Einziger Politiker, der Präsident von zwei Staaten war: Porträt von Stipe Mesic

Sieht sich als "Präsident aller kroatischen Staatsbürger" Anfang der 70er Jahre ein Jahr im

Höhepunkt seiner zweiten Amtszeit könnte der Beitritt Kroatiens zur EU sein. Mitte Dezember war beim Gipfel in Brüssel der Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien für 17. März 2005 festgesetzt worden. Bis dahin müsse jedoch bestätigt sein, dass die Regierung in Zagreb uneingeschränkt mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenarbeite.

Die 25 EU-Staaten verlangten, dass Kroatien den "letzten Angeklagten" so schnell wie möglich ausfindig macht und ihn nach Den Haag überstellt. Gemeint ist Ex-General Ante Gotovina, der wegen Verbrechen an serbischen Zivilisten im Krieg zwischen Serbien und Kroatien Anfang der 1990er-Jahre angeklagt ist.

Im Gegensatz zu Tudjman, dem "Präsidenten aller Kroaten", sieht sich Mesic als "Präsident aller Staatsbürger Kroatiens". Somit repräsentiert er zwar demonstrativ die serbische Minderheit im Land, jedoch nicht die kroatische Bevölkerung von Bosnien-Herzegowina oder die zahlenmäßig starke Gemeinde der Auslandskroaten in Kanada und den USA.

Mesic stammt aus Slawonien, am Heiligen Abend feierte er seinen 70. Geburtstag. In den 50-er Jahren studierte er in Zagreb Jus. Nach dem Studienabschluss 1961 fand er eine Stelle bei der Staatsanwaltschaft in der slawonischen Stadt Nasice. Nach zwei Jahren wurde Mesic Richter in seinem Geburtsort Orahovica in Slawonien.

1965 war er der erste Abgeordnete im Parlament der damaligen Sozialistischen Teilrepublik Kroatien, der nicht der Kommunistischen Partei angehörte. Zwei Jahre später wurde er Bürgermeister in Orahovica.

Der "Kroatische Frühling" beendete vorerst Mesics politische Karriere im Einparteiensystem. Er wurde als Bürgermeister abgesetzt und verlor sein Mandat im Parlament. Wegen "feindlicher Propaganda" wurde er zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. In der Haftanstalt Stara Gradiska erbte er das Bett von jenem Ustascha, der 1945 seine Großmutter umgebracht hatte.

1972 kam Mesic wieder frei und arbeitete bis 1989 in einem Zagreber Architekturstudio. Zusammen mit seinem langjährigen Bekannten Franjo Tudjman organisierte Mesic eine neue Partei: Die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ).

Ab 30. Mai 1990 war er kroatischer Ministerpräsident und Mitglied des Präsidiums des damaligen Jugoslawien. Im Juli 1991 wurde Mesic neuer Präsident des noch existierenden Vielvölkerstaates Jugoslawien. Im Dezember - während des Kriegs - kam Mesic wieder nach Zagreb: "Es gibt kein Jugoslawien mehr", sagte er damals.

Im neuen Staat Kroatien wurde er Parlamentspräsident. Er stritt immer häufiger mit Präsident Tudjman über Bosnien-Herzegowina. 1994 gründete Mesic mit anderen HDZ-Dissidenten eine neue Partei: die Unabhängigen Kroatischen Demokraten (HND). Sie scheiterten bei den Parlamentswahlen 1995, und nach einem internen Konflikt wechselte Mesic 1997 zur Volkspartei (HNS).

Im Jänner 2000 bewarb er sich um das Präsidentamt, obwohl ihm Umfragen vorerst nur ein paar Prozent der Stimmen voraussagten. Im ersten Wahlgang am 24. Jänner lag Mesic mit 41,11 Prozent klar vor Drazen Budisa (Sozialliberale/HSLS) mit 27,71 Prozent, gegen den er sich letztlich in der Stichwahl durchsetzte. (apa/red)