David Kross: Vom
"Vorleser" zum "Boy 7"

Der Schauspieler über seinen neuen Film und wie er den Hollywood-Hype erlebt hat

von David Kross in "Boy 7" © Bild: Bernd Spauke/Luna Filmverleih

News.at hat den Hauptdarsteller in Wien getroffen. Im Interview verrät der 25-Jährige deutsche Schauspieler mit Hollywood-Erfahrung, warum er in diese Rolle geschlüpft ist, was es heißt, schon so jung ins Schauspiel-Business geworfen zu werden und wieso er hofft, dass sein Privatleben auch künftig privat bleibt.

David Kross in "Boy 7"
© Luna Filmverleih David Kross als Sam in "Boy 7"

Was hat sie an der Rolle am meisten gereizt?
Hauptsächlich hat mich gereizt, einmal in einem Thriller mitzuspielen. Das habe ich vorher noch nie gemacht und in Deutschland gibt es nicht so viele Chancen dafür, weil in dieser Richtung nicht so viel produziert wird. Und Özgür Yildirim war genau der richtige Regisseur für diesen Stoff. Ich habe schon seine ersten beiden Filme "Chiko" und "Blutsbrüdaz" toll gefunden. Ich fand auch die Geschichte einfach gut, es ist ein spannender Thriller, der gleichzeitig ein ernstes Thema der heutigen Zeit behandelt.

Was waren für Sie die herausforderndsten Szenen im Film?
Die vielen Nachtdrehs. Wenn man oft Lichtentzug ausgesetzt ist, macht das schon viel mit einem. Das passt aber stellenweise gut zur Stimmung vom Film. Ich musste viel laufen. Und wir hatten Unterwasserszenen, das war etwas ganz Neues für mich. Der Unterwasser-Kuss war nicht so einfach. Ich habe unter Wasser gar nichts gesehen, alles war total verschwommen. Auch die finalen Szenen, in denen ich in voller Montur schwimmen und immer wieder tauchen muss, waren nach einem langen Drehtag schwierig. Aber häufig transportiert sich so eine Atmosphäre vom Set in den Film.

David Kross in "Boy 7"
© Luna Filmverleih Das Bild zeigt Sam, kurz nachdem er in der U-Bahnstation erwacht ist.

Weltweit bekannt sind Sie durch Ihre Rolle in "Der Vorleser" geworden. Damals sind Sie mit 17 ins Hollywood-Filmbusiness geschmissen worden. Wie war das für Sie?
Es ging bei mir eigentlich mit dem Film "Knallhart" (2006, Anm. der Red.) los, das war mein erster großer Kinofilm unter der Regie von Detlev Buck. Ich habe in den Sommerferien den Film gedreht, bin danach wieder zur Schule gegangen und habe mir gedacht, damit ist meine Arbeit erledigt. Aber ein Jahr später, wenn der Film herauskommt, geht die Arbeit auf eine andere Art weiter. Das war mir zuerst nicht so bewusst. Das war meine erste große Konfrontation mit dem Filmbusiness. Für mich war es ein erster toller Film und eine gute Erfahrung. Beim Vorleser bin ich vor der schauspielerischen Herausforderung gestanden, auf Englisch und mit internationalen Schauspielern zu drehen. Wenigstens hatte ich schon ein bisschen Erfahrung und ich wusste, worum es geht. Ich habe mich am Set aber wohl gefühlt, weil wir ein großartiges Team waren und das ist das Wichtigste.

Was war es für ein Gefühl mit einer Hollywood-Größe wie Kate Winslet gemeinsam vor der Kamera zu stehen?
Es war toll. Ich war wahnsinnig aufgeregt. Durch ihren Humor und ihre Bodenständigkeit hat sie mir sehr geholfen, aber nicht nur mir, sondern dem ganzen Team am Set.

Und wie sind sie nach dem Kinostart von "Der Vorleser" mit dem weltweiten Hype um Ihre Person umgegangen?
Es war für mich natürlich schon absurd, plötzlich in anderen Ländern von Leuten erkannt zu werden. Ich wusste, dass diese Leute mich nicht wirklich kennen. Sie kennen nur einen Teil von mir, eine Rolle. Es ist auch irgendwie komisch, man war sozusagen im Wohnzimmer der Leute und hat dort sehr persönliche Sachen gemacht. Die Menschen haben dann manchmal das Gefühl, sie kennen dich. Sie kennen aber nur die Arbeit, die ich gemacht habe und nicht mich persönlich.

Inwieweit ist die Familie in dieser Zeit für Sie eine Rückhalt gewesen?
Ich konnte mit meiner Familie über das alles reden. Mittlerweile ist es wieder etwas ruhiger geworden, aber damals war das für sie etwas Neues, der ganze Hype um meine Person. Es sind zum Beispiel auf einmal irgendwelche Journalisten vor der Tür gestanden und meine Familie wusste im ersten Moment nicht, was sie ihnen jetzt über mich erzählen sollen. Daran mussten sie sich erst gewöhnen.

Wie wichtig ist es Ihnen, dass das Privatleben auch privat bleibt?
Daniel Day-Lewis (britischer Schauspieler, Anm. der Red.) beeindruckt mich da sehr, weil er sein Privatleben völlig heraushält. Dadurch sind seine Rollen so verschieden und glaubwürdig, das ist sehr faszinierend und sehr wichtig. In diesem Maß wie er das macht, ist es für mich glaube ich nicht möglich, aber es ist mir wichtig darauf zu achten. Denn wenn die Leute zu viel von dir wissen, dann bis du nur noch eine Rolle.

Sie haben 2011 in dem Steven Spielberg Film "Gefährten" mitgespielt. Und damit noch mehr Hollywood-Erfahrung gesammelt. Steigen dann die Ansprüche an einen selbst?
Ansprüche an mich selbst habe ich immer gehabt. Man darf nicht zu viele Ansprüche an sich selbst haben, man muss einfach sein Bestes geben und mehr kann man nicht machen. Außer vielleicht hoffen, mit guten Leuten zusammenzuarbeiten. Überhaupt einmal mit Steven Spielberg drehen zu können war eine wertvolle und schöne Erfahrung für mich. Ich musste zwei Monate lang reiten lernen und hatte die besten Reitlehrer, für die zwei Sekunden, die ich dann durch das Bild geritten bin. Das ist eine ganz andere Art von Filmemachen, mit einem enormen Budget. Für Steven Spielberg war das eher ein kleinerer Film, aber für mich war es beeindruckend. Es gab ein riesiges Set, mit vielen Komparsen und Requisiten. Das einmal zu erleben, war einfach toll.

Was macht für den Schauspieler und den Film den Unterschied zwischen großen Hollywood-Produktionen und weniger aufwändigen produzierten Filmen aus?
Hauptsächlich ist es wirklich das Geld. Bei "Boy 7" hatten wir zum Beispiel eine gute Idee und manchmal reichen auch gute Ideen. Wir waren ein sehr kleines Team und alle Mitwirkenden standen hinter dem Film. Es gab viele Nachtdrehs und es war zeitweise sehr anstrengend, die Nerven lagen blank. Alle sind aber respektvoll miteinander umgegangen und wollten den Film so gut wie möglich machen. Man merkt es dem Film nicht an, dass wir nicht so viel Budget zur Verfügung hatten. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man das trotz wenig Geld hinbekommt und so ein Genrekino in seinem eigenen Land produzieren kann.

David Kross in "Boy 7"
© Bernd Spauke/Luna Filmverleih Die Hauptdarsteller: David Kross und Emilia Schüle

Welche nächsten Filmprojekte stehen an oder sind geplant?
Nächsten April kommt eine französisch-deutsch-britisch-kanadische Koproduktion heraus, in der ich mitspiele. Der Film heißt "Race" und ist eine Bio-Pic über Jesse Owens, einen Sprinter, der 1936 in der Olympiade in Berlin alle Goldmedaillen gewonnen hat. Ein Projekt gibt es noch, aber da die Finanzierung noch nicht hunderprozentig feststeht, will ich noch nicht mehr verraten.

Können Sie ein Stichwort preisgeben, das nicht zu viel verrät?
Fußball.

Gibt es eine Rolle oder einen Charakter, den Sie unbedingt einmal gerne spielen möchten?
Ja, ich möchte einmal einen richtigen Bösewicht spielen. So eine Rolle habe ich bis jetzt noch nicht gehabt und es wäre spannend so etwas einmal zu spielen.

Der Trailer zu "Boy 7":

Zur Person:
David Kross ist ein deutscher Schauspieler, geboren am 4. Juli 1990 in Schleswig-Holstein. Weltweit bekannt wurde er durch seine Rolle im Hollywood-Film "Der Vorleser" (2008), in dem er im Alter von 17 Jahren an der Seite von Schauspielerin Kate Winslet agierte. 2009 erhielt er für seine Leistung auf den 62. Filmfestspielen von Cannes die Trophée Chopard. Für einige Monate lebte Kross in London, um dort Schauspiel zu studieren. Heute wohnt er wieder in Deutschland. Kross hat unter anderem in folgenden Filmen mitgespielt: Krabat, Same Same But Different, Die Vermessung der Welt. 2011 ergatterte Kross eine Rolle in Steven Spielbergs "Gefährten".

Zum Film:
"Boy 7" kommt in Deutschland ab 20. August und in Österreich ab 21. August in die Kinos. Neben David Kross spielt die Schauspielerin Emilia Schüle eine Hauptrolle im Film. Der Regisseur ist Özgür Yildirim, der durch den Gangsterfilm "Chiko" und den Film "Blutsbrüdaz" ein Begriff ist.

David Kross in "Boy 7"
© Luna Filmverleih

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