Das Kaffee-Wunder

Kein Hunger und viel Energie dank Bulletproof Coffee - funktioniert das wirklich?

Eine Tasse Kaffee, die stundenlang Hunger vorbeugt und noch dazu sofort Energie liefert? Das verspricht der Bulletproof Coffee. Stars wie Kim Kardashian, Harry Styles oder Shailene Woodley schwören angeblich auf die Mischung. Aber funktioniert der Mix aus Kaffee, Butter und Kokosöl wirklich?

von Kaffee © Bild: istockphoto

Bulletproof heißt auf Deutsch "Kugelsicher". Ein Kaffee, der diesen Beinamen trägt, verspricht Großes. Anregend wirkt Kaffee ja sowieso, aber in diesem Fall kommen auch noch Butter und Kokosöl ins Häferl. Der aufgeschäumte Mix soll in der Sekunde Energie spenden und - Achtung! - beim Abnehmen helfen. Gerade letzteres klingt auf den ersten Blick nach einem Widerspruch, denn schließlich sind beide Kaffeezusätze eine durchwegs fettige Angelegenheit. Dass das Trend-Getränk jedoch in Model-Kreisen äußerst beliebt ist, lässt darauf schließen, dass an der gehypten Melange doch etwas dran sein könnte.

Tibetische Grundidee

Die Idee hinter dem Getränk stammt nicht, wie man meinen könnte, von einem Ernährungsguru, sondern aus Tibet. Der US-amerikanische Unternehmer Dave Asprey stieß dort beim Bergsteigen auf Tee mit Butter. Das Getränk versorgte ihn nach eigenen Angaben mit viel Kraft. Zurück im Silicon Valley beschäftigte er sich mit den biochemischen Prozessen im Körper, die beim Trinken ablaufen, und entwickelte daraus den Bulletproof Coffee. Asprey vermarktet seine Idee nicht nur - er lebt sie. Innerhalb von zehn Jahren nahm er 45 Kilo ab. Bei seine, Ernährungsplan, der "Bulletproof Diät", zu der auch ein Bestseller erschienen ist, spielt der eigenwillige Kaffeemix eine zentrale Rolle.

Überzeugte Promis

Asprey hat mit seiner Idee bereits zahlreiche Stars und Models angespitzt. Ed Sheeran und Shailene Woodley sind genauso davon überzeugt wie Victoria's-Secret-Engel Candice Swanepoel. Auch bei Anhängern der Paleo-Diät hat der Spezial-Kaffee viele Anhänger gefunden. Veganer lassen die Butter weg und erhöhen den Anteil des Kokosöls. Bis zu acht Stunden soll man nach dem "Genuss" keinen Hunger verspüren. Dazu kommt ein ordentlicher Energieschub. Und der Körper soll obendrein Kohlenhydrate leichter verdauen können. Wacher, konzentrierter, leistungsfähiger, schlanker - ist das realistisch?

Abnehmen? Gelingt damit nicht!

So viel vorab: Auch die Ernährungsexperten sind sich nicht einig, was an dem Trend-Getränk dran ist. Die Fakten sprechen freilich gegen die großen Abnehm-Versprechen des Kaffees: Geht man davon aus, dass in ein Häferl 200 ml des Getränks passen, reden wir pro Tasse von mindestens 235 Kalorien und 26 Gramm Fett, wobei der Großteil davon gesättigte Fettsäuren sind, die besonders leicht ansetzen. Die Diätologin und Ernährungswissenschafterin Melanie Löffler erklärt: "Der Hauptbestandteil von Butter ist Fett, dieses liefert pro Gramm mehr als doppelt so viel Energie und daher Kilokalorien, verglichen mit Eiweiß oder Kohlenhydraten." So sind in 80 Gramm Butter bereits zirka 600 Kilokalorien enthalten, ohne einen Bissen gegessen zu haben. Eine Gewichtsreduktion sei allerdings lediglich durch ein Energiedefizit zu erzielen.

Oder funktioniert es doch?

Ernährungsprofi Thomas Korompai sieht das hingegen anders: Wenn man den Kaffee anstelle eines Frühstücks zu sich nimmt (also eine Mahlzeit damit ersetzt), soll man damit die Fettverbrennung massiv ankurbeln, was vor allem an den mittelkettigen Triglyceriden des Kokosöls liegen soll. Zudem soll das Getränk sehr stark sättigen. Zwei Effekte, die dafür sorgen, dass der Körper sehr wohl an Gewicht verliert.

Woher kommt die Energie?

Asprey erklärt außerdem, dass die mittelkettigen Triglyceride (gehen sofort in die Leber) in Kombination mit den langkettigen Triglyceriden der Butter (sind nicht auf Gallensäure und Verdauungsenzyme angewiesen) und dem altbewährten Koffein für den beschworenen Energieschub sorgen. Die Energie steht dem Körper durch die beschriebenen Prozesse im Verdauungsapparat sofort zur Verfügung, ohne dass die Organe hart arbeiten müssen, was wiederum zu erhöhter Konzentration führen soll.

Mit Vorsicht zu genießen

Löffler steht dem Energiekick allerdings recht kritisch gegenüber. Butter sei besonders cholesterinreich, wodurch Herz- Kreislauferkrankungen negativ beeinflusst werden könnten. "Aus diätologischer Sicht stellt Butter im Kaffee keinen Ersatz für eine ausgewogene Mahlzeit dar. Die Energieversorgung des menschlichen Gehirns ist stark von dem Einfachzucker Glucose, also von Kohlenhydraten abhängig, weshalb ein Konzentrationsschub durch Butter nicht zu begründen ist", so die Diätologin. Noch dazu warnen manche Ernährungsexperten davor, dass das Getränk, auf dessen Oberfläche massenhaft Fettaugen schwimmen, nichts für schwache oder empfindliche Mägen wäre.

So geht's

Die unzähligen Erfahrungsberichte, die sich mittlerweile im Internet tummeln, unterstützen die geteilten Meinungen der Experten. Die einen schwören darauf, die anderen tun den Trend als unnötigen Hype ab. Bleibt wohl nur der Selbstversuch, um auf Nummer sicher zu gehen. Wer also herausfinden möchte, wie der eigene Körper auf den Bulletproof Kaffee reagiert, kann sich an das Rezept des österreichischen Kaffee-Experten Johannes Hornig halten:

1 Tasse frisch aufgebrühter Kaffee
40 - 80 Gramm ungesalzene Butter
1 Teelöffel Kokosöl

Mit einem Schneebesen oder Milchschäumer das Getränk schaumig schlagen, bis eine cremige Konsistenz entsteht. Wichtig: Zucker und Milch sind Tabu. Außerdem sollte der Kaffee mit einer Filtermaschine zubereitet sein und die Butter von Weideland-Kühen, also Tieren, die nur Gras fressen, stammen.

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