Die Prozesse des Jahres 2006: Kindermord, Wirtschaftsskandale & heiße Politverfahren

Doch Richter und Staatsanwälte drohen mit Streiks PLUS: Die BILDER der wichtigsten Prozesse 2006!

Ende Jänner beginnt vor einem Wiener Jugendgericht die Strafverhandlung gegen Nikola N., der beschuldigt wird, im vergangenen September am Polytechnikum Schopenhauerstraße den 14-jährigen Mitschüler Kevin vor Dutzenden Mitschülern mit dem Messer getötet zu haben. Mord, Totschlag, Notwehr? Ein Prozess wird Schuld oder Unschuld des 15-jährigen Angeklagten klären.

Nicht minder spektakulär jener Amoklauf eines OMV-Bediensteten, der im burgenländischen Potzneusiedl drei Menschen tötete und dem im Frühjahr im LG Eisenstadt der Prozess gemacht wird.

Das LG Graz steht ebenfalls im Frühjahr im Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn eine biedere Buchhalterin und ihr Lebensgefährte, ein Tischler, vor dem Geschworenensenat stehen. Ihnen wird zur Last gelegt, vier oder fünf Babys unmittelbar nach der Geburt getötet und in Kübeln einbetoniert zu haben.

Aufsehen erregende Wirtschaftsprozesse
Vermutlich noch vor dem Sommer wird ein Einzelrichter des Wiener LG für Strafsachen den bisher größten Insiderhandel-Prozess in der österreichischen Strafgeschichte abhandeln. Nicht weniger als 30 Alteigentümer der Brau Union bzw. deren Angehörige, Bekannte oder Sekundärinsider werden von Staatsanwalt Krakow beschuldigt, im Zusammenhang mit dem Unternehmensverkauf an Heineken durch Insidertrading 10 Millionen Euro verdient zu haben. Einschlägige Judikaturen gibt es nicht - der Fall (der als Höchstbestrafung mit Geldbußen geahndet wird) hat daher Signalwirkung auf die künftige Rechtssprechung. Die Justizministerin erhofft sich von dieser Causa Präventionswirkung.

Wohin Hunderte Millionen der ehemaligen Papier- und Buchkette Libro verschwunden sind, wird André Rettberg (der, geflüchtet, von NEWS zurückbegleitet wurde) ebenfalls noch vor dem Sommer einem Schöffengericht erklären müssen. Betrug und/oder Untreue, möglicherweise auch Freispruch - für Rettberg ist alles drin.

Steuerprüfer frisierten die Buchhaltung
Kaum weniger spektakulär wird jener Straffall um den Finanzamtsskandal in Innsbruck, bei dem gleich mehrere Betriebsprüfer der Bestechlichkeit und des Amtsmissbrauchs beschuldigt werden. Sie sollen, was besonders apart ist, bei jenen Firmen die Buchhaltung frisiert haben, in denen sie danach Steuerprüfungen durchgeführt (und nichts Beanstandenswertes gefunden) haben.

In die Reihe großer Wirtschaftsprozesse einzureihen sein wird auch das Untreue- bzw. Betrugsverfahren der Wiener Amis-Manager, die beschuldigt werden, 16.000 Mittel- und Kleinanleger um Dutzende Millionen Euro geschädigt zu haben. Zwei der drei Verdächtigen sitzen noch in einem Gefängnis in Venezuela, von wo aus sie alle Rechtsmittel ergreifen, um nicht ans Wiener Straflandesgericht ausgeliefert zu werden. Mit etwas Fortüne (und noch viel Aufklärungsarbeit) kann dieser Prozess noch heuer stattfinden.

Ob es hingegen in der Causa Ökoprofit (in der ein Grazer Beamter beschuldigt wird, den nordafrikanischen Markt ökologisch aufgerollt zu haben und ökonomisch dabei über eine Milliarde Miese gemacht zu haben) noch heuer zu einer Anklage kommt, ist fraglich. Eine Person sitzt zwar in Haft - die Staatsanwaltschaft Graz hat jedoch alle Hände voll zu tun, anklagefähige Beweise aufzustellen.

Heiße Politverfahren
Das medial wohl spektakulärste Strafverfahren wird im heurigen Sommer - möglicherweise wird es Herbst - im LG Graz stattfinden: die Causa Herberstein. Tatsache ist, dass im schlagzeilenstärksten Tierpark Österreichs wegen vorsätzlicher Abgabenverkürzung (es geht dabei um kleinere Beträge von unter 200.000 Euro) gerichtliche Strafverfahren eingeleitet wurden. Ungewiss ist freilich noch, wer unter Anklage gestellt wird - die societybewusste Gräfin Andrea Herberstein, ein ehemaliger Geschäftsführer oder sonstwer. Gar nicht sicher ist auch, ob die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs und/oder Förderungsmissbrauchs Anklage erheben wird. Die Herbersteins wurden spektakulärste Opfer des steirischen Wahlkampfes 2005.

Wegen Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz in Wien vor Gericht gestellt werden der britische Schriftsteller David Irving und der Ex-FPÖ-Adelige John Gudenus. Dessen Exparteifrau Susanne Riess-Passer muss sich vor dem LG für Zivilrechtssachen einem Spesenrückzahlungsprozess stellen. Politisches Spektakel.

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