise auf österreichische Opfer

Nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien in der Nacht auf Montag gibt es "bisher keine Hinweise, dass Österreicher unter den Opfern sind". Das sagte der Sprecher des Außenministeriums, Thomas Schnöll, am frühen Nachmittag. Die Botschaft in Rom stehe in ständigem Kontakt mit den italienischen Behörden, die einen Krisenstab gebildet hätten.

Aus Anlass der Naturkatastrophe wies der Sprecher auf die Möglichkeit einer Reiseregistrierung beim Ministerium hin. Diese sei nicht nur bei Aufenthalten in "exotischen Gebieten" hilfreich, sondern auch bei etwaigen Katastrophen im jeweiligen Urlaubsland. Zuvor registrierte Reisende können so im Fall des Falles vom Außenministerium kontaktiert werden. Nach anfänglich wenigen hundert Einträgen pro Monat werde das System mittlerweile monatlich von bis zu 30.000 Personen genutzt.

Reiseregistrierung des Außenministeriums: http://www.reiseregistrierung.at

EU bereit zu helfen

Die EU will Italien nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien unterstützen. "Die EU ist bereit zu helfen", erklärte der für Krisenmanagement und humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides am Mittwoch in Brüssel.

Bisher habe Italien die EU-Kommission um Satellitenbilder zur Schadenseinschätzung gebeten. "Das wird natürlich gemacht werden", sagte Stylianides. Derzeit prüfe das Nothilfe-Koordinierungszentrum der EU-Kommission noch gemeinsam mit den italienischen Stellen, welche zusätzliche Hilfe geleistet werden kann.

Weitere Nachbeben prognostiziert

Laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) sind bereits auch einige Nachbeben in der Region registriert worden. "Sie waren stark spürbar und hatten eine Magnitude im Bereich von 5,0. In den nächsten Tagen und Wochen sind weitere Nachbeben zu erwarten", heißt es in der ZAMG-Aussendung. Ihre Stärke nehme war ab, weitere Schäden seien aber nicht auszuschließen, da manche Gebäude durch das Hauptbeben geschwächt oder beschädigt sind.

Darum bebt die Erde in Italien öfters

Italien gehört laut ZAMG zu den besonders erdbebengefährdeten Ländern Europas. Ein Beben dieser Stärke komme in Italien durchschnittlich alle zehn Jahr vor, wie die Meteorologen berichten. Der Grund dafür liegt unter dem Land: Dort bewegt sich ein etwa tausend Kilometer langer Keil der afrikanischen Platte mehrere Meter im Jahrhundert nach Norden und Westen und drückt gegen die Alpen und den Appenin. Dabei bauen sich Spannung im Untergrund auf. Werden diese Spannungen zu groß, kommt es zu einem Bruch und die Erde bebt.

Das Erdbeben sei nach Angaben der Meteorologen auch in Teilen von Österreich spürbar gewesen. Zum Beispiel habe es aus den südlichen Regionen von Kärnten und der Steiermark Meldungen über das Wahrnehmungsformular auf der Website (www.zamg.ac.at/cms/de/aktuell/erdbeben) gegeben.

Kommentare

Tavington melden

wenn italien so gefährdet ist, dann sollen sie erdbebensicher bauen, nicht herumpfuschen. gott sei dank, dass sie keine atomkraftwerke haben.

Denksport melden

? ständig nur motschgern. Na hoffentlich gibt es in Wien kein Erdbeben, damit der Kernreaktor im 2. Bezirk nicht Probleme macht. Schon mal daran gedacht?

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