Corona ohne Folgen:
Die Wohlstandsbilanz

Bis Immunität gegen Gier eintritt, wird weiterhin die unsichtbare Hand des Marktes regieren. Visionär Johann Neuner über Corona ohne Folgen.

von Pandemie - Corona ohne Folgen:
Die Wohlstandsbilanz © Bild: iStockPhoto.com

Die globale Machtelite unternimmt auch in Corona-Zeiten alles, um den Status quo zu erhalten. Obwohl der Wohlstand für den Durchschnittsbürger schon seit Jahren rückläufig ist, wird die Lüge vom unendlichen Fortschritt aufrechterhalten.

Das Finanzsystem lebt von der Illusion, dass es morgen für alle mehr gibt, und schafft dabei immer größere Ungleichheiten. Dafür hat die EU schon vor Jahren die Berechnungsmethode des BIP, welches den Wohlstand eines Landes messen sollte, um die Schattenwirtschaft erweitert. Ob Drogenhandel, Prostitution oder Waffenschmuggel -die illegalen Geschäfte erhöhen das Bruttoinlandsprodukt. Auch die Umweltzerstörung ist ein Wachstumstreiber. Wohlstand durch Existenzvernichtung -diese Perversion fällt auch nur Brüssel ein.

Das Coronavirus hat schlagartig dazu geführt, dass unsere Lebensweise unter die Aufsicht der epidemiologischen Erkenntnisse gestellt wurde. Würde man diese auf die Wohlstandsökonomie übertragen, müsste die Bilanz wie folgt aussehen:

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Weil bekanntlich die Gier das Hirn frisst und die Gewinnmaximierung zur Systemrelevanz des Kapitalismus zählt, kann man -ohne Prophet zu sein -jetzt schon sagen, dass die menschliche Vernunft gegen das Kapital auf verlorenem Posten steht. Die Kollateralschäden -Flüchtlingswelle, Vernichtung der Lebensgrundlage und Reparaturkosten - werden auf die Allgemeinheit abgewälzt. Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren, das kennen wir bereits aus der Finanzkrise. Und solange die Konzerne das Wollen in der Politik bestimmen wird sich nichts ändern.

Das Virus hat zwar die Welt auf den Kopf gestellt, aber gegen den Raubtierkapitalismus hat es keine Chance. Daher dürfen sich die Corona-Retter (Mitarbeiter in der Lebensmittelbranche, soziale Dienstleistungsberufe etc.) nicht wundern, dass sie zwar in der Krise als Heldinnen und Helden des Alltags gefeiert wurden und nunmehr nach dem Shutdown statt der Einhaltung der Versprechungen (Prämien, leistungsgerechte Entlohnung etc.) mit Almosen abgefunden werden. Die oligarchisch strukturierten Lebensmittelkonzerne erzielen hingegen Rekordgewinne.

Dass die größte Krise der Nachkriegszeit außer zu einer Schuldenexplosion zu keiner Schubumkehr führt, entspricht der Erfahrung, dass man in der Krise zwar viel darüber redet, was sich zukünftig ändern wird, die meisten jedoch rasch zu ihren alten Gewohnheiten zurückkehren.

Zur Stabilisierung des Status quo trägt auch der Finanzkapitalismus bei. Vernunft ist in diesem System ein Fremdwort. Dabei könnten die Finanzkapitalisten in den Geschichtsbüchern nachlesen, dass der Wert des Papiergeldes früher oder später zu seinem inneren Wert zurückkehrt -nämlich auf null (Voltaire).

Bis eine Immunität gegen Gier und Verschwendung eintritt, wird weiterhin die unsichtbare Hand des Marktes regieren, und zwar zu Lasten der Umwelt und des Gemeinwohls. So lange werden die Passiva in der Wohlstandsbilanz überwiegen.

Der Gastkommentar ist ursprünglich in der Printausgabe von News (Nr. 30/2020) erschienen!