Viertes Kabinett
von Merkel ist komplett

SPD stellte Ministerriege am Freitag vor

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Das Auswärtige Amt übernimmt der bisherige Justizminister Heiko Maas von Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel. CDU-Chefin und Kanzlerin Merkel drang in München auf eine schnelle Arbeitsaufnahme der neuen Regierung, die am Mittwoch vereidigt werden soll. Davor steht im Bundestag die Wiederwahl Merkels bevor.

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles, die im April auch den Parteivorsitz übernehmen soll, und Scholz stellten die Ministerinnen und Minister einzeln vor, nachdem zuvor Präsidium und Parteivorstand die Liste gebilligt hatten. Zusammengestellt worden war die Ministerriege von dem Führungs-Duo in Absprache mit den großen Landesverbänden Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die mit der neuen Umweltministerin Svenja Schulze und Hubertus Heil als Arbeits- und Sozialminister im Kabinett vertreten sein werden. Justizministerin wird Katarina Barley, die bisherige Familienministerin. Sie folgt damit auf Maas. Jüngste SPD-Ministerin wird mit 39 Jahren die Berliner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey als Familienministerin.

Nahles bezeichnete Scholz, mit dem sie ein langjähriges Vertrauensverhältnis verbindet, als einen der "profiliertesten Finanzpolitiker Deutschlands". Seine große Leidenschaft sei "gut zu regieren". Der 59-Jährige sei ein "großer Gewinn für die Bundespolitik". Der künftige Außenminister Maas habe als Justizminister diplomatisches Geschick bewiesen sowie Standfestigkeit und eine klare Haltung, "gerade, wenn es darum ging, Rassismus zurückzuweisen". Heil übernehme mit dem Arbeitsministerium ein Kernressort für die SPD. Der 45-Jährige, der seit fast 20 Jahren in der Bundespolitik ist, sei über viele Jahre mit Wirtschaft, Bildung und Arbeit befasst gewesen.

Scholz sagte, bei der Auswahl der Kabinettsmitglieder hätten "hohe Fachkompetenz" und die Fähigkeit, große Apparate zu führen, eine Rolle gespielt. Barley würdigte er mit den Worten: "Sie bringt das mit, was man braucht, um eine hervorragende Leiterin des Justizressorts zu sein." Die Rheinland-Pfälzerin ist promovierte Juristin.

Giffey habe sich als Bürgermeisterin von Neukölln als durchsetzungsfähig erwiesen. Der Bezirk mit mehr als 300.000 Einwohnern würde als eigenständige Stadt laut Scholz zu den größten 20 deutschen Städten zählen. Die neue Umweltministerin, die nordrhein-westfälische SPD-Generalsekretärin Schulze, sei als einstige umweltpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion "in diesem Themenfeld zu Hause".

Sein Amt als Erster Bürgermeister von Hamburg will Scholz in der nächsten Woche niederlegen. Nach sieben Jahren an der Spitze des Senats wollte Scholz am Freitagabend in Hamburg mitteilen, wer sein Nachfolger werden soll. Als Favorit dafür wurde in Medienberichten der SPD-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft, Andreas Dressel, gehandelt.

Die neuen Minister der SPD meldeten sich erstmals zu Wort, nachdem sie in einer Sondersitzung auch der Bundestagsfraktion vorgestellt wurden. "Für mich ist es eigentlich als Neuköllner Bürgermeisterin immer wichtig gewesen zu sagen: Es ist nicht wichtig, woher du kommst, sondern wer du sein willst", sagte Giffey, die als einzige gebürtige Ostdeutsche im Kabinett sitzt. Bundeskanzlerin Merkel war zwar in der DDR aufgewachsen, wurde aber in Hamburg geboren.

Die designierte Umweltministerin Schulze kündigte eine "sozialdemokratische Umweltpolitik" an: "Ich komme aus einem Industrieland und ich weiß, dass man Arbeit und Umwelt nicht gegeneinander ausspielen darf." Der künftige Arbeitsminister Heil sagte, für ihn gehe es um den sozialen Rechtsstaat, den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Zukunft der Arbeit.

Merkel sagte bei der Handwerksmesse in München, nach der Regierungsbildung am Mittwoch müsse sehr schnell die Arbeit aufgenommen werden. Es gelte, Deutschland für das nächste Jahrzehnt fit zu machen. Man müsse etwa die Digitalisierung voranbringen. Mit Frankreich zusammen werde man die Unternehmenssteuerreform rasch angehen, gerade angesichts der US-Steuerreform. Der Wirtschaft sicherte sie zu, dass die Sozialbeiträge vom Lohn in Grenzen blieben: "Es gibt das klare Bekenntnis im Koalitionsvertrag, dass die Lohnnebenkosten unter 40 Prozent bleiben."

Die Spitzenverbände der Wirtschaft nannten es "irritierend, wenn mit dem Koalitionsvertrag mehr Erschwernisse und mehr Belastung auf Unternehmen und Betriebe zukommen, statt Flexibilität und Erleichterung".

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