Wie erdbebengefährdet
ist eigentlich Österreich?

Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Erdbeben

Mittelitalien ist am Mittwoch von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Immer wieder kommt es in dieser Region zu Beben mit verheerenden Folgen. Welche Gebiete in Europa besonders gefährdet sind, wie ein Erdbeben entsteht und wie häufig die Erde in Österreich bebt.

von Aufgeklärt - Wie erdbebengefährdet
ist eigentlich Österreich? © Bild: Shutterstock

1. Wie entsteht ein Erdbeben?

Natürliche Ursache

Der Auslöser für Erdbeben liegt unter der Erdkruste: Tektonische Gesteinsplatten verschieben sich - oft nur wenige Zentimeter im Jahr -, eine Platte drückt dabei gegen die andere. Dort, wo die Platten aneinandergrenzen, bauen sich enorme Spannungen auf. Werden diese Spannungen für die Erdkruste zu groß, entladen sie sich in einer ruckartigen Verschiebung und die Erde bebt.

Menschliche Verursacher

Beben können jedoch auch vom Menschen verursacht werden. US-Forscher warnten im März 2016 vor der wachsenden Gefahr von Erdbeben, die durch menschliche Aktivitäten ausgelöst werden. Hauptursache für die "künstlich" ausgelösten Beben ist laut Forschern die Entsorgung von Abwässern aus der Öl- und Erdgasförderung in tiefen Bodenschichten im Zuge des sogenannten Frackings.

2. Wie wird die Stärke von Erdbeben gemessen?

Die Magnitude ist ein Maß für die Stärke von Erdbeben. Die bei einem Beben freigesetzte Energie wird mit Seismometern gemessen. Je höher die Magnitude umso stärker das Erdbeben. Es existieren unterschiedliche Methoden zur Bestimmung der Magnitude, sogenannte Magnitudenskalen. Früher wurde die Richterskala häufig verwendet um die Erdbebenstärke zu bestimmen. Heute wird sie nur noch eingeschränkt eingesetzt, da sie vor allem zuverlässige Werte bei Nahbeben (maximal 600 bis 1.000 Kilometer vom Epizentrum entfernt) liefert. Heute ist vor allem die entfernungsunabhängige Momenten-Magnituden-Skala gebräuchlich, die das Seismische Moment für die Bestimmung der Magnitude benutzt.

Kriterien für die Richterskala:
Stärke 1-2: nur durch Instrumente nachweisbar
Stärke 3: nur nahe dem Bebenherd zu spüren
Stärke 4-5: im Umkreis von 30 Kilometern um das Epizentrum spürbar, leichte Schäden.
Stärke 6: mäßiges Beben, Todesopfer und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen

Stärke 7:
starkes Beben mit oft katastrophalen Folgen und Todesopfern
Stärke 8: Großbeben, schwere Schäden beziehungsweise Verwüstungen und eine zahlreiche Todesopfer

Im Gegensatz zu den Magnitudenskalen stehen die Intensitätsskalen. Die Intensität ist ebenfalls ein Maß für die Stärke von Beben und beschreibt die Auswirkungen eines Erdbebens auf Landschaft, Straßen oder Gebäude. Ein Beispiel dafür ist die Mercalli-Skala. In Österreich ist heute die modifizierte Mercalli-Sieberg-Skala gebräuchlich. Sie misst die seismische Intensität von Beben.

Das Erdbeben mit der weltweit größten Magnitude war jenes von Valdivia (Chile) am 22. Mai 1960. Das Beben erreichte auf der Momenten-Magnituden-Skala einen Wert von 9,5. 1.655 Menschen sollen schätzungsweise ums Leben gekommen sein. "Das tödlichste Erdbeben Europas seit Messbeginn ereignete sich 1908 in Messina", sagt Anton Vogelmann, Geophysiker der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Damals seien über 70.000 Menschen ums Leben gekommen.

3. Wie hoch ist die Bebengefahr in Österreich?

ZAMG-Experte Vogelmann
© privat ZAMG-Geophysiker Anton Vogelmann

"In Österreich herrscht eine moderate Bebengefahr", sagt Vogelmann. Das heuer bisher stärkste Beben ist am 25. April 2016 in Alland mit einer Magnitude von 4,2 gemessen worden. In Österreich werden durchschnittlich von der Bevölkerung 40 Erdbeben pro Jahr gespürt, wie die ZAMG mitteilt. Die Erde bebt jedoch weitaus häufiger, als wir es wahrnehmen. Von Jänner 2016 bis heute haben Österreicher insgesamt 49 Beben gemeldet, gemessen wurden 819 natürliche Beben.

Zumeist bewegt sich die Stärke der Erdbeben in Österreich im unteren Bereich. Die Magnitude 5 wurde zuletzt am 16. April 1972 in Seebenstein (Niederösterreich) überschritten. Ein Beben, das schwere Schäden an Gebäuden verursacht, kommt laut ZAMG nur sehr selten in Österreich vor. Die durchschnittliche Wiederkehrperiode beträgt etwa 75 Jahre. Allerdings sei die Schwankungsbreite bei derartigen statistischen Zahlen sehr groß, wie Vogelmann mitteilt.

Am häufigsten bebt die Erde in Österreich im Bereich der bedeutenden, tektonisch aktiven Zonen. Dazu zählen folgende Gebiete: das Rheintal in Vorarlberg, das Inntal und Seitentäler, das Mur- und Mürztal, das Semmeringgebiet und das Wiener Becken.

4. Welche Regionen in Europa sind erdbebengefährdet?

In Italien, Griechenland und der Türkei ist die Erdbebengefahr in Europa am höchsten. In Italien treffen gleich drei Platten aufeinander: die adriatische, die eurasische und die afrikanische Platte. Der italienische Stiefel sei das sichtbare Zeichen der adriatischen Platte, die sich unter die afrikanische Platte - die nach Norden drückt - schiebt, wie der Experte mitteilt.

In Griechenland sei die westgriechische Küste gefährdet, weil sich dort der andere Grenzverlauf der adriatischen Platte befinde.

In der Türkeisind es laut Geophysiker vor allem die nord- und ostanatolischen Störungslinien, die für eine erhöhte Erdbebengefahr verantwortlich sind. Die afrikanische und die arabische Platte drücken dabei gegen die anatolische Platte und diese schiebt wiederum horizontal - in Richtung Westen - an der eurasische Platte vorbei. Seit 1939 hat es daher bereits einige verheerende Erdbeben in der Türkei gegeben. Istanbul ist dadurch stark erdbebengefährdet. "In den nächsten paar Jahrzehnten wird es dort mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem starken Beben kommen", sagt Vogelmann.

Im Sommer 2012 hat das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) in Deutschland eine Karte mit den Risikozonen Europas veröffentlicht:

EMEC
© GFZ

Karten der Epizentren der Erdbeben in EMEC sowie Plattengrenzen (rot) und ausgewählte Bruchstörungen erster Ordnung (schwarz) katalogisierte Beben für Magnitude ≥ 6

5. Wie verhält man sich im Fall eines Bebens richtig?

Wie soll man sich im Ernstfall bei einem Beben verhalten? Für den Fall, dass es in Österreich zu einem stärkeren Erdbeben kommt, hat die ZAMG in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium bereits 2011 eine Broschüre herausgegeben. In dem Ratgeber stehen auch Ratschläge zum "Schutz vor Erdbeben". In dem Unterkapitel heißt es unter anderem:

Während eines starken Erdbebens

  • Im Haus weilende Personen sollen die schon früher ausgewählten Plätze aufsuchen und das Ende des Erdbebens abwarten. Die Nähe von Fenstern meiden.
  • Nicht ins Freie laufen.
  • Im Freien befindliche Personen sollen dort bleiben und einen Sicherheitsabstand zu Gebäuden und elektrischen Freileitungen einhalten, um nicht durch herabfallende Bauteile, wie Dachziegel, Schornsteine, Balustraden oder Leitungen gefährdet zu werden.
  • Unter Sicherheitsabstand ist normalerweise 5 Meter zu verstehen. In engen Straßen, wie sie z.B. in Stadtzentren vorkommen, am besten den nächsten Hauseingang oder die nächste Hauseinfahrt aufsuchen.

Nach einem starken Erdbeben

  • Im Haus: Bauschäden überprüfen. Offene Feuer (Kamin, Kerzen etc.) löschen, den elektrischen Strom mit dem Hauptschalter ausschalten und die Haupthähne von Gas und Wasser schließen. Bei Einsturzgefahr das Haus mit Notgepäck umgehend verlassen.
  • Bei Schäden am Gebäude, insbesondere Kamin: Häuser und Wohnungen erst wieder betreten, wenn diese von Fachleuten als sicher bezeichnet wurden.
  • Draußen Sicherheitsabstand zu Gebäuden einhalten, weil Nachbeben weitere Schäden verursachen können und Gebäudeteile herabstürzen können.
  • Radio einschalten und Instruktionen über das weitere Verhalten abwarten.

Zur Vorbeugung ist auch erdbebensicheres und normgerechtes Bauen wichtig, um im Ernstfall größere Schäden am Haus zu vermeiden. Vor allem die Baunorm ÖNORM EN 1998-1 (Erdbeben-Baunorm) ist zu beachten.

Kommentare

Henry Knuddi

hier zeigt sich wie stark die natur ist und wie schwach die technik ist

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