Causa Grasser:
"Bereits 2000 gemeinschaftlich gefasster Tatplan"

"Geschenkannahme durch Beamte" als Vorwurf - Grasser will zunächst Anklage lesen

Die - nicht rechtskräftige - Anklage in der Causa Grasser/Buwog/Terminal Tower wirft den vier Hauptangeklagten einen gemeinschaftlichen Tatplan der Korruption vor. Demnach haben Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP), Walter Meischberger, Peter Hochegger und Ernst Karl Plech gemeinsam vereinbart, sich während Grassers Amtszeit "für parteiliche Entscheidungen" des Ministers zu bereichern.

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Fakten - Causa Grasser:
"Bereits 2000 gemeinschaftlich gefasster Tatplan"

Vorgeworfen wird ihnen in der Anklageschrift ein "...bereits im Jahr 2000 gefassten gemeinschaftlichen Tatplan, wahrend der Amtszeit von Mag. Karl-Heinz Grasser als Bundesminister für Finanzen finanzielle Vorteile für parteiliche Entscheidungen des Letztgenannten bei Verkaufsprozessen, Privatisierungen oder Auftragsvergaben der Republik Österreich zu erlangen, indem Mag. Karl-Heinz Grasser für derartige Entscheidungen Geld von Bietern und anderen Interessenten fordern, sich versprechen lassen und annehmen, selbst jedoch den Bietern und Interessenten gegenüber nicht auftreten sollte, hingegen lng. Walter Meischberger, KR Ernst Plech und Dr. Peter Hochegger die entsprechenden Forderungen von Mag. Kari-Heinz Grasser überbringen, als Kommunikationsschnittstelle dienen, sich nach außen um die Abwicklung der auf sie aufzuteilenden Zahlungen sowie um die Schaffung der Strukturen und Unternehmensgeflechte zur Verschleierung der Zahlungen kümmern würden...", heißt es wörtlich.

Grasser selber ist unter anderem wegen des Verbrechens "Geschenkannahme durch Beamte" angeklagt, Meischberger, Hochegger und Plech wird Beitragstäterschaft dazu vorgeworfen. Grasser war vom 4. Februar 2000 bis 11. Jänner 2007 Finanzminister in zwei Bundesregierungen unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP).

Der Ex-Finanzminister will sich nach Angaben seines Rechtsanwalts Manfred Ainedter erst zur Anklage äußern, wenn er sie gelesen hat. Ein erster Teil der über 800 Seiten starken Anklage wurde laut Korruptionsstaatsanwaltschaft den Beschuldigten bzw. deren Rechtsvertretern im Vorfeld der Pressemitteilung an die Medien gesandt. Erst ab Zustellung der gesamten Anklage beginnt die Einspruchsfrist von 14 Tagen zu laufen.

16 Angeklagte

Unter den 16 Angeklagten in der Causa Buwog/Terminal Tower finden sich weitere bekannte Namen. Angeklagt sind auch der frühere Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, Ex-Grasser-Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht sowie der ehemalige Raiffeisen-OÖ-Chef Ludwig Scharinger und RLB-OÖ-Vorstandsdirektor Georg Starzer. Die Anklage ist nicht rechtskräftig, die Beschuldigten können Einspruch erheben.

Die ersten drei Genannten finden sich in der Anklageschrift, die die "Kleine Zeitung" teilweise online veröffentlicht hat. Die Anklage gegen Starzer wurde der APA am Freitag auf Anfrage von der RLB OÖ bestätigt.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte selber am Donnerstag nur die Namen von vier Angeklagten bekanntgegeben: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP), Ex-FPÖ-Politiker und Grasser-Vertrauter Walter Meischberger, Lobbyist Peter Hochegger sowie Immobilienmakler und ehemaliger Buwog-Aufsichtsratspräsident Ernst Karl Plech. Weitere Namen werde man nicht nennen, sagte ein Sprecher der WKStA.

Die RLB OÖ war Teil des Österreich-Konsortiums rund um die Immofinanz, das im Bieterverfahren um die Privatisierung der Bundeswohnungen den Zuschlag erhielt. Dabei flossen fast 10 Mio. Euro, ein Prozent des Kaufpreises, als geheime Provision an Hochegger und Meischberger, der den Großteil des Geldes auf Konten in Liechtenstein brachte. Weiters hatte die RLB OÖ auch den Linzer Terminal Tower errichtet, mit der Porr Baugesellschaft und Raiffeisen Leasing. Auch dabei floss Geld an Hochegger und Meischberger.

Michael Ramprecht war früher Kabinettsmitarbeiter von Grasser, Buwog-Aufsichtsratsmitglied sowie Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsgesellschaft. Er hatte Grasser ein "abgekartetes Spiel" im Zusammenhang mit der Buwog-Privatisierung vorgeworfen.

Die Anklagepunkte umfassen Untreue, Bestechung und Beweismittelfälschung.

Beschuldigte bleiben im Amt

Der Aufsichtsratspräsident der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ), Jakob Auer, kündigte in einer Stellungnahme Freitagnachmittag in Linz an, es werde eine interne Prüfung der Anklage gegen Vorstandsdirektor Georg Starzer erfolgen, sobald sie der Bank vorliege. Starzer und ein weiterer betroffener Mitarbeiter bleiben im Amt - eine "Vorverurteilung" lehne er ab.

Die Bank habe aktuell keine offizielle Information über die Anklage, sie sei auch den betroffenen Personen noch nicht zugestellt. Aber die Betroffenen, Starzer und ein Mitarbeiter eines Tochterunternehmens, hätten am Donnerstag mitgeteilt, sie seien von ihrer Rechtsvertretung informiert worden, dass eine Anklage unterwegs sei. Daraufhin hat Auer für Freitagmittag eine Präsidiumssitzung einberufen. Das Ergebnis: Das zuständige Gremium des Aufsichtsrates - der Nominierungsausschuss - und in weiterer Folge der Gesamtaufsichtsrat habe zu prüfen, ob die "fit and proper"-Voraussetzungen bei Starzer nach wie vor gegeben seien und mit der Finanzmarktaufsicht das weitere Vorgehen abzustimmen, wenn die Fakten bekannt sind, berichtete Auer gemeinsam mit Generaldirektor Heinrich Schaller: "Wir zwei haben jetzt statt Urlaub eine Sonderbeschäftigung".

In der Bank geht man davon aus, dass die Anklageschrift von der Rechtsvertretung von Starzer übermittelt werde. Aufgrund des berichteten Umfanges von rund 820 Seiten werde diese interne Prüfung jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen. Zu den schon vor der Anklageerhebung geäußerten Vorwürfen erklärte Auer, sie seien damals von der Bank geprüft worden. Dazu sei Starzer befragt worden, dieser habe in allen seinen Aussagen klar festgestellt, dass keine Provisionszahlung erfolgt sei und alle Beschuldigungen zu Unrecht erfolgen würden.

Starzer und der weitere Mitarbeiter bleiben weiterhin im Amt. Die in der Anklageschrift erhobenen konkreten Vorwürfe seien der Bank nicht bekannt, deshalb könnten sie derzeit auch nicht beurteilt werden. "Ich bin nicht bereit, eine Vorverurteilung vorzunehmen. Verurteilungen haben die Gerichte auszusprechen", hielt Auer dazu fest. Auf die Journalistenfrage, ob denn die Affäre nicht dem Image der Bank schade, sagte Auer: "Ich muss damit leben, Freude habe ich nicht damit". Für den Aufsichtsrat sei nur die Causa Starzer interessant, nicht aber jene des nicht mehr aktiven, früheren Generaldirektors Ludwig Scharinger, der ebenfalls unter den insgesamt 16 Angeklagten ist. Man habe keinen Kontakt mit ihm oder seiner Rechtsvertretung.

Noch Ermittlungen zu Post, Novomatic, Steuern

Die nun vorliegende, nicht rechtskräftige Anklage wegen der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Tower ist möglicherweise nicht der Schlusspunkt für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Gegen ihn laufen noch Ermittlungen im Zusammenhang mit der Post-Privatisierung und Novomatic, erläuterte der Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft Konrad Kmetic.

Weiters noch anhängig seien finanzstrafrechtliche Vorwürfe gegen Grasser. Die Ermittlungen rund um die Privatisierung des Dorotheums hingegen seien - mit der Buwog-Anklage - eingestellt worden.

Bei den Buwog- und Linzer Terminal Tower-Ermittlungen gab es ursprünglich 55 Verdächtige, 16 davon wurden angeklagt, gegen die übrigen wurden die Ermittlungen eingestellt.

Bei der Post-Teilprivatisierung 2006 besteht der Verdacht auf mutmaßliche Bestechungszahlungen, die über eine Firma des PR-Beraters Peter Hochegger an den Lobbyisten Walter Meischberger geflossen und am Ende zum Teil bei Grasser gelandet sein könnten. Die Ermittlungen laufen, eine Anklage ist möglich. Laut Medienberichten wurde eine Erfolgsprovision in Höhe von 350.000 Euro lukriert, bezahlt von der Raiffeisen Centrobank (RCB), die als eine von fünf Investmentbanken mit der Abwicklung des Börsegangs betraut worden war.

Von der Novomatic floss ebenfalls Geld an Hochegger und Meischberger. Der Verdacht besteht, dass der Glücksspielkonzern damit Einfluss auf eine Novelle des Glücksspielgesetzes 2006 nehmen wollte. Der Glücksspielkonzern soll von 2005 bis 2009 rund 2 Mio. Euro an Firmen der beiden Lobbyisten gezahlt haben. Auch hier laufen die Ermittlungen noch, sollte eine Anklage erhoben werden droht ein Strafprozess.

Die Dorotheum-Privatisierung 2001 während der Amtszeit von Grasser als Finanzminister war vom Rechnungshof scharf kritisiert worden. Der Verkauf des Dorotheums sei "zu einem wirtschaftlich ungünstigen Zeitpunkt" erfolgt, der Verkauf sei für den Staat kein gutes Geschäft gewesen. Der Verkaufserlös des Bundes lag mit 70,57 Mio. Euro "um rund 10 bis 20 Mio. Euro unter der Verkaufspreisempfehlung seitens der Investmentbank", heißt es in dem Bericht. Es gab Medienberichte über Provisionszahlungen, die damit verbunden gewesen sein sollen. Die mutmaßliche Aussage eines Beteiligten, Grasser habe damals "nur Bargeld" genommen, führte zu einem Prozess wegen des Vorwurfs einer falschen Zeugenaussage. Die strafrechtlichen Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts gegen Grasser und andere wurden jetzt von der Korruptionsstaatsanwaltschaft eingestellt.

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