ÖGB-Chef Katzian: "Klar schaff' ma das"

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian über das Comeback der Sozialpartner, Sparpakete und Millionärssteuern.

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Corona-Krise - ÖGB-Chef Katzian: "Klar schaff' ma das"

Herr Präsident, wie optimistisch sind Sie im Moment? Ärmel aufkrempeln, wir schaffen das?
Es gibt ja keine Alternative zum Ärmelaufkrempeln. Klar schaff' ma das. Es ist schwierig, man muss permanent an Schrauben drehen, keiner kann heute sagen, was morgen ist. Aber schaffen müssen wir das trotzdem. Unseren Job als Gewerkschafter verstehen wir so, dass wir drauf schauen, dass wir denen, die es sich am wenigsten richten können, helfen.

Die Krise hat bewirkt, dass Regierung und Sozialpartner an einem Tisch sitzen.
Es hat auch in der Phase, als wir in Verhandlungen nicht eingebunden waren, Gesprächskontakt gegeben, sowohl mit der Wirtschaftskammer als auch mit der Regierung. Die Sozialpartnerschaft im eigentlichen Sinn, das Verhandeln von Kollektivverträgen, hat immer funktioniert. Das Einbinden in politische Prozesse hat sich bei der vorigen Regierung auf das Plaudern reduziert. Im Moment ist es so, dass wir versuchen, aufeinander zuzugehen. In einer Ausnahmesituation muss jeder an seine Grenzen gehen, das funktioniert im Moment. Ich hoffe, dass sich alle, die jetzt die Sozialpartnerschaft loben, auch daran erinnern, wenn das Ganze vorbei ist. Und nicht wieder sagen: Die sind tot, sie wissen es nur noch nicht.

Wer ist denn da auf wen zugegangen? Der Kanzler auf die Sozialpartner?
Das weiß ich gar nicht mehr. Ich würde sagen, halb zog es mich, halb sank ich hin -Spaß beiseite: Als klar war, dass man handeln muss, sind wir zusammengekommen und haben gleich die drei Wochen Sonderurlaub verhandelt. Harald Mahrer und ich haben der Regierung dann vorgeschlagen, dass wir die Kurzarbeit auf Sozialpartnerebene verhandeln. Wir haben innerhalb von einem Tag eine Lösung gefunden, sind Freitagabend noch ins Bundeskanzleramt, um mit Vizekanzler und Finanzminister die Finanzierung zu besprechen. Das waren erste Schritte, die vertrauensbildend waren. Auch jetzt regeln wir Dinge schnell und direkt.

Wenn der Kanzler sagt: "Sagt, was ihr braucht", sind das völlig neue Töne?
Ja. Aber ich muss ehrlich sagen, ich entwickle mich auch jeden Tag weiter und gestehe das jedem anderen zu. Passt!

»Wenn manche schon über Sparpakete schwadronieren, ist das der falsche Zeitpunkt«

Wie kann die Zusammenarbeit nach der Krise aussehen?
Wenn diese Krise vorbei ist, muss man schauen, welche Lehren man zieht. Die erste ist, dass alle froh sind, dass es in Österreich einen gut ausgebauten Sozialstaat gibt. Diesen zu erhalten, ist eine zentrale Aufgabe, bei der wir zusammenarbeiten können. Das zweite Thema ist: Welche Maßnahmen werden nach der Krise gesetzt? Wenn ich höre, dass manche schon über Sparpakete schwadronieren, dann ist das der völlig falsche Zeitpunkt. Mindestens so sehr wie in der Krise müssen wir auch danach kooperieren. Sonst entsteht eine Situation, wo eine Gruppe auf gut Wienerisch gesagt "die Krot frisst". Das werden wir nicht zulassen. Da wird sich dann ermessen lassen, ob das jetzt nur Lippenbekenntnisse waren oder etwas Echtes.

Nach der Krise geht es um den sozialen Frieden?
Genau. Man muss schauen, dass alle wieder eine Perspektive sehen. Und dass auch jene, die derzeit als systemrelevante Retterinnen und Alltagshelden gelobt werden, das beim Einkommen und bei den Arbeitsbedingungen spüren.

Wenn es um die Gegenfinanzierung der Milliardenhilfen geht, werden dann die alten Standpunkte aufeinandertreffen? Werden ÖGB und AK Millionärssteuern fordern?
Das Eine ist, dass man überhaupt Standpunkte hat. Ich finde das positiv. Das Zweite ist, wo findet man einen Kompromiss? Das geht nicht, indem man einer Seite vorwirft, ideologiegetrieben zu sein und so tut, als wäre man das selbst nicht. Wir werden nicht den großen Geldsack haben, daher müssen wir schauen, dass die, die mehr beitragen können, das tun. Das wird Gegenstand von Verhandlungen sein. Oder es wird uns etwas aufoktroyiert, was ich nicht hoffe.

Muss es nach der Krise nicht auch ein Ausbildungspaket für jene geben, deren Jobs es so nicht mehr gibt?
Das ist eines von vielen Themen, die wir besprechen müssen. Wie können wir Leute in Programme holen, dass sie wieder Perspektiven haben? Noch kann ich da nichts Genaues sagen, weil ich jetzt darum kämpfe, dass die Unternehmer nicht Leute raushauen, sondern möglichst viele Menschen in Kurzarbeit kommen.

Dass viele Unternehmer ihre Mitarbeiter schon gekündigt haben - war das Panik oder hat das System?
Ein Teil war Panik. Da konnte ich einige überzeugen, ihre Entscheidungen zu revidieren und das Kurzarbeitsmodell zu wählen. Es gibt aber auch viele, die das immer machen, wenn es eng wird. Wenn jemand das tut, kann ich sagen: Die werden wir uns alle merken!

Das Interview erschien ursprünglich im News 13/2020.