Das Pathos des Patrioten

David Pesendorfer sprach mit Österreichs neuem Fußballteamchef Hans Krankl über Rapid und andere Religionen, Stierkämpfe und dressierte Meerschweinchen, Sportautos und Straßenbahnen sowie über Wiener Raunzerei, mediterrane Leichtigkeit und Córdobas Mythos.

Das Pathos des Patrioten

FORMAT: Herr Krankl, Sie wirken optisch runderneuert. Haben Sie während Ihres USA-Urlaubs ein paar Kilo abtrainiert und sich in der Fifth Avenue neu eingekleidet?
KRANKL: Weder war ich früher blad, noch bin ich jetzt dünn, ich bin immer gleich, und zwar genau richtig. Für Übergewicht bin ich viel zu eitel. Und was meine Kleidung betrifft – ich bin bekannt für meinen guten Geschmack. Ein modisches Erscheinungsbild ist mir wichtig, das ist eine Lebenseinstellung: Mode ist keine Frage des Geldes, sondern eine Frage des Stils, und den habe ich.

FORMAT: Sie sind der Sohn eines Straßenbahners – wann sind Sie zum letzten Mal mit der Bim gefahren?
KRANKL: Einmal bin ich vor vielen Jahren U-Bahn gefahren; aber mit einer richtigen Straßenbahn – ich weiß nicht, wie lange das her ist. Dafür bin ich als kleiner Bua umso öfter mit meinem Vater mitgefahren.

FORMAT: Und was fahren Sie heute?
KRANKL: Einen Porsche 911, dunkelgrün.

FORMAT: Bei Ihrer Bestellung zum Teamchef haben auch Sie eindringlich auf Ihre Heimatliebe hingewiesen. Was bedeutet Ihnen Österreich?
KRANKL: Es ist mein Vaterland, und ich habe es immer verteidigt. Wir leben in einer Oase, und wir alle – von oben bis unten – sollten noch viel stolzer auf unser Land sein. Natürlich schimpfe auch ich manchmal, aber das gehört zu meiner Wiener Raunzermentalität. Aber im Grunde genommen werde ich Österreich immer verteidigen. Es ist Schwachsinn, in unserer Politik immer Fehler zu suchen, wir sollten lieber darauf schauen, wie schön es bei uns ist und wie gut es uns geht.

FORMAT: Mögen Sie als Spanier im Geiste auch die traditionellen Stierkämpfe?
KRANKL: Ich habe mir einige angeschaut. Ich verstehe das Ritual, weil ich darüber im berühmten Hemingway-Roman gelesen habe, aber ich bin halt ein Österreicher: Einen Stier zu quälen und dann umzubringen, das ist nicht meines. Ich weiß, wie es die Spanier meinen und warum sie es machen, aber ich muß es nicht sehen. Aber eigentlich können die machen, was sie wollen, das ist mir Wurscht.

FORMAT: Sind Sie tierlieb?
KRANKL: Meine Tochter hat ein Meerschweinchen, das wir über alles lieben. Das folgt wie ein Hund und kommt, wenn man pfeift – sensationell.

FORMAT: Sie haben Rapid zur Religion erhoben. Glauben Sie auch an den lieben Gott?
KRANKL: Für mich ist Gott existent, aber dazu brauche ich nicht in die Kirche zu gehen, ich bin schon als Kind nicht in die Kirche gegangen und als Erwachsener auch nicht. Das ist eben so, und ich kann darüber keine Analysen abliefern.

FORMAT: Warum konnte Córdoba zu so einem Mythos werden – spielen da nicht auch starke Ressentiments gegen Deutschland mit?
KRANKL: Nein, aber man hat ganz einfach gesehen, wie stolz und patriotisch die Österreicher sein können, und das hat Córdoba zum Mythos gemacht. Das Siegestor gegen Deutschland hat unser Volk für kurze Zeit amerikanisiert.

FORMAT: Anläßlich Ihres Trainerintermezzos in Deutschland haben Sie Österreich als „Bananenland des Fußballs“ bezeichnet. Sind das denn die Worte eines ewigen Patrioten?
KRANKL: Das ist der größte Schwachsinn, eine Fehlmeldung. Ich habe nur gesagt, daß uns das Ausland wie ein Bananenland behandelt. Wenn ich gesagt hätte, wir seien ein Bananenland, dann wäre ich ja kein Patriot.

Das komplette Interview finden Sie im neuen FORMAT.