Ihre persönliche Liebesg’schicht

Seit 32 Jahren ist die Alltagspsychologin mit Schauspieler Hermann Schmid verheiratet

von
Elizabeth T. Spira - Ihre persönliche Liebesg’schicht

Elizabeth T. Spira und ihre Klientel, die sie im Fernsehereignis „Liebesg’schichten und Heiratssachen“ mit sachte grausamer Zärtlichkeit porträtiert, könnten verschiedener nicht sein. Den schwachsinnigen Kuppel-Shows des Privatfernsehens wurde da ein Juwel entgegengesetzt. Mehr als eine Million ORF-Teilnehmer wollen das am Montaghauptabend um 20.15 Uhr nicht versäumen.

„Ich könnte in Österreich nirgendwo anders leben als in Wien. Mit dieser Stadt verbindet mich eine Hassliebe, hier habe ich noch immer etwas aufzuarbeiten“, sagt die gebürtige Engländerin, deren fabulöse „Alltagsgeschichten“ selbst in der Wiederholung – sonntags auf ORF 2 – Spitzen­quoten erzielen.

Die jüdischen Eltern flohen im Zweiten Weltkrieg vor den Nazis nach London, wo sie selbst vor bald 70 Jahren geboren wurde. Das T. im Namen heißt Toni und war der Deckname ihres Vaters im Widerstand. „Ich hatte nie das Bedürfnis, meine Geschichte zu erzählen. Ich bin zurückhaltend“, winkt die ingeniöse Intervie­werin ab, wenn es um Privates geht.

Der ideale Gatte
„Ich habe mich immer eher als Zeugin oder zuhörender Mensch verstanden. Ich bin ­lieber in der Rolle der Fragenden. Ich bin nicht sehr offen, sondern ein distanzierter Mensch. Das ist ganz wichtig in meinem Beruf.“ Unnahbar wirkt sie mit der rauchigen Stimme und dem Wuschelkopf – „mein Markenzeichen“ – dennoch nicht. Viel eher beobachtend, abwartend, in sich ruhend. „Ich vertraue mich hauptsächlich meinem Mann und engen Freunden an“, sagt sie. Um dann doch Blicke in ihr Leben zu gewähren. Der Mann, mit dem sie gefunden hat, wonach sich ihre Klientel verzehrt, ist der frühere Burgschauspieler Hermann Schmid, 71 und die ideale Ergänzung zur rastlos Umtriebigen und Arbeitsbesessenen. „Für mich wäre es unerträglich, als Paar 24 Stunden lang alles gemeinsam zu machen. Das hat man oft in Pensionistenhaushalten“, verrät Spira ihr Ehegeheimnis. „Mein Mann und ich bleiben uns nichts schuldig“, sagt sie und blickt ihren Lebensmenschen voller Gefühl an. Das liebevolle Necken hält die Ehe auch nach 32 Jahren noch frisch.

Rollenverteilung – bitte nicht klassisch
Von der klassischen Rollenverteilung halten die in der politischen Linken Sozialisierten nichts. „Mein Mann ist die Hausfrau. Er kocht, ich kann nichts außer Eierspeise“, lässt sie ihr unwiderstehlich keh­liges Lachen – Resultat jahrzehntelangen lustvollen Rauchens – ertönen. Hermann Schmid spielt außerdem Klavier, verwaltet die üppige Bibliothek, trainiert, um für seine Frau fit zu bleiben, und widmet sich mit Hingabe dem vierjährigen Enkel Sammy.

„Mein Mann, der mehr Zeit als ich hat, ist ein ganz fanatischer Großvater. Ich bin als Oma etwas weniger im Einsatz, aber was soll ich machen“, verweist sie auf die Schattenseite des Erfolgs. Auf das Familienleben wollte die mit dem Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik ausgezeichnete Spitzenjournalistin bei ­aller Leidenschaft für den Beruf nie verzichten. „Unsere Tochter Hannah ist zu uns gekommen, als sie drei Wochen alt war“, denkt Spira an die Adoption der heute 31-Jährigen. „Ich wollte nicht mehr Kinder. Eins war wirklich genug. Obwohl es natürlich leichter mit zwei Kindern ist, weil die miteinander spielen oder zumindest streiten können.“

Hannah wurde von ihr früh zur Selbständigkeit ermutigt: „Ich finde es gut, dass meine Tochter und ich nicht mehr zusammenleben. Ich denke, Kinder und Enkel müssen ab einem bestimmten Zeitpunkt ihr eigenes Leben führen. Meine Tochter wollte relativ bald ausziehen, und ich hatte nichts dagegen. Im jüdischen Studentenheim gab’s noch eine Wohnung zu mieten. Das wird so stark von der Polizei kontrolliert, da hab ich sie in sicheren Händen gewusst.“ Heute lebt Hannah in einer glücklichen Beziehung mit dem afrikanischen Vater ihres Kindes. Die beiden kennen einander seit Schulzeiten.

Beziehungsbegabt
Die vielen Jahre als TV-Kupplerin haben sie selbst zur Expertin in Herzensan­­ge­legenheiten werden lassen. „Ich glaube nicht, dass die Leute heute einsamer sind als früher. Es gab immer schon Beziehungsbegabte und weniger Begabte. Meine Mutter hat selbst im Pensionistenheim noch neue Bekanntschaften gemacht. Und dann gibt es Leute, die seit Ewigkeiten alleine oder bösartig sind und vereinsamen“, ergeht sie sich in der Alltagspsychologie, die ihre Sendungen einzigartig macht.
Weshalb die derart berühren? Das müsse an der Authentizität liegen. „Ich höre zu und spüre mein Gegenüber. Wahrscheinlich ist es auch die Erfahrung. Man wird ja nicht umsonst alt.“

Am 24. Dezember wird die notorisch Schwarz Tragende siebzig. Man feiert an diesem Tag „Weihnukka“, Weihnachten und Chanukka in einem. Mit dem Enkel, aber ohne Tannenbaum, dazwischen kommen und gehen die Freunde, unter ihnen viele heimische Maler, deren Werke sich in der Wohnung wiederfinden. „Ich habe keine ­Befindlichkeiten mit meinem Jubiläum. Ich feiere es, weil es schön ist, alt zu werden.“

Ans Aufhören denkt sie nicht einmal. Nur die „Alltagsgeschichten“ will sie nie wieder aufleben lassen: „Mit 70 muss man nicht mehr unbedingt nächtelang in verrauchten Lokalen sitzen.“ Noch dazu, wo sie das Rauchen aufgegeben hat. „Leider“, sagt sie, und ein paar nikotinreiche Jahrzehnte klingen in ihrer Stimme nach.

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