Flug MH370: Verwandte
wütend auf Fluglinie

Nach Nachricht über Absturz verzweifeln die Angehörigen - Psychiater im Dauereinsatz

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Malaysia Airlines - Flug MH370: Verwandte
wütend auf Fluglinie

Das geht aus der neuen Analyse von Satellitendaten hervor. Der Flug endete demnach zwischen siebeneinhalb und achteinhalb Stunden nach dem Start, der in Kuala Lumpur erfolgt war. Genau so lange habe auch der Treibstoff an Bord gereicht, sagte der Minister.

Wut richtet sich gegen Medienvertreter

Der Zorn richtet sich gegen die für den Flug verantwortliche Malaysia Airlines. Das Hin und Her der frustrierenden Suche hat den Verwandten die letzten Nerven geraubt. Eine andere Frau schreit: "Das war mein einziges Kind. Mörder! Die malaysische Regierung ist schuld."

Empörung lösen auch die vielen Medienvertreter aus. Sie machen in dem Hotel geradezu Jagd auf die trauernden Verwandten, sobald sie aus dem Saal herauskommen. Es kommt zu Tumulten zwischen verärgerten Angehörigen und Reportern. Mehrere Verwandte schlagen auf Kamerateams ein. "Haut ab, haut ab, haut endlich ab!", kreischt eine Frau mit verweintem Gesicht. Sie schlägt mit der Tasche gegen eine Kamera. "Lasst uns endlich in Ruhe!", ruft wütend eine andere Frau.

Fehlende Information und Unverständnis

Immer noch fühlen sich die Verwandten betrogen, schlecht informiert. "Sie haben uns überhaupt nichts richtig erklärt!", schreit eine wütende Frau. "Wir warten hier seit 17 Tagen", sagt eine empörte Frau. "Das dürfen sie doch nicht einfach so verkünden. Das ist falsch." Sie kann in ihrer Verzweiflung immer noch nicht glauben, dass das Flugzeug am 8. März wirklich abgestürzt ist. "Wo ist der Beweis, wo ist der Beweis?"

Ein Mann schüttelt ungläubig den Kopf über die plötzlich vorliegenden Satellitendaten, wonach das letzte Signal der Maschine vor gut zwei Wochen 2.500 Kilometer westlich von Australien aufgeschnappt worden sein soll. "Wie kann ihnen das jetzt erst auffallen?", fragt der Chinese. "Zeitlich passt es doch alles nicht zusammen." Es hätte viel früher klar sein müssen, dass die Maschine noch so lange geflogen sei. "Sie müssen das gewusst haben."

Angehörige zusammengebrochen

Mehrere Verwandte brechen auf dem Weg aus dem Saal zusammen, müssen auf Bahren oder Rollstühlen zum Krankenwagen gebracht werden. Hotelangestellte und Polizisten können die Familien nicht vor den Weltmedien schützen. Der Aufruf von Malaysias Premier Najib Razak, die Verwandten in Ruhe trauern zu lassen, war ungehört verhallt.

Manche der Familien hatten noch auf Rettung für ihre Lieben gehofft. Aber viele wollten nur noch Gewissheit, was mit Flug MH370 mit 239 Passagieren an Bord passiert ist. Die Angehörigen hätten verzweifelt nach einer Antwort gesucht, sagt Psychiaterin Li Xianyun der Nachrichtenagentur dpa. Seit Tagen war die Ärztin vom Pekinger Huilongguan Krankenhaus in dem Hotel im Dauereinsatz, in dem viele der Verwandten und Freunde der Passagiere ausharrten.

Ärzte besorgt um Verwandte

Die Medizinerin ist auf Prävention von Suiziden spezialisiert. Und sie macht sich große Sorgen, wie manche Verwandte jetzt reagieren. "Eine Depression, die von einem großen Verlust ausgelöst wird, ist die Hauptursache für Suizide", sagt die Fachärztin. Eine schreckliche Nachricht könne ganz unterschiedliche Emotionen auslösen. "Manche werden sehr traurig und weinen. Andere werden wütend auf die Inkompetenz der Behörden."

Die Medizinerin ist überzeugt, dass sich Familien auch selbst Vorwürfe machen könnten. "Manche könnten sich schuldig fühlen." Sie suchten dann bei sich selbst nach Gründen für das Schicksal ihrer Lieben. Sie fühlten sich für den Tod mitverantwortlich. Die Angehörigen brauchten viel Aufmerksamkeit und Unterstützung.

"Ihre Freunde und Verwandten sollten in engem Kontakt zu ihnen bleiben", rät die Fachärztin. Bei ersten Anzeichen von Suizidgedanken sollten sie sofort Experten kontaktieren. Gerade jene, die bis zuletzt gehofft hatten, bräuchten besondere Aufmerksamkeit, wenn die schreckliche Befürchtung zur Gewissheit wird.

Angehörige demonstrieren in Peking

In einem Protestzug durch Peking haben Hunderte Angehörige der Passagiere von Flug MH370 sowie Unterstützer ihrem Unmut gegen die malaysische Regierung und die Fluggesellschaft Luft gemacht. Mit Transparenten durchbrachen sie eine Polizeiabsperrung vor der malaysischen Botschaft.

Viele Demonstranten in Peking kritisierten die Informationspolitik und den Umgang mit dem Verschwinden der Boeing am 8. März. "Wir wollen die Wahrheit", lautete der Schriftzug eines Transparents. Einige wütende Demonstranten richteten ihren Ärger gegen Malaysia und gaben den Behörden sogar eine Mitschuld: "Mörder" stand auf einem Plakat.

Einer der Demonstranten sagte, die Behörden seien über den Protest informiert gewesen. Demonstrationen auf Pekings Straßen sind ein seltenes Bild. Normalerweise werden sie von den Sicherheitskräften unterbunden. Diesmal sicherte die Polizei die Kundgebung jedoch ab und stoppte an Kreuzungen den Verkehr.

Chinas Außenministerium hat Malaysia um "alle Informationen und Beweise" gebeten, die zu der Schlussfolgerung über den Absturz von Flug MH370 im südlichen Indischen Ozean geführt haben. Ein Großteil der 239 Insassen der Boeing 777-200 der Malaysia Airlines waren Chinesen.

Sturm behindert Suche nach vermisstem Flugzeug

Die Suche nach dem verschollenen malaysischen Passagierflugzeug ist nach Angaben der australischen Behörden wegen schlechten Wetters unterbrochen worden. Ein Sturm, starke Regenfälle und tiefhängende Wolken machten einen sicheren Einsatz von Flugzeugen unmöglich, erklärte der Seenotrettungsdienst Amsa.

Wegen des starken Wellengangs habe zudem ein Schiff der Marine die Region verlassen, in der am Montag möglicherweise Wrackteile von Flug MH370 gesichtet worden waren. Die Australier hatten zuletzt noch die Hoffnung geäußert, sie könnten am Dienstag das Treibgut bergen und damit in Erfahrung bringen, ob es sich um Teile des Flugzeugs handelt. Bisher ist noch kein Trümmerteil zweifelsfrei entdeckt worden.

So wurde der Absturzort festgestellt

Am Montag hatte Malaysia nach mehr als zwei Wochen erklärt, die Boeing 777 der Malaysian Airlines sei im südlichen Indischen Ozean abgestürzt. Die Regierung berief sich auf die Auswertung von Satellitendaten durch ein britisches Unternehmen. Die Firma Inmarsat und die für Flugunfälle zuständige Behörde in Großbritannien hätten verschiedene Daten in einem neuartigen Analyseverfahren ausgewertet. Sie seien auf diese Weise zu der Erkenntnis gekommen, dass Flug MH370 auf eine südliche Flugroute eingeschwenkt sei. Damit sei das Flugzeug weit entfernt von jeglicher Landemöglichkeit gewesen. Die malaysischen Behörden zogen daraus die Schlussfolgerung, dass die Boeing schließlich abgestürzt ist.

Nach Angaben der britischen Ermittler war der Satellit mangels GPS-Technik nicht in der Lage, eine genaue Position der Maschine oder einen genauen Flugweg zu bestimmen. Ein allerletztes Signal des Jets sei um 1.19 Uhr (MEZ) empfangen worden, sagte der amtierende malaysische Verkehrsminister Hishammuddin Hussein am Dienstag. Es sei aber unverständlich und werde derzeit noch analysiert.

Ohne Trümmer keine Beweise

Rund 2.500 Kilometer südwestlich der australischen Küstenstadt Perth gab es unterdessen mehrere Sichtungen von Treibgut. Dabei könnte es sich um Trümmerteile der Maschine handeln. Sie wären eine Bestätigung für die Angaben der malaysischen Regierung über den Absturzort.

Chinesische Experten reagierten mit Vorsicht auf die Angaben der malaysischen Regierung. Ohne Trümmer gebe es keine klaren Beweise, kommentierten Fachleute am Montag laut "China Daily". Es brauche noch "eine beträchtlich lange Zeit", um die Schlussfolgerung zu verifizieren, sagte der Luftverkehrsexperte Wu Peixin der Zeitung.

China fordert Satellitenbilder von Malaysia

China hat Malaysia aufgefordert, die Satellitenbilder herauszugeben, die nach malaysischen Regierungsangaben einen Absturz des vermissten Fluges MH370 über dem Indischen Ozean belegen. Der chinesische Vizeaußenminister Xie Hangsheng verlangte am Montag bei einem Treffen mit dem malaysischen Botschafter in Peking, Iskandar Bin Sarudin, "detailierte Beweise".

"Wir fordern die malaysische Seite auf, die detaillierten Beweise zu nennen, die sie zu dieser Beurteilung veranlasst hat, und alle relevanten Informationen und Beweise über die Analyse der Satellitendaten zur Verfügung zu stellen", sagte Xie laut einer auf der Website des chinesischen Außenministeriums veröffentlichten Erklärung. Die Such- und Bergungsarbeiten in der Region müssten fortgesetzt werden. China will laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua weitere Schiffe entsenden, um die Suche nach dem Wrack zu unterstützen. Sechs chinesische Schiffe sind bereits im Einsatz.

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