Dürre: Ist unsere Wasserversorgung in Gefahr?

"Dürren werden immer wahrscheinlicher werden", heißt es vonseiten des Climate Change Center Austria. "Der seit Beginn der 2000er Jahre beobachtete Mangel an Niederschlag könnte zu einer langfristigen Dürreperiode gehören", warnt Geosphere Austria. Womit wir den besorgniserregenden Trend befeuern und welche Folgen das für Mensch, Tier und Umwelt hat.

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Dürre © Bild: iStockphoto.com

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Was versteht man unter Dürre?

Das deutsche Umweltbundesamt beschreibt Dürre als einen "extremen, über einen längeren Zeitraum herrschenden Zustand, in dem zu wenig lebensnotwendiges Wasser für Menschen, Tiere und Pflanzen verfügbar ist". Es handelt sich dabei nicht lediglich um eine Trockenheit, wie sie in Wüsten oder Halbwüsten vorherrscht, sondern um ein "komplexes Wechselspiel zwischen Wasserverfügbarkeit, dem vorherrschenden Wetter und dem Wasserbedarf von Menschen, Tieren und Pflanzen". Die Dürre ist nach dieser Definition eine Problematik, die auf alle Kontinenten auftreten kann.

Dürre wird anhand einer Reihe von Indizes gemessen, die nicht nur den Niederschlag, sondern auch Bodenfeuchte, Temperatur, Verdunstung und Abfluss umfassen. Es werden auch der Wasserstand in Flüssen, die Füllgrad von Wasserspeichern, Ernteertragsberichte und der Zustand der Vegetation miteinbezogen. Auch Grundwasser und Schneedecke sind Indikatoren zur Beurteilung einer Dürre.

Während die Dürre in seiner meteorologischen, landwirtschaftlichen oder auch hydrologischen Form ein physikalisches Phänomen ist, steht bei der sozio-ökonomischen Dürre die Verteilung sowie das Verhältnis von Angebot und Nachfrage im Mittelpunkt - sei es im Handel, beim Transport oder in anderen Bereichen.

Ursachen für Dürre

Grundsätzlich sind Dürreperioden ein natürliches Wetterphänomen. Jedoch kann menschliche Umweltzerstörung die Dürre und ihre Auswirkungen verstärken.
Die Klimaerwärmung befördert Dürre nachweislich: Auf der einen Seite kann wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen. Dementsprechend verdunstet mehr Wasser aus den Böden. Andererseits dehnt sich mit den wärmeren Temperaturen die Vegetationsperiode. Pflanzen treiben früher aus und gehen später in die Winterruhe. Dadurch entziehen sie dem Boden über einen längeren Zeitraum Wasser. Zudem ist die Dauer es Sonnenscheins in den letzten 150 Jahren gestiegen. Dies lässt den Boden noch schneller austrocknen.

Wann war die letzte Dürre in Österreich?

Starke Dürreperioden gab es in Österreich laut einer auf Geosphere Austria veröffentlichten Studie in den 1860er und in den 1940er Jahren. Als Folge der Dürre im 19. Jahrhundert trocknete der Neusiedler See fast zur Gänze aus. "Auch der seit Beginn der 2000er Jahre beobachtete Mangel an Niederschlag in vielen Regionen Österreichs könnte zu so einer langfristigen Dürreperiode gehören", heißt es vonseiten Geosphere Austria.

»Der seit Beginn der 2000er Jahre beobachtete Mangel an Niederschlag könnte zu einer langfristigen Dürreperiode gehören«

Durch Messungen des European Drought Observatory lassen sich Gebiete in Österreich ermitteln, die von landwirtschaftlicher Dürre betroffen sind. Wenig überraschend: Die Zahl der stark betroffenen Gebiete vergrößert sich. Hinzu kommt: "Dürren werden immer wahrscheinlicher werden", wie das CCCA schon vor Jahren schrieb.

Die größten Dürren in Europa

Manchen ist die Hitzewelle und Dürre aus dem Jahr 2003 vielleicht noch in Erinnerung.

Im Jahr 1540 fand aber eine sogenannte Megadürre in Mitteleuropa statt. Monatelang regnete es kaum oder gar nicht. In der Schweiz gab es laut einem auf "researchgate.net" veröffentlichten Bericht im Jahr 1540 um 80 Prozent weniger Niederschlagstage als im Schnitt des 20. Jahrhunderts. Berichten zufolge konnten große europäische Flüsse wie der Rhein oder die Seine durchwatet werden. Sie führten nur zehn Prozent der üblichen Wassermenge. Sehr viele Nutztiere starben aufgrund der großen Hitze und Trockenheit. Gras und Heu waren Mangelware. Die Preise für Lebensmittel wie Mehl schnellten in die Höhe. In weiterer Folge kam es zu einem vorübergehenden Ausfall der wichtigsten Energie- und Transportsysteme. Großflächige Waldbrände vernichteten eine Vielzahl menschlicher Besiedlungen.

Im Vergleich dazu fiel die vielfach beschworene Hitze- und Dürrewelle im Jahr 2003 geradezu moderat aus, so das Oeschger Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern. Womit ihre schwerwiegenden Folgen aber nicht relativiert werden sollen. Schätzungen zufolge sind ihr 70.000 Menschen zum Opfer gefallen. Die Landwirtschaft Europas musste Ernteeinbußen von bis zu zehn Prozent ertragen.

Aktuelle Lage in Europa und weltweit

Im Bericht "Drought in Europe" der Europäischen Dürrebeobachtungsstelle wird beinahe auf dem halben Kontinent vor Dürre gewarnt. Dies betrifft die meisten Länder West-, Mittel- und Südosteuropas. Hier habe die Dürregefahr zugenommen. Für 17 Prozent der Landfläche ist der Zustand bereits alarmierend.

In Europa ist vor allem der Bereich um das Mittelmeer immer wieder von Dürreperioden betroffen. Von lang andauernden Trockenzeiten, die über das durchschnittliche Maß hinausgehen, sind vor allem die Mittelmeerländer betroffen. Im Jahr 2007 führte dies vor allem in Griechenland, Portugal und Spanien zu Waldbränden, in Spanien blieb in den Folgejahren der Regen bis zu 18 Monate aus. Errichtete Entsalzungsanlagen reichten für die Bewässerung der Landwirtschaft nicht aus, sodass, wie in einem "zeit.de"-Bericht erläutert, über Wasserlieferungen aus Spaniens Norden nachgedacht wurde.

Der UNICEF zufolge leben weltweit 160 Millionen Kinder in Regionen, die von schweren und sehr lange andauernden Dürren betroffen sind. Die schlimmsten Auswirkungen hatten Dürreperioden am Horn von Afrika, in Somalia, Kenia und Äthiopien. Aber auch Madagaskar, Malawi, der Südsudan und die Sahelzone waren in der jüngsten Vergangenheit von extremer Trockenheit betroffen.

Globale Folgen von Dürre

Die Folgenden von Dürren sind vielfältig, da weite Teile des menschlichen Lebens und Wirtschaftens in irgendeiner Weise mit der Wasserversorgung zusammenhängen. In erster Linie kann die Wasserversorgung unter Druck geraten, in weiterer Folge die Erträge der Nahrungsmittelproduktion. Gibt es hier einen Rückgang, so kommt es zum Anstieg der Lebensmittelpreise, was insbesondere für ökonomisch schlecht gestellte Bevölkerungsteile existenziell bedrohlich werden kann. Fehlendes Wasser bedeutet aber auch einen Rückgang beim Ertrag des Viehfutters, was wiederum die Preise für tierische Nahrungsmittel steigen lässt.

Niedrige Wasserpegel können zum Erliegen von Teilen des Schiffsverkehrs führen. Außerdem können Engpässe in der Stromversorgung auftreten, wenn das Wasser als Kühlelement ausbleibt oder für den Betrieb von Turbinen fehlt. Die Gefahr von Wald- und Flurbränden steigt. Zuletzt wird eine zunehmende Bodenerosion nicht nur Staub- oder gar Sandstürme mit sich bringen, sondern auch Murenabgänge begünstigen.

»2022 mussten mehr als 30 Millionen Menschen ihre Heimat wegen Naturereignissen verlassen«

Der UNHCR zufolge mussten im Jahr 2022 mehr als 30 Millionen Menschen ihre Heimat wegen Naturereignissen wie Dauerregen, langanhaltender Dürre, Hitze oder Stürmen kurz- oder sogar langfristig verlassen.

Die Dürre fördert aber auch Skurriles zutage, wie der ORF 2022 berichtete: "Durch die gefallenen Pegelstände zahlreicher Seen und Flüsse wurden mittlerweile vermehrt Relikte freigelegt, darunter eine Brücke aus der Zeit Kaiser Neros, diverse Kriegsschiffe, buddhistische Statuen und ganze Dörfer."

Folgen der Dürre für Österreichs Landwirtschaft

Extreme Wetterereignisse und langfristige Änderungen der Wetterverhältnisse bringen Probleme für die Landwirtschaft mit sich. In unseren Breitengraden bis dato wenig bekannte Schädlinge wie der Maiszünsler, der Maiswurzelbohrer oder Rebzikaden werden künftig zunehmend für Ernteausfälle sorgen. Gleichzeitig kann die zunehmende Dürre Ökosystemfunktionen wie zum Beispiel den Humusaufbau oder die Bestäubung durch Insekten beeinträchtigen. Berechnungen des Climate Change Center Austria (CCCA) gehen von 100 Millionen Euro Schaden pro Jahr allein durch Rückgänge bei der Bestäubungsleistung von Insekten und unterbleibender Schädlingskontrolle durch Nützlinge aus. "Hitze und Dürre dürften die Produktion vor allem im Süden und Osten Österreichs gefährden", heißt es in einer Broschüre des CCCA. Im Jahr 2040 können die Dürre-bedingten Ernteverluste im Osten Österreichs die 30 Prozentmarke übersteigen. Aber auch in den wenig betroffenen Regionen, wie Kärnten oder der Steiermark, ist mit einem Minus von zehn Prozent zu rechnen.

»Hitze und Dürre dürften die Produktion vor allem im Süden und Osten Österreichs gefährden«

Ist Österreichs Wasserversorgung gesichert?

In Österreich werden laut der im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums durchgeführten Studie "Wasserschatz Österreich" jährlich 3,1 Milliarden Kubikmeter Wasser zur Nutzung entnommen. Nur etwa ein Prozent der vorhandenen Wasserressourcen Österreichs wird für die Trinkwasserversorgung eingesetzt. Insbesondere im Osten Österreichs werden schon heute einzelne Grundwasserkörper "stark genutzt", so die Studie. Mehrere aufeinander folgende Trockenjahre könnten zu "sehr angespannten Nutzungsverhältnissen" führen und Grundwasserpegel langfristig sinken lassen.

"Wasserschatz Österreich" spricht von möglichen "Spannungsfeldern" für die Zukunft. Um diese abzufangen, könnte es notwendig werden, dass Regionen in Dürreperioden zukünftig von außen mit Wasser versorgt werden müssen. Die Trinkwasserversorgung in Österreich ist damit gesichert.

»Konflikte rund um die Ressource Wasser wären vorprogrammiert«

Dem Climate Change Center Austria zufolge können zunehmende Dürre und die Folgen für die Landwirtschaft mit künstlicher Bewässerung zwar weitgehend ausgebremst werden. Im Osten Österreichs könnten jedoch Grundwasserreserven fehlen, um die Felder zu bewässern. Ein Anstieg der Investitionskosten für die Bewässerungsinfrastruktur wiederum erhöht den wirtschaftlichen Druck auf die Landwirtschaft. Damit "wären Konflikte rund um die Ressource Wasser vorprogrammiert".

Ab wann wird Dürre gefährlich?

Durch die weltweit vermehrten Dürre-Ereignisse gerät die Energieversorgung in Österreich zunehmend unter Druck. Auch die vor Erosion schützende Vegetationsdecke leidet unter den Dürreperioden. Die Zunahme an Dürreperioden leistet Hangrutschungen und Murenabgängen Vorschub. Spätestens dann kann es für Menschen akut gefährlich werden. Eine Gefahr für die Wirtschaft und somit auch für die Bevölkerung stellt zunehmende Dürre aber schon jetzt dar. Die Österreichische Hagelversicherung und die Universität für Bodenkultur sprachen bereits im vergangenen Jahr von Dürreschäden in der Höhe von einer Milliarde Euro.

Was kann man gegen Dürre tun?

Dürre lässt sich nicht aufhalten und im Vergleich zu anderen Naturkatastrophen auch schwer vorhersagen. Einzig die Auswirkungen auf Menschen können abgebremst werden, indem eine funktionierende Trinkwasserversorgung, der Zugang zu Lebensmitteln und einem funktionierenden Gesundheitssystem sichergestellt werden.

In Extremfällen muss die Wasserversorgung eingeschränkt werden, wie dies im Jahr 2018 im südafrikanischen Kapstadt der Fall war. Dort wurden Strafzahlungen auf übermäßigen Wasserverbrauch verhängt und die Wassertarife durch die Stadt erhöht. Toiletten wurden mit Abwaschwasser gespült und Sammelbecken für Regenwasser installiert. Am effektivsten war es aber, im Wassereinzugsgebiet invasive Pflanzen zu entfernen, die besonders viel Wasser aufnehmen. "Invasive Arten wie Kiefern oder Eukalyptus [saugen] viel mehr Wasser auf und verringern so die Wasservorräte der Stadt", heißt es auf "dw.com".

In der japanischen Hauptstadt Tokio wurde in die Infrastruktur investiert. So konnte man Lecks in Wasserleitungen schließen und damit den Wasserverlust von sechs auf drei Prozent senken.

In Ländern mit Dürre-Erfahrung wurden schon im vorletzten Jahrhundert Entsalzungsanlagen errichtet, um auch das Meerwasser nutzbar zu machen, so etwa in Namibia. In Europa wird indes an neuen Technologien zur Wasseraufbereitung gearbeitet, mithilfe derer Brackwasser und später auch Schmutzwasser wieder zu Trinkwasser gemacht werden kann.