Politischer Psycho-Thriller

Schilling brachte im Akademietheater seine Produktion "Eiswind" zur Uraufführung

von "Eiswind" am Wiener Akademietheater © Bild: Reinhard Maximilian Werner

Eine Designer-Waldhütte hat Juli Balázs als Kubus auf die sonst schwarze Bühne des Akademietheaters gestellt. Frank, ein ehemaliger Literaturprofessor aus der DDR, (Frank Rockstroh) nimmt dort Zuflucht von Ehekrise und Alltag. Er soll die Grabrede auf einen Freund, einem ehemaligen Stasi-Mitglied halten, bevor er seine Hütte verlässt, taucht die Ungarin Ilona (Lilla Sárosdi) bei ihm auf und gibt sich als Putzfrau aus. In seiner Abwesenheit taucht Ilonas Mann János (Zsolt Nagy) auf und quartiert sich ein.

"Eiswind" am Wiener Akademietheater
© Reinhard Maximilian Werner

Als Frank mit seiner Frau Judith (Alexandra Henkel) und dem erwachsenen Sohn Felix (Martin Vischer) zurückkehrt, droht ein Sturm aufzukommen. Auch Wölfe sollen die Menschen in der Gegend bedrohen. Janos ist Polizist, agiert wie ein Ranger, der sich in wilder Natur zu behaupten weiß, bekehrt zunächst den Sohn, einen koksenden Schauspieler. Nach und nach bringt er die Familie in seine Gewalt. Das erzählen Arpad Schilling und Eva Zabezsinkijs in "Eiswind/Hideg szelek".

Spiel mit Klischees

Passagen des etwas mehr zwei Stunden währenden Stücks haben das Format eines Hollywood-Thrillers mit humoresken Einlagen. Das Spiel mit Zitaten aus Webers "Freischütz" und dem Alten Testament der Bibel machen das Geschehen vorhersehbar. Der Theatermacher Arpad Schilling ist ein erklärter Gegner der rechten Regierung Viktor Orbans in Ungarn. Mit seinem Stück zeigt er, wie leicht es sein kann, Menschen in einer Zeit der Flüchtlingskrise nach rechts zu verführen. Und dabei lässt er kein Klischee aus: der typische Ungar ist heute radikal, konservativ und Macho, die Frau aus dem Westen erfolgreich und so liberal, dass sie ihren Sohn auch kiffen lässt, der typische linke Intellektuelle wie Frank schwelgt in Selbstherrlichkeit. Unbestritten ist "Eiswind" ein schlüssiger Kommentar der Gegenwart, der aber hart an der Grenze zum Kitsch schrammt.

Kommentare