Versöhnliche Töne nach
Van der Bellens Sieg

Grüner Kandidat gewinnt Stichwahl klar, FPÖ verzichtet auf Anfechtung

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Das Ergebnis ist zwar deutlicher als erwartet ausgefallen, dennoch hat die Wahl Österreich in zwei annähernd gleich große Lager gespalten. Van der Bellen kündigte noch am Sonntag an, auf die Anhänger aller Parteien, auch jene der FPÖ zugehen zu wollen. Sein Ziel sei, dass die Leute im Lauf der Zeit sagen, "schau, da ist 'unser' Bundespräsident", kündigte das frisch gewählte Staatsoberhaupt an.

Auf seine Amtszeit vorbereiten will sich Van der Bellen ab kommender Woche und dabei auch seinen Vorgänger einbeziehen: "Heinz Fischer wird mir sicher helfen." Angelobt wird Van der Bellen am 26. Jänner, zumal die FPÖ diesmal auf eine Wahlanfechtung verzichten will. Die Wahlwiederholung war ja vom Verfassungsgerichtshof angeordnet worden, weil es bei der Auszählung der Briefwahlstimmen in 14 Bezirken zu schweren Formalfehlern gekommen war.

Hofer appellierte an seine Unterstützer, Van der Bellen als Präsidenten zu akzeptieren. "Ich bitte jetzt wirklich alle Menschen, die mich unterstützt haben, anzuerkennen, dass es einen Wahlsieger gibt und dass wir alle gemeinsam Österreicher sind", sagte der FP-Kandidat am Wahlabend. Zuvor hatten auf seiner Facebook-Seite zahlreiche Fans mit Bestürzung auf die Niederlage reagiert - mit Kommentaren wie "das Land steht am Abgrund", "Österreich wird untergehen" oder "wie dumm sind die Österreicher".

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gratulierten Van der Bellen zum Wahlsieg. Beide hatten ihn im Wahlkampf unterstützt, zollten nun aber auch Hofer Respekt. Den Wählern des Freiheitlichen richtete Kern aus, "dass sich am heutigen Tag niemand als Verlierer fühlen soll. Wir alle sind Österreich". Mitterlehner hofft nach Ende des Wahlkampfes auch auf ein besseres Klima in der Regierung: "Es sollte mit weniger Emotionen Sacharbeit möglich sein."

Erstmals wird damit ein Grüner und kein Vertreter von SPÖ oder ÖVP zum Bundespräsidenten. "Das ist ein historischer Tag, eine historische Zäsur", sagte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Sie sei überzeugt, dass Van der Bellen es schaffen werde, Brücken zu bauen und Wunden aus dem Wahlkampf zu heilen. FP-Chef Heinz Christian Strache führte die Niederlage seines Kandidaten auf eine "Angstkampagne" und eine "massive Walze des Systems gegen Norbert Hofer" zurück. Dennoch sei es das historisch erfolgreichste Ergebnis in der Geschichte der FPÖ. Eine neuerliche Wahlanfechtung sei "kein Thema".

Van der Bellen konnte quer durch Österreich zulegen. Die Stimmenmehrheit in Wien, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg verteidigte er. Inklusive Wahlkarten dürfte es laut einer Hochrechnung der ARGE Wahlen nun auch eine knappe Mehrheit für den früheren Grünen-Chef in Niederösterreich und Salzburg geben. In Wien schaffte Van der Bellen eine Mehrheit in allen 23 Bezirken, sogar in der Arbeiterhochburg Simmering.

Im Vergleich zur aufgehobenen Stichwahl am 22. Mai konnte Van der Bellen auch Dutzende Landgemeinden dazugewinnen - Hofer "drehte" dagegen nur Puchenstuben in Niederösterreich zu seinen Gunsten (von 49 auf 53,5 Prozent). Das schon aus dem Mai bekannte Stadt-Land-Gefälle blieb trotzdem bestehen, wie eine Auswertung der ARGE Wahlen zeigt: Wäre nur in den städtischen Zentralräumen gewählt worden, hätte Van der Bellen mit 63 Prozent noch deutlicher gewonnen. Am Land lag dagegen Hofer mit 56 Prozent klar vorne.

Hofer kündigte an, 2022 neuerlich antreten zu wollen. Bei der kommenden Nationalratswahl will der an zweiter Stelle hinter Parteichef Heinz Christian Strache kandidieren. FP-Generalsekretär Harald Vilimsky brachte auch eine Kandidatur in Hofers Heimatbundesland Burgenland ins Spiel. Dort konnte Hofer trotz leichter Verluste neuerlich eine klare Mehrheit von 58 Prozent der Stimmen einfahren. Auch in der Steiermark und in Kärnten liegt der FP-Mann deutlich voran.

Verkündet wurde das Wahlergebnis übrigens nicht wie üblich von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Der Leiter der Bundeswahlbehörde zog es vor, den Wahlabend bei einer Talkshow im Ausland zu verbringen.

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