Kern sagt "Ja" zu Ceta:
Das sind seine Bedingungen

Bundeskanzler gibt nach dem SPÖ-Präsidium vorerst grünes Licht

Eine erste Entscheidung ist gefallen: Bundeskanzler Christian Kern hat nach dem SPÖ-Präsidium am Freitag "Ja" zu Ceta gesagt - vorerst zumindest. Denn die Zustimmung ist an Bedingungen geknüpft.

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Umstrittenes Abkommen - Kern sagt "Ja" zu Ceta:
Das sind seine Bedingungen

Es sind aus Sicht der SPÖ noch nicht alle Bedenken ausgeräumt. "Österreich wird den Ratifizierungsprozess aber nicht behindern", sagte Kern. "Aber Österreich verlangt weitere Klärungen im Zuge des Ratifizierungsprozesses." Das "Ja" mit Bedingungen begründete Kern mit der Bewegung, die es zuletzt dank der Nachverhandlungen zum Beipacktext zu Ceta gegeben habe und vor allem auch damit, dass die vorläufige Anwendung auch wieder beendet werden kann, wie das deutsche Verfassungsgericht gestern festhielt. Dass sich Österreich im Sommer "auf die Hinterfüße gestellt" habe, habe sich ausgezahlt.

Es habe viel gebracht und gezeigt, dass es sich bei den Vorbehalten "nicht um österreichischen Klamauk" gehandelt habe, wie das EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker formuliert hatte. Auch im Zuge des Ratifizierungsprozesses werde es noch viele Diskussionen geben, prophezeite Kern.

Die wichtigsten Bedingungen

Folgende Punkte will die SPÖ geklärt wissen, bevor Österreich Ceta endgültig zustimmt:

1. Daseinsvorsorge
Die SPÖ fordert, dass die Wasserversorgung, Abfallwirtschaft, aber auch sozialer Wohnbau etc. aus Ceta ausgenommen sein muss. SPÖ-Nationalratsabgeordneter Christoph Matznetter sagte zur Daseinsvorsorge unter Verweis auf Experten, dass das Vorsorgeprinzip der EU bisher womöglich infrage gestanden wäre. Wenn Kanada hier nachbessert, sei dies sicher ein Argument.

Das Prinzip erlaubt Produkte nur, wenn sie für Mensch und Umwelt nachweislich unschädlich sind. Güter können auch vorsorglich vom Markt genommen werden, wenn verfügbare Daten noch keine umfassende Risikobewertung zulassen. In den USA gilt dagegen das Risikoprinzip und damit eine Umkehr der Beweislast: Aufsichtsbehörden müssen nachweisen, dass von einem Stoff eine Gefahr ausgeht.

Kanada nutzt das Vorsorgeprinzip laut deutschem Wirtschaftsministerium "in vielen Fällen" - was die Berliner Regierung für ausreichend hält. Kritikern sind die Formulierungen in Ceta zum Vorsorgeprinzip dagegen zu weich, sie verlangen Klarstellungen.

2. Schiedsgerichte
Offene Fragen gebe es noch bezogen auf die Schiedsgerichte, sagte der Bundeskanzler am Freitag. "Insbesondere deren Statut ist noch offen."

Ceta enthält Regelungen zum Schutz von Investitionen. Zunächst war ein Festhalten am alten System privater Schiedsgerichte vorgesehen. Nun ist beabsichtigt, dass ein öffentlicher Investitionsgerichtshof Streitfälle mit Konzernen löst. Kritiker monieren, auch das sei eine "Paralleljustiz" wie in früheren Abkommen. Das deutsche Wirtschaftsministerium hält die Klauseln in Ceta für einen Fortschritt, lässt aber selbst Skepsis erkennen: "Die Bundesregierung hält spezielle Vorschriften zum Investitionsschutz in Freihandelsabkommen zwischen Staaten mit entwickelten Rechtssystemen weiter für nicht unbedingt erforderlich."

3. Sozial- und Umweltstandards
Laut SPÖ darf es nicht zur Absenkung von Standards - Umwelt-, Sozial- und Konsumentenschutzstandards - kommen; dies soll auch für Standards bei den Arbeitnehmerrechten der Internationalen Arbeitsorganisation ILO gelten.

Die Organisation Attac nennt Ceta und TTIP eine Gefahr für europäische Sozial- und Umweltstandards, etwa beim Umgang mit genmanipulierten Lebensmitteln, die in EU-Staaten ausgewiesen werden müssen und mehr Kontrolle unterliegen. Die EU-Kommission weist dies zurück. US-Firmen und kanadische Unternehmen blieben an EU-Standards gebunden, sollten sie auf hiesigen Märkten aktiv werden. Auch an den EU-Regelungen für genmanipulierte Lebensmittel ändere sich nichts.

Forderungen der Gewerkschaft

Gewerkschaftschef Erich Foglar hat in einem Schreiben an alle ÖGB-Mitarbeiter unterstrichen, dass Ceta aus Sicht der Gewerkschaft "nicht zustimmungsreif" sei. "Nachbesserungsbedarf" sieht der ÖGB laut Brief noch in fünf Punkten:

  • Der Schutz ausländischer Investoren müsse stärker begrenzt werden, ein eigener Investitionsschutz-Gerichtshof sei nicht notwendig.
  • Öffentliche Daseinsvorsorge und öffentliche Dienstleistungen sollten "generell breiter gefasst und vom Vertrag und aus den Investitionsschutzbedingungen ausgenommen werden".
  • Sozial-, Arbeitsrechts,- und Umweltstandards dürften nicht weiterhin als Handelshemmnisse interpretierbar bleiben.
  • Das Vorsorgeprinzip, wonach die Unschädlichkeit von Produkten vor der Zulassung nachgewiesen werden muss, müsse Priorität vor den Regelungen in Ceta haben.
  • Über bestimmte Veränderungen der regulatorischen Kooperation müsse der Europäische Rat entscheiden und bei Verstößen gegen Arbeitnehmerrechte und Umweltstandards müsse es Sanktionen geben.

Wallonen könnten Ceta stoppen

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada droht am Widerstand in der belgischen Region Wallonie zu scheitern. Das dortige Regionalparlament votierte am Freitag gegen das Abkommen. Die belgische Zentralregierung befürwortet zwar das Comprehensive Economic and Trade Agreement (Ceta), ist aber auf die Zustimmung von Flamen, Wallonen und Deutschen angewiesen.

Der sozialistische Ministerpräsident der Wallonie, Paul Magnette, sagte Abgeordneten, er könne dem belgischen Außenminister Didier Reynders nicht die Vollmacht für die Unterzeichnung des Vertrags aushändigen. Die EU-Handelsminister wollen das Abkommen eigentlich bei einem Treffen in der kommenden Woche billigen. Sie brauchen dafür aber eine einstimmige Entscheidung. Belgische Kritiker fürchten unter anderem Nachteile für Bauern durch billige Fleischimporte. Befürworter hoffen dagegen auf mehr Wirtschaftswachstum und Jobs.

Am 18. Oktober sollen die EU-Mitgliedsländer im Gremium der Außenminister mit qualifizierte Mehrheit entscheiden, ob sie Ceta gutheißen und welche Teile provisorisch angewendet werden sollen. Auf dem EU-Kanada-Gipfel (27. und 28. Oktober) soll das Abkommen unterzeichnet werden.

Kommentare

Wenigstens kann er sich beim Umfallen nicht mehr weh tun der arme Kern weil der liegt schon so lange am Boden, dass man ihn einmal wenden müsste, sonst bekommt er auf gewissen Stellen einen "Liegeschaden"!

Diese Handelsabkommen sind eine Frechheit und wenn diese Vertrag erstmal unterzeichnet ist , sind wir verkauft..
Nein zu CETA oder ähnlichem....

Oliver-Berg

Man kann nur hoffen, dass die zerstrittenen Belgier ihr Vorhaben war machen und CETA nicht zustimmen. Von österreichischen Politikern ist außer Zu-Kreuze-Kriechen bei deutschen Politikern und die Sorge um die Darstellung Ihrerselbst in den Medien wichtiger als die Zukunft von Europa.

Wenn man einen deutschen Politiker in den A----- kriechen will, kommt man nicht hinein weil schon ein österreichischer drinnen ist.

Michael Schmithausen

Unglaublich, die Roten haben nur mehr Wendehälse und Leute ohne Rückgrat, der ist schneller umgefallen als man Buh sagen kann. Sowas von einem nichtmal gewählten BK Geil. Nie wieder Rot das ist Fix.

giuseppeverdi melden

Typisch Roter. Zuerst die Mitglieder befragen, da kommt dann ein eindeutiges NEIN und dann auf die Meinung der Mitglieder pfeifen.

giuseppeverdi melden

Nur so weiter: Zu Zeiten eines Bruno Kreisky waren es noch 750.000 und jetzt sind es nicht einmal mehr 250.000 und wenn das so weitergeht mit den Befragungen der Mitglieder, dann sind sie bald bei 100.000 angelangt. Macht ja nichts. Das Geld das da fehlt, bringen sie dann halt mit der Erhöhung der Parteienförderungen wieder herein.

giuseppeverdi melden

Nur so weiter Herr Kern. wie heißt es doch noch in einem Sprichwort dass man auch auf Sie münzen könnte. Wenn man den Bettler aufs Pferd setzt, dann reitet er es zu Schanden.

Frustriert melden

Ich bin ja so froh, dass so viele Menschen über die Flüchtlingsfrage herumstreiten. Dabei wäre es viel wichtiger, sich dem Thema der Handelsabkommen zu widmen. Hier wird die Energie gebraucht! Das Thema Flüchtlinge hat sich irgendwann erledigt, ein unerwünschtes Abkommen aber nicht. Der Kanzler hängt scheinbar am Gängelband des Vizekanzlers.

parteilos melden

Ich muss sie einem enttäuschen. Das Thema Flüchtling wird niemals verschwinden, im Gegenteil, es wird mehr werden, viel mehr!

Beim vorherigen Artikel zu Ceta hieß es noch "Österreich" sagt ja zu Ceta.. -> Vielen Dank für die Richtigstellung ;)

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