Doping-Causa Humanplasma: Kundenliste reichte von Kugler bis zu Stephanie Graf

Zeugenaussagen belasten Totschnig und Botwinow Laut Kohl auch ausländische Sportler betroffen

"25 bis 30 Sportler" haben organisiertes Blutdoping in den Räumen der Wiener Plasmapheresestation Humanplasma in Anspruch genommen. Das geht aus übereinstimmenden Aussagen von Humanplasma-Geschäftsführer Rudolf Meixner, dem Hämatologen Paul Höcker und der Krankenschwester Andrea W. hervor. In den der APA - Austria Presse Agentur vorliegenden Zeugenvernehmungen der "Soko Doping" zur Causa Humanplasma werden insgesamt 13 Sportler namentlich erwähnt. Die Kundenliste reicht vom mäßig erfolgreichen Radprofi Josef Kugler bis hin zur Weltklasseläuferin Stephanie Graf.

Doping-Causa Humanplasma: Kundenliste reichte von Kugler bis zu Stephanie Graf

Die konkretesten Angaben zu Namen von Athleten machte Meixner, der als Geschäftsführer der Humanplasma GmbH die Räumlichkeiten und erforderlichen Arbeitsmittel für die Blutabnahmen zur Verfügung stellte. "Neben den Ruderern von der ersten Sitzung habe ich jedenfalls die Sportler Christian Hoffmann, Stephanie Graf, Georg Totschnig und Michail Botwinow bei der Firma Humanplasma, konkret im Abnahmeraum, in dem die Blutabnahmen durchgeführt wurden, gesehen", gab Meixner am 8. September 2009 zu Protokoll. "Das Geld für sämtliche Blutabnahmen der genannten Sportler (Hoffmann, Graf, Totschnig und Botwinow) an diesem Tag habe ich von Walter Mayer persönlich erhalten."

Österreichs ehemalige 800-m-Topathletin Graf gab zwar zu, dass sie auf Vermittlung ihres Trainers Helmut Stechemesser Humanplasma im Jahr 2003 wegen einer für Dopingzwecke bestimmten Blutabnahme aufgesucht habe. Die deswegen noch bis 20. Juni 2012 gesperrte Olympia-Zweite von Sydney 2000 sagte aber bei ihrer Zeugenvernehmung am 24. September 2009 aus, dass sie nur "ein einziges Mal" und "alleine bei Humanplasma" gewesen sei. Damit steht ihre Aussage im Widerspruch zu jener von Meixner.

Totschnig und Botwinow in Bedrängnis
Gegen Langlauf-Olympiasieger Hoffmann läuft seit 31. Dezember 2009 ein Verfahren der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA), während die Staatsanwaltschaft Wien gegen den zweifachen Langlauf-Olympia-Medaillengewinner Botwinow und den ehemaligen Radstar Totschnig einen Strafantrag wegen falscher Zeugenaussage eingebracht hat. Botwinow hatte am 15. September 2009 als Zeuge unter Wahrheitspflicht erklärt, er sei nie in den Räumlichkeiten der Wiener Firma "Humanplasma" gewesen und habe sich dort niemals Blut abnehmen lassen.

Bei Totschnig geht es um Angaben in seiner Vernehmung am 14. September 2009. Der Tiroler, der 2005 nach seinem Tour-de-France-Etappensieg zu "Österreichs Sportler des Jahres" gewählt worden war, bestritt damals, dass ihm Gerlinde Mayer (die Ehefrau von Walter Mayer, Anm.) bei der Frankreich-Radrundfahrt einen Blutbeutel übergeben habe. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich Krankenschwester Andrea W. in ihrer Zeugenvernehmung am 17. September 2009 daran erinnern konnte, "dass Frau Mayer zwei- oder dreimal gemeinsam mit Walter Mayer von der Firma Humanplasma Blutbeutel abgeholt hat".

Andrea W., die gemeinsam mit dem Transfusionsmediziner Höcker die Blutabnahmen durchführte, identifizierte insgesamt acht österreichische Sportler als Humanplasma-Kunden, wobei sie sich "konkret" an Graf erinnern konnte. Aufgrund von gezeigten Lichtbildern erkannte sie auch Hoffmann, Botwinow, Totschnig, die Langstreckenläuferin Susanne Pumper, Biathlon-Ex-Weltmeister Wolfgang Rottmann sowie die Langläufer Martin Tauber und Jürgen Pinter. Rottmann, Tauber und Pinter waren allesamt in den ÖSV-Doping-Skandal bei den Olympischen Winterspielen 2006 verwickelt.

Von oberster Stelle "abgesegnet"
Höcker ("Ich bin für mein schlechtes Personengedächtnis bekannt") konnte sich dagegen bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 29. September 2009 nur an Graf und Pumper erinnern, hatte aber wie Meixner den Eindruck, dass Blutdoping von oberster Stelle "abgesegnet" worden wäre. "Uns wurde durch Walter Mayer der Eindruck vermittelt, dass der ÖSV als Verband zu den Ery-Abnahmen steht", gab der Mediziner zu Protokoll. Gleichzeitig merkte er aber an: "Eine konkrete diesbezügliche Aussage von Mayer oder Matschiner wurde nicht getätigt."

Laut Höckers medizinischen Kenntnissen sei die "Anwendung des Eigenblutdopings relativ gefahrenlos. Ich war in dem Glauben, dass die Rückführung der Ery-Konzentrate durch Mediziner erfolgen würde." Der Transfusionsexperte gestand weiters, dass von ihm auch "bei einem oder maximal zwei Sportlern ein sogenannter Plasmaaustausch durchgeführt" wurde. Mit dieser Methode wird der Doping-Nachweis erheblich erschwert.

Sowohl Höcker als auch Andrea W. konnten nicht ausschließen, dass auch Sportler aus anderen Nationen zu Dopingzwecken durchgeführte Blutabnahmen bei Humanplasma in Wien durchführen ließen. Hinweise auf ausländische Athleten lieferte vor allem die Aussage des geständigen Rad-Dopingsünders Bernhard Kohl, der in seiner Zeugenvernehmung vom 30. März 2009 angab, dass er bei seinen Terminen bei Humanplasma neben den Rad-Profis Christian Pfannberger, Michael Weiss und Josef Kugler auch "zwei weibliche Athletinnen, beide Ausländerinnen", bei der Blutabnahme gesehen habe.

Kohl identifizierte schließlich anhand eines Lichtbildes 800-m-Hallenweltrekordlerin Jolanda Ceplak aus Slowenien. "Stefan Matschiner hat mir erzählt, dass bei Humanplasma seit 2003 Top-Athleten aus dem In- und Ausland zwecks Eigenblutdoping waren. Unter anderem sollen Topfahrer des niederländischen Rabobank-Radteams bei Humanplasma gewesen sein. Diese sollen dabei von Teamverantwortlichen begleitet worden sein", gab Kohl weiters zu Protokoll.

(apa/red)