News.at: Viele Schauspieler haben ein Problem damit, sich auf der großen Leinwand zu sehen. Wie geht es Ihnen damit?
Charlotte Rampling: Es ist wichtig für mich, um meine Arbeit aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Denn wenn man dreht, betrachtet man alles anfangs rein analytisch, es dauert es eine Zeit bis man es als ganzen Film wahrnimmt. Ich sehe dann auch nicht mehr Charlotte Rampling, sondern die Figur, die ich darstelle.
News.at: Berührt Sie die Geschichte wie jene des Ehepaares in „45 Years“ noch?
Charlotte Rampling: Definitiv. Denn, wenn einen ein Film einmal berührt, tut er es immer wieder. Es ist mir auch nicht leichtgefallen meine Filmfigur Kate nach dem Dreh gehen zu lassen. Sie ist ein Teil von mir. Aber das ist auch gut so.
News.at: Was macht für Sie eine guten Schauspieler aus?
Charlotte Rampling: Dass man ihm nicht ansieht, dass er spielt, dass er authentisch, unschuldig ist. In gewisser Weise müssen wir Künstler immer Kinder bleiben, uns diese einzigartige Vorstellungskraft und Phantasie behalten, die Kinder haben. Dabei muss man den Zynismus, den man als Erwachsener mit der Zeit einfach bekommt, aber unbedingt vor der Türe lassen. Nur so können wahre Gefühle aufkommen – und der Zuschauer glaubt dir das was du spielst.
News.at: Kate aus „45 Years“ wirkt desillusioniert und traurig. Ein Zustand, den das Alter mit sich bringt?
Charlotte Rampling: In gewisser Weise ja. Aber ich würde es nicht so negativ sehen. Es geht ja auch um Stärke – denn die bringt das Alter auch mit sich.
News.at: Sie sind einst mit erotischen Filmen bekannt geworden. Ihr wohl umstrittenster war das SM-Drama „Der Nachtportier“ aus dem Jahr 1974. Was halten Sie vom Hype um SM-Bücher und -Filme wie „50 Shades of Grey“?
Charlotte Rampling: Naja, so viele Filme dieser Kategorie habe ich nun auch wieder nicht gemacht. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich von „50 Shades of Grey“ halten soll. Aber, wenn der Film die Menschen unterhält und sexy ist, ist es doch in Ordnung. Jeder Mensch liebt doch Sex. Und wenn ein Paar auf die Dinge, die darin vorkommen, steht, kann es das im Kino Gesehene dann daheim ausprobieren. Ich selber habe den Film aber nicht gesehen. Bilder wirken auf mich sehr stark – und ich bin mir nicht sicher, ob ich das, was darin vorkommt, auch wirklich sehen mag.
News.at: Sie wurden in den 70er Jahren zum Star. Vermissen Sie diese Zeit manchmal?
Charlotte Rampling: Nein, denn jede Zeit hat ihre Besonderheiten. Aber es war damals sehr viel einfacher meinen Beruf auszuüben. Es gab damals eigentlich keine arbeitslosen Schauspieler, wir hatten alle genug Geld, lebten in wunderschönen Wohnungen und Häuser. In dieser Hinsicht war es eine großartige Zeit.