"Den Massenmord befördert": Fünf Jahre Haft für Auschwitz-Wachmann

Beihilfe zum Mord an 170 000 Häftlingen verjährt nicht - WJC begrüßt Urteil

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Das Landgericht Detmold im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen sah es am Freitag als erwiesen an, dass der 94 Jahre alte Reinhold Hanning als Wachmann zum Funktionieren der Mordmaschinerie in Auschwitz beigetragen hat. "Sie waren knapp zweieinhalb Jahre in Auschwitz und haben damit den Massenmord befördert", sagte Richterin Anke Grudda zu Beginn der Urteilsbegründung.

Hanning hatte im Prozess zugegeben, Mitglied der SS-Wachmannschaft gewesen zu sein und vom Massenmord gewusst zu haben. Er war von Anfang 1942 bis Juni 1944 in dem nationalsozialistischen Vernichtungslager eingesetzt. In Auschwitz kamen während des Zweiten Weltkriegs mindestens 1,1 Millionen ums Leben.

Mit dem Strafmaß blieb das Gericht unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die sechs Jahre Haft gefordert hatte. Hannings Verteidiger hatten Freispruch beantragt. Es seien im Prozess keine Beweise für die direkte Beteiligung Hannings an konkreten Taten vorgelegt worden. Er habe zu keinem Zeitpunkt Menschen getötet, geschlagen oder dabei geholfen.

Der 94-Jährige hatte den Prozess weitgehend regungslos verfolgt. Überlebende Auschwitz-Häftlinge hatten ihn vergeblich zu einer umfassenden Aussage aufgefordert. In einer persönlichen Erklärung hatte Hanning lediglich gesagt, er bereue zutiefst, "einer verbrecherischen Organisation angehört zu haben".

Hanning ist der zweite ehemalige SS-Angehörige, gegen den in jüngster Zeit ein Urteil wegen Beihilfe zum Mord in Auschwitz ergangen ist. Das Landgericht Lüneburg hatte im Juli 2015 den als "Buchhalter von Auschwitz" bezeichneten Oskar Gröning zu vier Jahren Haft wegen der Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Bundesgerichtshof muss noch über eine Revision entscheiden.

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald S. Lauder, begrüßte den Urteilsspruch für Hanning. Dieser sei Teil einer "gnadenlosen Killermaschine" gewesen und habe das Urteil bekommen, was er verdient habe, schrieb Lauder am Freitag in einer Aussendung. Der Prozess sei spät gekommen. Er habe aber vielen Auschwitz-Überlebenden Gelegenheit gegeben, gehört zu werden. Allerdings sei es Hanning und vielen seiner SS-Kameraden sieben Jahrzehnte lang vergönnt gewesen, ein ruhiges Leben zu leben. Die meisten hätten sich nicht für ihre Verbrechen verantworten müssen.

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