Das berührende Schicksal von drei eleganten Greyhounds: Erin, Bonnie und Arik

Sie hätten die Sieger auf der Rennbahn sein sollen Drei dramatische Schicksale mit einem Happy End

Das berührende Schicksal von drei eleganten Greyhounds: Erin, Bonnie und Arik © Bild: Susanne Auberger

Ein Schicksal ohne Happy End
Vor gar nicht langer Zeit in Irland wurde ein wunderschöner Grey-Rüde aus einem Wurf ausgesucht, dessen Vorfahren bereits viele Siege in Hunderennen errungen hatten. Also ging man davon aus, dass auch „Winner“, so nannte ihn sein Besitzer, gute Ergebnisse bringen würde. „Winner“ wuchs heran zu einem prachtvollen Greyhound. Alsbald musste er für seinen Besitzer an Hunderennen teilnehmen. Leider war der mit „Winners“ Leistungen noch nicht zufrieden. Um ihn gehorsam, unterwürfig und dadurch vielleicht schneller zu machen, schlug er ihn sehr oft. Völlig eingeschüchtert tat „Winner“ seinen Dienst. Er wollte es seinem Besitzer trotz der schlechten Behandlung recht machen; rannte was er konnte. Er gab sein Bestes! – Nur leider war das nicht genug! Immer wieder setzte es Schläge, mit Gerten, mit Stöcken. Jeder Schlag saß. Manchmal hatte „Winner“ solche Schmerzen, dass er sich kaum erheben konnte. Vor den Rennen bekam er wenig zu Fressen, damit er leichter war und wegen des Hungers noch mehr Motivation haben sollte, die Beute, der er hinterher jagen musste, zu erwischen. Aber „Winner“ war immer etwas langsamer als seine Mitstreiter! Es ist wie bei den Menschen, nicht jeder ist zum Sportler geboren, auch wenn so mancher die physischen Voraussetzungen dafür mitbringen würde.

Nach etwa eineinhalb Jahren Martyrium, mit vielen Schlägen und wenig Futter, beschloss der Besitzer, sich von „Winner“ zu trennen. Da er ihm trotz Züchtigung die erhofften Erfolge nicht bringen konnte, sollte „Winner“ in die Tötungsstation. Das kostete aber auch Geld und selbst das wollte er für solch einen Hund nicht mehr ausgeben. So hatte der Besitzer beschlossen, sich einen neuen Grey zu holen in der Hoffnung, dass dieser bessere Siege holen würde, und musste dafür in eine 150 Meilen entfernte Stadt fahren. Bei dieser Gelegenheit, fiel ihm ein, könnte er „Winner“ „entsorgen“, so dass ihm keine Kosten entstünden. Er würde ihn aussetzen. Leute würden ihn aufgreifen und erschießen oder er würde irgendwann verhungern. Auf der Fahrt hielt er auf halber Strecke an einem Waldstück an. Grob zerrte er „Winner“ aus dem Auto und schlug ihn mit der Gerte, er sollte davonrennen. Aber „Winner“ wollte nicht, wollte trotz allem bei seinem Besitzer bleiben. Langsam riss dem Besitzer der Geduldsfaden, er versetzte „Winner“ einen schmerzhaften Tritt, so dass dieser aufjaulte und sich duckte. Der Besitzer ging zum Auto, stieg ein und fuhr davon. „Winner“ sah dem Auto nach, versuchte, hinterher zu rennen. Die Schmerzen von dem Tritt waren aber so stark, dass er kaum gehen konnte. Außerdem hatte er seit vier Tagen nichts zu Fressen bekommen, weil auch dieser „Aufwand“ dem Besitzer nicht mehr lohnenswert erschien. „Winner“ stand da, ratlos, hungrig, mit Schmerzen am ganzen Körper und mutterseelenallein! Er begriff nicht! – Der Besitzer ... weggefahren ... Schmerzen … Hunger ... Fremde ... Orientierungslosigkeit …

Nach einer langen Weile setzte er sich in Bewegung, soweit es die Schmerzen zuließen, um vielleicht etwas Essbares zu finden. Langsam brach die Nacht herein und die Luft wurde kühl und feucht. Er trottete weiter in den Wald hinein und legte sich irgendwann, völlig erschöpft, auf ein weiches Mooslager, weicher, als er es jemals in seinem Leben im kalten Betonzwinger hatte. Am nächsten Morgen weckte ihn ein entferntes Traktorengeräusch. Ängstlich entfernte er sich davon. Nach einiger Zeit erreichte er den Waldrand und sah nicht weit davon ein Gehöft. Der Hunger wurde unerträglich. Die Schmerzen waren immer noch da und wenn er nicht bald etwas zu Fressen finden würde, wäre er auch noch zu schwach um etwas zu jagen.Langsam näherte er sich dem Bauernhof. Eine Frau machte sich in einem Gemüsegarten zu schaffen. Er hatte in seinem ganzen Leben von Menschen noch nichts Gutes erfahren, nahm aber den Mut der Verzweiflung zusammen und schlich auf die Frau zu, sehr vorsichtig und zögernd, jede Reaktion der Frau genau beobachtend. Als die Frau „Winner“ erblickte, erschrak sie, schrie und rannte ins Haus. Immer noch schreiend kam sie wieder heraus und hatte eine Mistgabel in der Hand. Sie rannte kreischend auf „Winner“ zu. „Winner“, voller Schmerzen, von Hunger geschwächt und verstört von dem Geschrei, nahm seine letzten Kräfte zusammen und lief, so schnell es eben ging, wieder in den Wald zurück. In sicherer Entfernung hielt er inne, um auszuruhen. Dann lief er tiefer in den Wald, in der Hoffnung, keinem Menschen mehr zu begegnen.
Nachdem er etwas gedöst hatte, hörte er Geräusche im Gestrüpp. Vielleicht fand er doch noch etwas zu jagen, das hatte er ja gelernt. Und siehe da, in guter Sichtweite fraß ein Hase etwas Gras. Der Hase hatte ihn noch nicht bemerkt. „Winner“ erhob sich vorsichtig, mit den Schmerzen war das nicht so einfach. Er ging in Position und sprang in hohem Bogen auf den Hasen zu. Fast hätte er ihn erwischt. Der Hase jedoch schrak hoch, schlug einige Haken und hoppelte davon. „Winner“ ihm hinterher. „Winner“ war trotz Hungers und Schmerzen noch schnell genug, dass er dem Hasen auf den Fersen bleiben konnte. Der Hase war jedoch sehr ausdauernd und „Winner“, geschwächt vom Hunger, wurde immer langsamer. Erschöpft sank er auf einer Wiese zusammen. Weiter entfernt hörte er Autos. Nachdem er ein Weilchen ausgeruht hatte, nahm er seine letzten Kräfte zusammen und schleppte sich in Richtung Straße. Er gab die Hoffnung immer noch nicht auf, vielleicht gab es doch einen Menschen, der ihm helfen würde. Als er endlich an der Straße angelangt war, sank er ins Gras und blieb regungslos liegen. Die Autos fuhren vorbei. Die Menschen in den Autos mussten ihn doch sehen, diesen großen Hund! – Wieder wurde es Nacht. „Winner“ wollte sich weiterschleppen. Vergebens, er kam nicht weit. Im Straßengraben blieb er liegen, dieser wunderschöne, edle Hund mit der sanften Seele. Endlich ergab er sich, hungrig, mit schmerzenden Gliedern, von Menschen gequält und verstoßen! – Traurig, müde und einsam legte er sich hin zum Sterben … Er hätte noch so gerne gelebt, wäre noch so gerne gerannt, über Wiesen und Felder, hätte für einen lieben Menschen alles getan, wäre diesem für den Rest seines Lebens in Treue ergeben gewesen. – Aber für „Winner“ gab es diesen Menschen nicht!

Drei Schicksale mit Happy End
Zur gleichen Zeit, etwa 50 Meilen entfernt, hatte die Greyhound-Dame „Bonnie“ bei einer lieben Frau einen Pflegeplatz bekommen. Die Frau hatte selbst eigene Greyhounds und kümmerte sich obendrein um „ausgemusterte“ und misshandelte Greys.
„Bonnie“ war niemals geschlagen worden. Sie hatte ein einigermaßen angenehmes Leben bei ihrem Besitzer. – So lange sie gut lief! Sie rannte wirklich gut und brachte etliche Siege ein. Das Rennen machte ihr sogar Spaß. Aber ihr Eifer und ihre Freude wurden ihr zum Verhängnis. Eines Tages bei einem Rennen war sie zu schnell, so dass sie aus der Kurve getragen wurde. Sie strauchelte, überschlug sich mehrere Male und brach sich dabei zwei Zehen. Aus der Traum! Fortan würde sie nicht mehr richtig laufen und die von ihr erwartete Leistung nie mehr erbringen können. Außerdem würde die Tierarztbehandlung Geld kosten. Für ihren Besitzer war „Bonnie“ somit nutzlos geworden. Der Besitzer aber hatte von dieser Frau gehört, die arme Greyhounds aufnahm, und brachte „Bonnie“ vor einigen Wochen zu ihr. Die Frau ließ „Bonnie“ tierärztlich versorgen, wollte sie aufpäppeln und an einen guten Platz weitervermitteln. Die Wochen vergingen und „Bonnie“ wurde wieder gesund, sie erholte sich sehr gut und konnte wieder richtig laufen, ohne Schmerzen und ohne Behinderung, aber für Rennen reichte es eben nicht mehr. Die Frau hatte aber ohnehin nicht vor, die von ihr gesund gepflegten Hunde wieder solchen Torturen auszusetzen. Sie vermittelte die Hunde an Menschen, von denen sie geliebt wurden.

Nun hatte „Bonnie“ ein richtig schönes Hundeleben. Sie hatte Auslauf in einem großen eingezäunten Grundstück, konnte mit ihresgleichen herumtoben, bekam regelmäßig gutes Futter und durfte im Haus auf weichen Hundeplätzen und manchmal sogar auf dem Sofa schlafen.
Sie ging auf Hunde und Menschen ohne Angst und Vorurteile zu, vertrug sich mit jedem und war die gute Seele in Person.

Bonnie's Einzug
Einige Wochen, nachdem „Bonnie“ zu der Frau gekommen war, kamen noch andere Greys und unter ihnen war „Erin“. Das Besondere an „Erin“ war, dass sie „Bonnie“ zum Verwechseln ähnlich sah. Beide hatten dieselbe Farbe und nahezu eine identische Fellzeichnung. Der einzige Unterschied bestand darin, dass „Erin“ geringfügig kleiner war als „Bonnie“. Auffallend war nicht nur die optische Ähnlichkeit der beiden, sondern vor allem die Begrüßung. Nachdem Hunde sich normalerweise langsam und vorsichtig annähern, war die Begrüßung bei den beiden überschwänglich, so als ob sie sich wieder erkennen würden, als ob sie sich schon einmal gesehen hätten. Man konnte tatsächlich eine unbeschreibliche Wiedersehensfreude erkennen. Dieser Umstand veranlasste die Frau bezüglich der beiden Grey-Mädchen nachzuforschen. Und – schier unglaublich – anhand der Ohrtätowierung stellte man fest, dass die beiden Mädchen Zwillingsschwestern waren, das heißt aus demselben Wurf stammten. Daher also diese außergewöhnliche Zuneigung. – Die Schwestern waren wieder vereint und die Freude darüber groß! Es gibt familiäre Bande also auch bei Tieren!

Die Frau hatte erfahren, dass es „Erin“ bei ihrem Vorbesitzer ziemlich schlecht ergangen war. Sie wurde, wie sehr viele andere Greys, ebenfalls von ihrem Besitzer misshandelt, wenn sie nicht die erhoffte Leistung brachte. Nachdem Schläge und Misshandlungen langfristig nicht den erwünschten Erfolg zeigten, brachte er „Erin“ in die Tötungsstation und überließ sie ihrem Schicksal. Dank dieser Frau konnte sie gerettet werden.
Anfangs war „Erin“ scheu und ängstlich, zuckte bei jedem Geräusch zusammen, hatte Angst vor Regenschirmen, Stöcken, duckte sich bei abrupten Bewegungen fremder Menschen. Nur zu der Frau fasste sie allmählich Vertrauen. Am liebsten verkroch sie sich in einen stillen Winkel oder suchte die Nähe ihrer Schwester. Nur sehr langsam gewöhnte sie sich an den Alltag und an ein normales Hundeleben.

Die Greys kamen und gingen. Immer wenn wieder ein Grey einigermaßen sozialisiert war, wurde er weitervermittelt. Die Hunde kommen nach England, Schweden, Deutschland, Holland, Österreich, zu netten Menschen, die sie um ihretwillen lieben und den Hunden ein angenehmes Leben bieten. – Und die beiden Schwestern, so wollte es die Frau, sollten für den Rest ihres Lebens zusammenbleiben!

Arik's Einzug
Zurzeit war die Auffangstation dieser Frau hoffnungslos überfüllt. In diesen Tagen erhielt sie einen Anruf von einem jungen Mann, er hätte einen großen, völlig abgemagerten Greyhound in einem Straßengraben gefunden. Der Greyhound wäre aber tot und ob sie jemanden wüsste, der ihn abholen könnte. Die Frau wusste auf die Schnelle niemanden und fuhr selbst hin, um den Grey zu holen. Zu zweit luden sie den geschundenen Körper ins Auto und die Frau stellte fest, dass der Grey noch atmete, ganz flach zwar, aber er lebte noch. Er musste schon tagelang ohne Futter in diesem Graben gelegen haben. Sie brachte ihn sofort zum Tierarzt und ließ ihn versorgen. Der Tierarzt zweifelte, ob der Grey überleben würde, aber er tat sein Möglichstes. „Arik“, so nannte die Frau den Grey, sollte wenigstens noch einen Namen haben, wenn sie sonst schon nichts mehr für ihn tun konnte.
Ganze zwei Wochen lag „Arik“ noch beim Tierarzt, bekam Infusionen und Spritzen, wurde künstlich ernährt. Jeden Tag fuhr die Frau zu ihm. Es wurde nicht mehr besser. So nahm sie ihn mit nach Hause, damit er in Ruhe und mit Würde sterben konnte. Sie bettete ihn in ein weiches Körbchen, flößte ihm trotzdem noch flüssige Nahrung ein und wartete …
Dann geschah etwas Seltsames! Eines der beiden Zwillingsmädchen, „Bonnie“, suchte „Ariks“ Nähe. Sie legte sich neben ihn auf den Boden und wich ihm nicht mehr von der Seite. „Arik“ registrierte das, schaute sie nur an. „Bonnie“ bewachte ihn Tag und Nacht. Nach drei Tagen hob „Arik“ das erste Mal den Kopf. Die Frau hörte nicht auf, ihm Nahrung einzuflößen und – „Bonnie“ blieb an seiner Seite! Nach fünf Tagen wedelte „Arik“ zum ersten Mal mit dem Schwanz – „Bonnie“ war an seiner Seite! Nach zwei Wochen konnte „Arik“ das erste Mal aufstehen – „Bonnie“ begleitete ihn!
Es dauerte viele Wochen, bis „Arik“ einigermaßen auf eigenen Füßen rausgehen und wieder normal fressen konnte. „Bonnie“ war immer bei ihm!
Natürlich waren „Bonnie“ und „Erin“ ebenfalls unzertrennlich, aber in dieser schweren Zeit war „Bonnie“ nur für „Arik“ da. „Arik“ erholte sich sehr langsam, aber jeder Tag war ein Erfolg. Zwar war „Arik“ fremden Menschen gegenüber sehr ängstlich und zurückhaltend, aber zu der Frau hatte er bereits Vertrauen gefasst und von „Bonnie“ wollte er überhaupt nicht getrennt sein.

Abschied nehmen
Nach einem halben Jahr wurde es Zeit, die Zwillingsmädchen, möglichst zusammen, zu vermitteln. Aber was würde dann mit „Arik“ geschehen?
Eine Tierschützerin aus Deutschland, die ebenfalls Windhunde in Pflege hatte und immer wieder aufnahm, meldete sich. Sie hatte eine Interessentin, die unbedingt einen, eventuell auch zwei Greyhounds aufnehmen wollte. Das käme für die Schwestern gerade recht. Diese Interessentin hatte sich bereits eingehend mit der Haltung von Greyhounds befasst und wäre wunderbar geeignet. Wenn aber die Mädchen wegkämen, würde es „Arik“ das Herz brechen!Die Frau beschloss, nun doch „Bonnie“ und „Arik“ gemeinsam abzugeben und schweren Herzens „Erin“ anderweitig zu vermitteln.

Happy End
Die Tierschützerin aus Deutschland erzählte die ganze Geschichte der Interessentin. Die Interessentin war so berührt, dass sie alle drei, „Arik“, „Bonnie“ und „Erin“, genommen hat. Die drei Greyhounds leben nun in Oberösterreich, sind alle wohlauf und werden für den Rest ihrer Tage ein schönes Hundeleben führen können! ..... drei von so vielen!!! ohne jemals wieder an Rennen teilnehmen zu müssen!

Susanne Auberger